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Samuel Fitwi geht hohes Risiko ein und wird belohnt

| Text: Anja Herrlitz | Foto: On

Beim Dubai-Marathon ging Samuel Fitwi das Rennen deutlich schneller an, als er eigentlich wollte. Seine Risikobereitschaft wurde belohnt: mit einer Bestzeit und einem Startplatz bei Olympia.

Bestzeit: 2:06:27 h (2024) | Verein: Silvesterlauf Trier | Geburtstag: 1.1.1996

Dass es sich manchmal lohnt, ein Risiko einzugehen, das hat Samuel Fitwi in diesem Jahr bewiesen. Denn beim Dubai-Marathon Anfang Januar schloss er sich der schnellsten Gruppe von Läufern an, obwohl diese ein bisschen zu schnell für ihn war. Der Grund: Es gab einfach keine zweite, etwas langsamere Gruppe, in der der Trierer hätte laufen können.

Und alleine laufen kostet viel Kraft. Also lief er mutig vorne mit. Bereits nach 61:55 Minuten erreichte er die Halbmarathonmarke – kaum langsamer als bei seiner damaligen persönlichen Bestzeit, die er im April 2023 beim Berliner Halbmarathon in 61:44 Minuten aufgestellt hatte.

In Berlin die Norm noch knapp verpasst

Bis kurz vor Kilometer 30 hielt Samuel Fitwi das Tempo und war auf Kurs zu einer Zeit von 2:04 Stunden – schneller als Amanal Petros (SCC Berlin) bei seinem deutschen Rekord (2:04:58 h). Dann aber wurde er doch noch ein wenig langsamer, lief aber trotzdem noch hervorragende 2:06:27 Stunden und ist damit jetzt der zweitschnellste Deutsche aller Zeiten. „Ich wusste, dass ich gut drauf bin und war optimistisch, die Olympianorm von 2:08:10 Stunden zu schaffen“, sagt der 28-Jährige. „Aber so eine Zeit war nicht zu erwarten.“

Im September 2023 hatte er bereits in Berlin versucht, die Norm zu unterbieten. In 2:08:28 Stunden hatte er damals seine Bestleistung um fast vier Minuten unterboten – die Norm aber um 18 Sekunden verpasst. „Ich habe danach noch einmal drei Monate in der Höhe in Äthiopien trainiert“, blickt er zurück.

Halbmarathon-Bestleistung in Berlin

Am 4. April reiste er direkt aus der äthiopischen Höhe nach Berlin und lief dort drei Tage später den Berliner Halbmarathon – der bekanntermaßen zu den ganz schnellen Rennen über die 21,0975 Kilometer gehört. In diesem Jahr herrschten dort aber für diesen Zeitpunkt im Jahr hohe Temperaturen – nicht optimal für läuferische Höchstleistungen. Trotzdem steigerte Samuel Fitwi seine Bestzeit auf 61:33 Minuten.

Und ein weiteres schnelles Rennen will er dann im Juni bei der EM zeigen: Dort hat er einen Halbmarathon-Start geplant. Doch auch wenn er diese Rennen natürlich ernst nimmt: Der absolute Höhepunkt wartet am 10. August in Paris: der Olympia-Marathon.

Die Herausforderung annehmen

Samuel Fitwi ist schon bei zahlreichen Europameisterschaften gestartet, zuletzt 2022 in München, wo er über 10.000 Meter mit Bestleistung von 28:03,92 Minuten auf Rang neun lief. Doch Meisterschaften auf Weltniveau – das erlebt er dieses Jahr zum ersten Mal. „Eine Prognose für einen Platz fällt mir daher schwer“, sagt er.

Samuel Fitwi war als 17-Jähriger unter abenteuerlichen Umständen aus seiner Heimat Eritrea geflüchtet. Über das Mittelmeer gelangte er nach Italien und schließlich nach Köln. Heute lebt er in Gerolstein (Rheinland-Pfalz). Während der ersten Jahre seiner Karriere arbeitete Samuel Fitwi parallel als Maler. Seit 2018 besitzt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Sechs Jahre später wird er nun erstmals bei Olympischen Spielen starten.

Sein Ziel: Optimal vorbereitet sein, das Beste geben und dann versuchen, bei den Rhythmuswechseln, die es wegen des welligen Profils der Strecken geben wird, mitzulaufen. Und dass er sich in herausfordernden Situationen anpassen und Herausragendes daraus machen kann, das hat er in diesem Jahr ja bereits bewiesen.