Deutsche Meisterschaften
Hanna Klein überrascht mit 10-Kilometer-Titel und Topzeit
In 31:40 Minuten ist Hanna Klein in Uelzen Deutsche Meisterin über zehn Kilometer auf der Straße geworden. Nur fünf deutsche Läuferinnen waren jemals schneller.
Hanna Klein hat mit einem Sieg und einer starken persönlichen Bestzeit bei den Deutschen Straßenlauf-Meisterschaften über 10 km in Uelzen überrascht. Die 28-jährige Läuferin des LAV Stadtwerke Tübingen gewann das Rennen bei guten Bedingungen in 31:40 Minuten, schob sich damit in der Liste der schnellsten deutschen Läuferinnen über 10 km aller Zeiten auf Rang sechs nach vorne und verpasste die deutsche Jahresbestzeit nur um zwei Sekunden.
Nach einem missratenen 1.500-m-Start bei den Olympischen Spielen, wo sie im Vorlauf ausgeschieden war, zeigte Hanna Klein nun Potenzial über die 10-km-Langstrecke. Dabei profitierte sie in Uelzen allerdings von der Tempoarbeit von Alina Reh (SCC Berlin), die von Beginn an an der Spitze lief und für ein flottes Tempo sorgte. In der Schlussphase konnte Hanna Klein ihre Grundschnelligkeit ausspielen und siegte mit drei Sekunden Vorsprung vor Alina Reh, die nach 31:43 im Ziel war und nach ihrem Trainerwechsel von André Höhne zurück zu Jürgen Kerl, der sie schon 2018 zu EM-Bronze über 10.000 Meter geführt hatte, ihrem weiter aufsteigende Form bewies. Rang drei belegte in Uelzen Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) in 32:49. Sie hält mit 31:38 Minuten die aktuelle deutsche Jahresbestzeit.
Auf der Strecke in Uelzen kämpften Alina Reh und Hanna Klein um jeden Meter, um jede Sekunde. Im Ziel am Alten Rathaus lagen sich die beiden Läuferinnen in den Armen und gratulierten sich gegenseitig zu ihren starken Rennen. Neun Kilometer hatte sich Alina Reh als „Lokomotive“ betätigt, abschütteln konnte sie ihre Rivalin nicht. So zog Hanna Klein dank ihrer enormen Grundschnelligkeit auf dem letzten Kilometer der fünf Zwei-Kilometer-Runden vorbei. Alina Reh folgte drei Sekunden später. Zwei Top-Zeiten im Rahmen der 10-Kilometer-DM, die bei bei tollen Bedingungen mit 15 Grad, Sonnenschein und nur leichtem Wind ausgetragen wurde.
„Ich habe mich die ersten fünf, sechs Kilometer nicht so gut gefühlt. Darum bin ich nicht nach vorn gegangen. Erst am Ende des Rennens bin ich richtig ins Rollen gekommen“, sagte Hanna Klein, die in Uelzen ihre Bestzeit um 30 Sekunden steigerte. Insgeheim habe die 1.500- und 5.000-Meter-Spezialistin mit ihrer ersten Zeit unter 32 Minuten gerechnet. Schließlich hatte sich die Olympia-Starterin vor drei Wochen in München schon auf 32:10 Minuten verbessert.
Nicht ganz glücklich war Alina Reh mit dem Rennen. Schließlich wollte die EM-Dritte über 10.000 Meter in Uelzen den Titel gewinnen. „Mir war klar, dass ich Hanna vor dem letzten Kilometer abschütteln muss. Leider ist es mir nicht gelungen“, sagte die Frontrunnerin nach ihrem Silber-Lauf. Die 24-Jährige hatte von Beginn an aufs Tempo gedrückt, sodass schon nach drei Kilometern nur noch Hanna Klein folgen konnte.
„Auf der Zielgeraden bin ich noch mal etwas herangekommen. Vielleicht hätte ich zwischendurch noch die eine oder andere Tempospitze setzen sollen“, so Alina Reh. Ihre Zeit klar unter 32 Minuten zeigt aber, dass sie nach überstandener Verletzung auf dem besten Weg zurück ist. Nun stehen für die Laichingerin in den kommenden Wochen einige Cross-Rennen an. Höhepunkt soll die Cross-EM am 12. Dezember in Dublin werden.
Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) konnte dem Tempo-Diktat des Spitzen-Duos nicht folgen. Die Führende der deutschen Bestenliste sicherte sich in 32:49 Minuten die Bronzemedaille. „Ich hatte ein paar muskuläre Probleme auf der Strecke“, sagte die Regensburgerin. Für sie war es das letzte Rennen vor ihrem Marathon-Debüt in fünf Wochen in Valencia (Spanien). Aufgrund der hohen Umfänge im Training fehlte daher die Spritzigkeit auf den „kurzen“ 10 Kilometern.
Blanka Dörfel gewinnt U20-Wertung
Als Vierte kam Kristina Hendel (LG Braunschweig) nach 33:08 Minuten ins Ziel. Sieben Sekunden später folgte Blanka Dörfel (SCC Berlin), die souverän die U20-Wertung vor Mia Jurenka (VfL Sindelfingen; 34:01 min) und Anneke Vortmeier (ASV Duisburg; 34:08 min) für sich entschied. „Meine Beine waren nicht so frisch wie beim Halbmarathon vor zwei Wochen. Trotzdem war es ein schönes Rennen bei toller Stimmung“, so Blanka Dörfel, die auch zum siegreichen Frauen-Team des SCC Berlin zählte.
Zusammen mit Alina Reh und Agnes Thurid Gers (34:32 min) setzte sich das SCC-Trio vor der lokalen Konkurrenz der LG Nord Berlin (1:42:00 h) mit Rabea Schöneborn (33:40 min), Luisa Boschan (34:08 min) und Deborah Schöneborn (34:12 min) durch. Bronze ging angeführt von Hanna Klein sowie Jule Vetter (34:51 min) und Katja Fischer (35:52 min) an die LAV Stadtwerke Tübingen (1:42:22h). Gold in der U18 sicherte sich Sofia Benfares (LC Rehlingen) mit 35:06 Minuten.
Nils Voigt triumphiert im Männerrennen
Im Rennen der Männer setzte sich Nils Voigt (TV Wattenscheid) durch. Nur eine Woche nachdem er beim Valencia-Halbmarathon nicht ins Ziel gekommen war, siegte der 24-Jährige nun in 28:46 Minuten. Nils Voigt, der in diesem Jahr über fünf verschiedene Distanzen persönliche Bestzeiten aufgestellt hat, sicherte sich den deutschen Meistertitel vor Samuel Fitwi (LG Vulkaneifel/28:52) und Marathonläufer Richard Ringer (LC Rehlingen/28:54).
Nils Voigt war eine knappe Stunde vor Frauen-Siegerin Hanna Klein ins Ziel gestürmt. Der Wattenscheider belohnte sich mit seinem offensiven Laufstil mit 28:46 Minuten und dem Titel. Der 24-Jährige hatte mit mehreren Tempoverschärfungen den Lauf durch die Uelzener City zu einem Ausscheidungsrennen gemacht. Auf der finalen Runde konnten nur noch Samuel Fitwi und Richard Ringer folgen.
Allerdings nur bis zu den letzten 500 Metern. Dem Antritt des Wattenscheiders hatte die Konkurrenz nichts mehr entgegenzusetzen. So hatte Nils Voigt Zeit, seinen ersten 10-Kilometer-Titel auf den letzten Metern gebührend zu feiern. Auf Rang zwei folgte Samuel Fitwi mit 28:52 Minuten, zwei Sekunden dahinter Richard Ringer. Für ihn war es das erste Rennen nach dem olympischen Marathon in Sapporo.
„Ich habe sehr viel ins Tempo investiert, weil ich wusste, dass mein Niveau wahrscheinlich besser ist als das der meisten anderen“, sagte ein glücklicher Nils Voigt nach dem erfolgreichen Rennen. Seiner Pace konnte die Konkurrenz auf der Zielgeraden nicht folgen. Gleichzeitig war es für ihn eine Wiedergutmachung nach dem verkorksten Halbmarathon vergangenen Sonntag in Valencia, bei dem sein Trainingspartner Amanal Petros den deutschen Rekord auf 60:09 Minuten verbessern konnte. „Ich hatte im Vorfeld schon mit muskulären Problemen zu kämpfen. Im Rennen war mir nach acht Kilometern klar, dass ich es nicht ins Ziel schaffen würde“, so der Titelträger.
Gern hätte Samuel Fitwi als Führender der deutschen Bestenliste in Uelzen den Titel geholt. „Aber Nils war am Ende zu stark. Trotzdem war es ein tolles Rennen mit vielen Zuschauern. Das hat Spaß gemacht“, sagte der 24-Jährige. Nach der Straßenlauf-DM steigt der 24-Jährige kommendes Wochenende in Belgien in die Cross-Saison ein. Sein Ziel: die Cross-EM am 12. Dezember in Dublin.
Sichtlich zufrieden mit Bronze war Richard Ringer. Schließlich war der Rehlinger aus dem reinen Grundlagentraining in Uelzen an den Start gegangen. Nach dem Olympia-Marathon war der 32-Jährige zunächst seinem Job als Controller nachgegangen. „Heute war jeder einzelne Kilometer schneller als mein schnellster Kilometer im Training. Da war keiner unter 3:00 Minuten“, so Richard Ringer.
In den kommenden Wochen wird er das Training wieder intensivieren. Und zwar bei einem dreiwöchigen Trainingslager in Brüssel. Dort hat er sich der starken Marathon-Trainingsgruppe von Tim Moriau angeschlossen. „Ich möchte zum Ende der Karriere damit noch einmal neue Reize setzen“, sagte der EM-Dritte über 5.000 Meter von 2016. Sein nächstes großes sportliches Ziel: der EM-Marathon im August 2022 in München.
Velten Schneider schnellster U23-Läufer
Rang vier ging an Sebastian Hendel (LG Braunschweig), der mit 29:13 Minuten zwölf Sekunden Vorsprung auf Simon Boch hatte. Der Regensburger führte sein Team zum Mannschaftssieg in 1:28:35 Stunden, den Florian Orth (29:30 min) und Dominik Notz (29:42 min) komplettierten. Silber ging mit winzigen acht Sekunden Rückstand an den LC Rehlingen mit Richard Ringer, Tobias Blum (29:42 min) und Alexander Bock (30:07 min), Bronze an die LG Braunschweig (1:30:16 h) mit Sebastian Hendel, Joseph Katib (30:19 min) und Karsten Meier (30:45 min).
Schnellster U23-Läufer in Uelzen war Velten Schneider. Der Hindernisspezialist vom VfL Sindelfingen blieb mit 29:41 Minuten klar unter der 30-Minuten-Marke. U20-Gold sicherte sich Anas Belfqih (TV Waldstraße Wiesbaden) mit 31:21 Minuten. U18-Sieger Lukas Ehrle (LG Brandenkopf) war nur sechs Sekunden später im Ziel.