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London-Marathon
36.000 am Start und fünf Frauen bleiben unter 2:19 Stunden − Joyciline Jepkosgei jetzt siebtschnellste aller Zeiten

| von Jörg Wenig

Beim London-Marathon waren gut 36.000 Läuferinnen und Läufer am Start. Dabei blieben zum ersten Mal fünf Frauen in einem Marathon unter 2:19 Stunden. Am schnellsten war Joyciline Jepkosgei in 2:17:43.

Mit der neuntschnellsten je gelaufenen Zeit hat Joyciline Jepkosgei den London-Marathon gewonnen. Die Kenianerin triumphierte am Buckingham Palast in einer Jahresweltbestzeit von 2:17:43 Stunden und wurde zur siebtschnellsten Läuferin aller Zeiten. Damit sorgte die 27-Jährige für das hochkarätigste Resultat des Tages und verdiente sich eine Prämie von insgesamt 155.000 Dollar.

Hinter Joyciline Jepkosgei belegten die Äthiopierinnen Degitu Azimeraw und Ashete Bekere mit 2:17:58 beziehungsweise 2:18:18 die Plätze zwei und drei. Die Weltrekordlerin und Olympia-Zweite Brigid Kosgei (Kenia) kam nach 2:18:40 als Vierte vor Lonah Salpeter (Israel/2:18:54) ins Ziel. Erstmals erzielten in einem Marathonrennen fünf Läuferinnen Zeiten von unter 2:19 Stunden. Zwei Zeiten unter 2:18:00 gab es in der Geschichte des Klassikers auch nur zweimal zuvor: In London 2017 und in Dubai 2019.

Bei den Männern lief Sisay Lemma zum größten Sieg seiner Karriere. Der Äthiopier triumphierte in 2:04:01 Stunden und gewann damit erstmals ein Rennen der World Marathon Majors, zu denen auch Berlin, Boston, New York, Chicago und Tokio gehören. Hinter Sisay Lemma, der sich Prämien von insgesamt 105.000 Dollar erlief, belegten Vincent Kipchumba (Kenia/2:04:28) und Mosinet Geremew (Äthiopien/2:04:41) die Plätze zwei und drei.

Gut 36.000 Läufer gingen beim London-Marathon an den Start. Während genaue Zahlen noch nicht vorliegen, dürfte der Klassiker aber die größte Laufveranstaltung weltweit seit Beginn der Corona-Pandemie gewesen sein. Das Rennen fand unter strikten Hygiene-Regularien statt. Unabhängig von ihrem Impf-Status mussten alle Teilnehmer einen negativen Corona-Test vorweisen. Gestartet wurde dann über einen Zeitraum von eineinhalb Stunden in 1.000er-Startgruppen. Es waren deutlich weniger Zuschauer an der Strecke als in früheren Jahren.

Sturm und Regen waren abgezogen, als die Läufer am Sonntagmorgen starteten. Allerdings frischte der Wind im letzten Teil des Rennens wieder auf und blies den Athleten zeitweise ins Gesicht, so dass die Bedingungen nicht ideal waren.

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Das Rennen der Frauen: Joyciline Jepkosgei, Degitu Azimeraw und Ashete Bekere, aber auch Brigid Kosgei und Lonah Salpeter bleiben unter 2:19 Stunden

Die Frauen liefen in der ersten Hälfte ein sehr gleichmäßiges Tempo. Ein Dutzend Läuferinnen bildeten die Spitzengruppe, die den 10-km-Punkt nach 32:42 Minuten erreichte. Dies war ein Tempo, das bereits auf eine Zielzeit von unter 2:18 Stunden hindeutete. Zehn Läuferinnen waren noch in der ersten Gruppe, als nach 68:51 Minuten die Halbmarathonmarke an der Tower Bridge passiert wurde.

Als dann etwas später die letzte Tempomacherin aus dem Rennen ging, wurde das Tempo der ersten Gruppe nicht langsamer sondern schneller. Schnell reduzierte sich die Zahl der Läuferinnen auf fünf: Lonah Salpeter, Joyciline Jepkosgei, Degitu Azimeraw, Ashete Bekere und Brigid Kosgei - also jene, die am Ende auch die ersten fünf Plätze belegten - bildeten nun die Spitzengruppe. Nach einer Phase mit etwas Rückenwind kam der Wind im letzten Teil des Rennens meist von vorne. Hier fiel die Spitzengruppe auseinander. Die einzige, die das Tempo halbwegs halten konnte, war Joyciline Jepkosgei. Die frühere Halbmarathon- und 10-km-Weltrekordlerin, die im August noch den Berliner Halbmarathon mit einem Streckenrekord von 65:16 Minuten gewonnen hatte, löste sich zwischen Kilometer 35 und 37 entscheidend von ihren Konkurrentinnen.

Auch die Marathon-Weltrekordlerin Brigid Kosgei, die vor zwei Jahren in Chicago 2:14:04 Stunden gelaufen war, hatte in der Schlussphase keine Chance im Kampf um den Sieg. Das kam nicht überraschend, schließlich war sie erst knapp zwei Monate zuvor beim harten olympischen Marathonrennen in Sapporo auf Platz zwei gelaufen. In London verpasste es Brigid Kosgei damit, mit Katrin Dörre-Heinig gleich zu ziehen. Die frühere deutschen Weltklasseläuferin ist somit weiterhin die einzige Frau, die den London-Marathon dreimal in Folge gewinnen konnte (1992 bis 1994).

„Dies ist der größte Sieg meiner Karriere“, sagte Joyciline Jepkosgei, die bereits vor zwei Jahren bei ihrem Debüt über die 42,195 km den New York-Marathon gewonnen hatte und sich dann vor knapp einem Jahr in Valencia auf 2:18:40 Stunden gesteigert hatte. „Ich bin froh, dass es möglich war, während der Corona-Pandemie in London zu laufen.“

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Sisay Lemma läuft zum größten Sieg seiner Karriere

Das für Londoner Verhältnisse ohnehin schon sehr dünne Elitefeld der Männer - nur acht Läufer mit Bestzeiten von unter 2:10 Stunden standen auf der Startliste - war am Tag vor dem Start nochmals um einen Athleten reduziert worden: Der Äthiopier Kinde Atanaw (Bestzeit: 2:03:51) musste nach einem positiven Corona-Test in eine Isolation. Glücklicherweise hatten sich auf dem Privatflug, den die Veranstalter für die kenianischen und äthiopischen Topläufer organisiert hatten, keine weiteren Athleten angesteckt.

Eine erste Überraschung gab es schon kurz nach dem Start. Denn der Titelverteidiger Shura Kitata ging das Tempo, das auf den Streckenrekord von Eliud Kipchoge (Kenia/2:02:37) ausgerichtet war, nicht mit. Mangels einer schnellen zweiten Gruppe musste Kitata, der bereits beim Olympia-Marathon aufgrund einer Muskelverletzung aufgegeben hatte und offensichtlich nicht in Topform war, völlig alleine laufen. Dennoch kam der Äthiopier schließlich als Sechster nach 2:07:51 ins Ziel.

Nach 61:25 Minuten passierten die sechs Favoriten - Birhanu Legese, Sisay Lemma, Mosinet Geremew (alle Äthiopien), Vincent Kipchumba, Titus Ekiru und Evans Chebet (alle Kenia) - hinter den Tempomachern die Halbmarathonmarke. Titus Ekiru, der mit 2:02:57 Stunden die Jahresweltbestenliste anführt, musste jedoch wenige Kilometer später aufgrund einer Muskelverletzung passen. Die anderen fünf hielten das Tempo zunächst weiter hoch und blieben bis nach Kilometer 35 zusammen. Gut vier Kilometer vor dem Ziel konnte sich dann Sisay Lemma von seinen Konkurrenten lösen. Wie im Frauenrennen war das Tempo in dieser Phase aufgrund des Windes etwas langsamer. Dadurch verpasste der 30-jährige Sisay Lemma, der 2015 die Marathonrennen in Wien sowie Frankfurt gewonnen hatte und 2019 in Berlin als Dritter seine Bestzeit von 2:03:36 gelaufen war, eine Zeit von unter 2:04 Stunden am Ende knapp.

Hier findest du alle Ergebnisse des Virgin London Marathons 2021.