Cross-EM: Deutsche Youngster auf Medaillenjagd

| Jörg Wenig I Foto: imago/Chai von der Laage
Die Türkei stellt die Favoriten bei der Cross-EM. Gute Chancen haben die U20-Juniorinnen des DLV mit den Top-Talenten Konstanze Klosterhalfen und Alina Re

Die Türkei stellt die Favoriten bei den Crosslauf-Europameisterschaften, die am Sonntag in Chia auf Sardinien stattfinden. Es zeichnet sich ab, dass die Türken ähnlich dominieren könnten wie über die Langstrecken bei den Europameisterschaften in Amsterdam im vergangenen Sommer. Es sind dabei freilich zumeist eingebürgerte Kenianer, die für ihr neues Land die Medaillen gewinnen. Zumindest in einem der sechs Wettbewerbe haben die deutschen Läuferinnen sehr gute Chancen: Im U20-Rennen geht Konstanze Klosterhalfen (Foto Mitte; Bayer Leverkusen) als Titelverteidigerin an den Start, zudem läuft hier mit Alina Reh (Foto rechts; SSV Ulm) die Bronzemedaillengewinnerin des vergangenen Jahres.

Das Männer-Rennen

Im Rennen der Männer leisten es sich die Türken sogar, auf den Titelverteidiger zu verzichten: Der aus Kenia stammende Ali Kaya tritt nicht über die 10,15-km-Distanz an. Er soll stattdessen die Goldmedaille im Rennen der unter 23-Jährigen gewinnen. Kaya dürfte in diesem Rennen, in dem mit Amanal Petros (SV Brackwede) der Bronzemedaillengewinner des Vorjahres erneut für Deutschland an den Start geht, über 8,15 km kaum zu schlagen sein.

Im Männerrennen haben die Türken dafür andere heiße Eisen im Feuer: Polat Kemboi Arikan ist der amtierende 10.000-m-Europameister. Nachdem er bereits 2014 Cross-Europameister war, gab Arikan im vergangenen Jahr bei der Cross-EM auf. Sein schärfster Gegner könnte ein Landsmann sein, denn der spanische Vorjahres-Zweite Alemayehu Bezabeh - Cross-Europameister von 2013 - ist nicht gemeldet. Kaan Kigen Özbilen war EM-Zweiter über die Halbmarathon-Distanz. Mit Aras Kaya ist zudem ein weiterer Ex-Kenianer im türkischen Trikot zu beachten. Seit dem Sommer ist er für die Türkei startberechtigt und belegte bei der EM bereits Rang zwei über 3.000 m Hindernis.

Am ehesten könnten wohl die Spanier einen möglichen türkischen Triumphzug stoppen: Adel Mechaal war vor einem Jahr bei der Cross-EM bereits Dritter und belegte dann im Sommer bei der EM über 5.000 m Rang zwei. Sein Landsmann, der aus Äthiopien stammende Ayad Lamdassem, war vor einem Jahr Vierter. Wie schon 2015 ist Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg) der einzige deutsche Starter im Männerrennen. Vor einem Jahr belegte er Rang 19. Gelingt ihm eine Verbesserung, wäre dies ein Erfolg.

Das Frauen-Rennen

Bei den Frauen schickt der Deutsche Leichtathletik-Verband ebenso wie bei den Nachwuchsrennen komplette Teams an den Start. Erstmals für Deutschland startet Julia Bleasdale (LT Haspa Marathon Hamburg), die für Großbritannien bei diesen Titelkämpfen vor drei Jahren auf Rang sieben gelaufen war. Mit einer derartigen Platzierung ist jedoch auf Sardinien nicht zu rechnen. Marathonläuferin Anja Scherl (LG Telis Finanz Regensburg), Jana Sussmann (LT Haspa Marathon Hamburg) und Fabienne Amrhein (MTG Mannheim) sind die weiteren deutschen Starterinnen über die 8,15-km-Strecke.

In Abwesenheit der Titelverteidigerin Sifan Hassan (Niederlande) ist Yasemin Can die Favoritin. Die frühere Kenianerin, die seit 2015 für die Türkei startet, ist die Doppel-Europameisterin von Amsterdam (5.000 und 10.000 m). Allerdings bleibt abzuwarten, wie sie sich auf dem für sie eher ungewohnten Cross-Gelände schlägt. Die Türkinnen Özlem Kaya und Esma Aydemir könnten ebenfalls eine Rolle spielen.

Gut in Form präsentierte sich zuletzt Fionnuala McCormack (Irland), die vor einem Jahr Rang vier belegte und zuvor bereits zweimal Cross-Europameisterin war. Die Britinnen Gemma Steel und Stephanie Twell, die Vorjahres-Dritte Karoline Grovdal (Norwegen), Ines Monteiro (Portugal) und Veronica Inglese (Italien) können ebenfalls in einen voraussichtlich spannenden Medaillenkampf eingreifen.

Deutsche Chancen in der U20

Ein überraschender Durchbruch war vor einem Jahr Konstanze Klosterhalfen mit ihrem Cross-EM-Sieg bei den Juniorinnen gelungen. Über die 4,15-km-Strecke wird sie nun in Chia als Favoritin angesehen. Gelingt auch der Vorjahres-Dritten Alina Reh wiederum ein starkes Rennen, könnten die deutschen Nachwuchsläuferinnen gegen die in der Regel starken Britinnen auch den Team-Titel verteidigen.

Kurios: Auch die EM-Zweite des Vorjahrs ist in Chia am Start. Die Britin Harriet Knowles-Jones (Foto links) dürfte auch am Sonntag eine der stärksten Widersacherinnen der schnellen Deutschen werden. Außerdem ist mit einer weiteren starken Läuferin aus der Cross-Nation Großbritannien zu rechnen: Victoria Weir. Die 18-Jährige gewann vor zwei Wochen die EM-Qualifikation in Liverpool mit vier Sekunden Vorsprung auf Knowles-Jones. Nicht vergessen darf man Anna Emilie Møller. Die Dänin stellte bei den Olympischen Spielen in Rio mit 9:32,68 Minuten einen U20-Europarekord über 3000 Meter Hindernis auf. Das Olympia-Finale verpasste sie nur um knapp zwei Sekunden.