INEOS 1:59 Challenge
Eliud Kipchoge durchbricht die Zwei-Stunden-Schallmauer im Marathon

| Text: Jörg Wenig | Foto: INEOS 1:59 Challenge

Eliud Kipchoge hat in Wien als erster Läufer die Zwei-Stunden-Barriere im Marathon durchbrochen und ein Stück Sportgeschichte geschrieben: Der Kenianer rannte auf der superflachen Strecke nach genau 1:59:40,2 Stunden ins Ziel. Damit lieferte er einen eindrucksvollen Beweis für sein Motto: No Human is Limited.

Eliud Kipchoge hat in Wien als erster Läufer die Zwei-Stunden-Barriere im Marathon durchbrochen und ein Stück Sportgeschichte geschrieben: Der Kenianer rannte auf der superflachen Strecke nach genau 1:59:40,2 Stunden ins Ziel. Damit lieferte er einen eindrucksvollen Beweis für sein Motto: No Human is Limited.

Der 34-jährige Marathon-Olympiasieger war damit fast genau zwei Minuten schneller als bei seinem Weltrekord, den er vor einem Jahr in Berlin mit 2:01:39 aufgestellt hatte. Es war vorher klar, dass das Wiener Rennen nicht als offizieller Weltrekord anerkannt werden kann, da nicht alle Voraussetzungen dafür erfüllt wurden.

„Es ist großartig, ich habe mir meinen großen Traum erfüllt. Ich habe es geschafft, als erster Mensch die Zwei-Stunden-Barriere zu durchbrechen. Das ist ein historischer Tag. Ich muss mich bei meinem Pacemaker-Team bedanken, sie waren fantastisch und haben entscheidend dazu beigetragen, dass ich hier Geschichte schreiben konnte“, sagte Eliud Kipchoge, dem es in Wien nicht darum ging, den Weltrekord zu brechen, sondern Geschichte zu schreiben und zu zeigen, dass es möglich ist, die größte Barriere in der Historie des Marathonlaufes zu durchbrechen. „Ich will das Positive des Sports zeigen. Ich will den Sport interessant machen, alle Menschen können laufen und gemeinsam können wir diese Welt zu einer schönen Welt machen.“

Die „Ineos 1:59 Challenge“ begann um 8.15 Uhr bei praktisch perfektem Wetter mit einer Temperatur von 9 Grad Celsius, trockenen Bedingungen und keinem Wind - lediglich die Luftfeuchtigkeit war mit rund 80 Prozent etwas hoch - auf der Wiener Reichsbrücke. Danach wurden rund viereinhalb Runden auf der Hauptallee des Prater-Parkes gelaufen.

Zehntausende Zuschauer feuerten an

Obwohl die genaue Startzeit der „Ineos 1:59 Challenge“ nicht einmal 17 Stunden vor Beginn des Rennens festgelegt wurde, gelang es dem lokalen Veranstalter-Team des Vienna City Marathons zehntausende von Zuschauern an die Strecke zu bringen. Sie feuerten Eliud Kipchoge und sein Team mit 36 Tempomachern - darunter einige der besten Mittel- und Langstreckenläufer der Welt - an und wurden Zeuge eines historischen Rennens.

Eliud Kipchoge lief praktisch durchweg ein gleichmäßiges Tempo von 2:48 bis 2:52 Minuten pro Kilometer, das von dem vor ihm fahrenden elektrischen Führungsfahrzeug und seinen Tempomacher-Gruppen vorgegeben wurde. Die Pacemaker-Gruppen bestanden jeweils aus sieben Läufern, die nach einigen Kilometern ausgetauscht wurden. Insgesamt waren 36 Athleten im Einsatz. Aus aerodynamischen Gründen liefen jeweils zwei der Tempomacher etwas versetzt hinter Eliud Kipchoge.

Ziel war es, Geschichte zu schreiben

Eliud Kipchoge war vom Start weg durchweg auf Kurs für die Zeit von unter zwei Stunden. Nach 28:10 Minuten passierte er die 10-km-Marke, nach 59:54 hatte er die erste Hälfte absolviert. Damit war er schneller als der Rekordhalter des Wiener Halbmarathons: Äthiopiens Superstar Haile Gebrselassie war 2011 bei dem Rennen, das im Rahmen des Vienna City Marathons im April stattfindet, 60:18 Minuten gelaufen. Die nächsten markanten Zwischenzeiten folgten bei 25 und 30 km. Hier war Eliud Kipchoge mit 1:10:59 beziehungsweise 1:25:11 Stunden jeweils schneller als die jeweiligen Weltrekorde. 2012 war sein Landsmann Dennis Kimetto beim Berliner 25-km-Lauf 1:11:18 Stunden gelaufen, im vergangenen Jahr hatte Kipchoge selbst beim Berlin-Marathon die 30-km-Marke nach 1:26:45 passiert.

Die letzten zehn Kilometer waren dann entscheidend. Ein Polster von rund zehn Sekunden hatte Eliud Kipchoge bezogen auf die Zielzeit von 1:59:59 Stunden. Eine Schwächeperiode durfte er sich in dieser Phase nicht leisten. Mit Kilometerzeiten von genau 2:50 Minuten zwischen 33 und 40 km fegte er jeden Zweifel von der Straße. Nachdem das Führungsfahrzeug wie geplant bei Kilometer 41 zur Seite gefahren war, folgte Eliud Kipchoge zunächst noch seinen Tempomachern. Mit dem Ziel vor Augen setzte er sich dann rund 500 Meter vor dem Zieltor an die Spitze und stürmte die letzten 1.000 Meter sogar in 2:42 Minuten durch den Prater. Unter dem Jubel der Zuschauer erreichte Eliud Kipchoge nach 1:59:40.2 Stunden das Ziel.

Überzeugt, dass er es schafft

„Ich war vom ersten Kilometer an zuversichtlich, obwohl ich vorher natürlich schon den enormen Druck gespürt hatte“, erzählte Eliud Kipchoge. „Ich war ruhig am Anfang des Rennens und bin einfach mein Tempo gelaufen beziehungsweise den Tempomachern gefolgt.“ Befragt nach einer vermeintlichen Schwäche-Periode nach der Halbmarathonmarke, sorgte Eliud Kipchoge mit seiner knappen, deutlichen Antwort für Gelächter in der Pressekonferenz: „Stimmt nicht!“

Der US-amerikanische Weltklasseläufer Bernard Lagat, der auf dem ersten und dem letzten Abschnitt als Tempomacher im Einsatz war, sagte: „Bei Kilometer 41 war ich 100-prozentig sicher, dass Eliud es schaffen wird. Eliud lief plötzlich neben mir und ich sah, dass er stärker wirkte als auf den 41 bisherigen Kilometern.“

Wolfgang Konrad, der Veranstalter des Vienna City Marathons, der mit seinem Team das Rennen binnen dreieinhalb Monaten auf die Beine stellte, sagte: „Danke, Eliud! Das ist unbeschreiblich. An dieses Ereignis werden sich Generationen erinnern. Wer den Zieleinlauf erlebt, kann nur begeistert sein. Wien ist jetzt die Heimat für den schnellsten Marathon der Welt und auf immer mit dem ersten 1:59-Marathon verbunden. Das gesamte Rennen ist eine fantastische weltweite Werbung für den Laufsport und für Wien.“