Farbenfrohe Frauenpower beim 1. Siegener Women’s Run

Farbenfrohe Frauenpower beim 1. Siegener Women’s Run

| Text & Fotos Frank Steinseifer

842 Frauen liefen am Sonntag beim 1. Siegener Women's Run entlang der Sieg und bestens gelaunt ins Ziel. Der erste inklusive Frauenlauf in Siegen war ein voller Erfolg.Top-Läuferin Sabrina Mockenhaupt war auch am Start und gewann.

Was für eine Premiere! Weit über 1000 Frauen hatten sich zum 1. Siegener Women’s Run angemeldet – exakt 842 liefen dann entlang der Sieg und bestens gelaunt ins Ziel. Sonnenschein, spätsommerliche Temperaturen, dazu eine ausgelassene und fröhliche Stimmung, viele farbenfrohe Kostüme, Beifall von hunderten Zuschauern entlang der Strecke – der erste inklusive Frauenlauf in der Stadt Siegen war ein Erfolg auf der ganzen Linie. Die Planungen für eine Neuauflage 2019 laufen bereits.

Sabrina Mockenhaupt am schnellsten

„Liebe Mädels: Heute brauchen wir keine Männer zum Laufen – die dürfen uns aber gerne fotografieren und uns anfeuern“, rief Lauf-Queen Sabrina Mockenhaupt den Läuferinnen von der Bühne aus zu und natürlich bekam sie dafür Applaus. Wer die dreifache Olympia-Teilnehmerin über 10.000 Meter, mittlerweile 45-malige Deutsche Meisterin und somit Deutschlands erfolgreichste Langstreckenläuferin kennt, der weiß, dass die gebürtige Siegerländerin stets einen flotten Spruch auf den Lippen hat.

Natürlich war „Mocki“ dann auf dem flachen Asphaltkurs entlang der Sieg über 6,6 Kilometer – die Piste kennt sie von vielen Trainingsläufen aus dem Effeff – die mit Abstand Schnellste in 24:21 Minuten vor Franziska Espeter vom TV Laasphe in 25:46 Minuten.

Mockenhaupts schnellstes Mutter-Tochter-Duo

Nach ihrer vorzeitigen EM-Absage musste sich „Mocki“ erst mal wieder neu orientieren. „Ich habe in den letzten Wochen kaum trainiert, ich weiß gar nicht, was ich heute drauf habe. Aber es geht ja heute nicht um Spitzenleistungen, sondern darum, zu zeigen, was wir verrückten Weiber leisten können“, sagte die Wilnsdorferin noch vor dem Start des Rennens, das ja weniger ein Wettkampf als vielmehr ein buntes Happening für sportbegeisterte aktive Frauen war.

Sabrina mit Startnummer 2 und Mutter Hildegard mit Startnummer 1 hatten sich im Hauptlauf über 6,6 Kilometer für die Mutter-Tochter-Wertung angemeldet. „Zockeln“ über die Strecke und womöglich mit Mutter Hildegard – vor Jahren immerhin eine der besten Seniorenläuferinnen in Deutschland mit einer Marathon-Bestzeit von 2:40:41 Stunden (1991) – Hand-in-Hand durchs Ziel laufen, das wollte „Mocki“ dann doch nicht.

„Tut mir leid, aber sooo langsam kann ich nicht mehr laufen, dann habe ich am nächsten Tag total dicke Beine.“ Sie wollte sich vor heimischem Publikum nicht als Freizeitläuferin sondern vielmehr von ihrer besten Seite zeigen. Locker und leichtfüßig lief sie die drei Runden an der Spitze und war dann wenig später im Ziel wieder mit ihrer Mutter vereint. „Ich will ja eigentlich gar keine Wettkämpfe mehr laufen, aber das hier heute hat nochmal richtig Spaß gemacht“, freute sich die 64-jährige Hildegard Mockenhaupt im Ziel über die tolle Stimmung an der Strecke. „Mocki I“ (Sabrina) und „Mocki II“ (Hildegard) waren dann auch das beste Mutter-Tochter-Duo des Tages.

Erlebnisse statt Ergebnisse

Von der Idee bis zur Umsetzung der großen Veranstaltung war es ein langer Weg. Fast zwei Jahre lang hat ein 9-köpfiges Frauen-Kompetenz-Team an der Veranstaltung gearbeitet und bis ins Detail einer bunt geschmückten Laufstrecke durchorganisiert. Ein Lauf von Frauen für Frauen eben. Auch „Zugpferd“ Sabrina Mockenhaupt stand nicht als der große Laufstar im Mittelpunkt – die 37-jährige Strahlefrau zeigte vielmehr, wie stark Frauen sein können, was Frauen im Sport und im Leben erreichen können und das Frauen mit Laufen etwas Gutes für ihre Gesundheit tun.

Ja, auch viele Männer waren an die beliebte innerstädtische 2,2 Kilometer lange Laufstrecke am Fluss gekommen, feuerten Freundinnen, ihre Frauen und Töchter, Nachbarinnen, Arbeitskolleginnen und Mitläuferinnen im Verein lautstark an. Das sogenannte „Starke Geschlecht“ bekam eindrucksvoll vor Augen geführt, dass Frauen eben so ganz anders laufen und Bestzeiten, immer neue Rekorde und wöchentliche Trainingskilometer nicht alles sind. Nicht hecheln und hetzen, Spaß haben, sich wohlfühlen, etwas für die Gesundheit und Fitness tun – und das am liebsten mit der besten Freundin an der Seite. Das Credo: Erlebnisse statt Ergebnisse!

Ein Lauf für alle, die Spaß an Bewegung haben

Der Lauf war bewusst für alle offen. Ob mit oder ohne körperliche Beeinträchtigung, ob jung, ob alt, ob mit Kinderwagen, Babyjogger, mit Schwimmreifen oder mit Nordic-Walking-Stöcken, oder aber knallbunt verkleidet wie im Karneval – alle Frauen konnten dabei sein. Die jüngste Teilnehmerin war Leni Braach mit gerade mal 7 Jahren, die älteste Marlene Grasmann aus Wilnsdorf mit 81 Jahren.

Natürlich gab es auch Frauen, die die 2,2 oder 4,4 oder 6,6 Kilometer möglichst schnellen Schrittes absolvieren wollten. Für alle Läuferinnen gab es Urkunden und T-Shirts und der Starterbeutel extra aus fairer Baumwolle gefertigt, war mit vielen Geschenkartikeln, die Frau so gut gebrauchen kann, gut gefüllt. Für die Besten gab es Pokale, Blumensträuße und sogar eine dicke Torte mit Aufschrift „1. Siegener Women’s Run“.

Erste Idee für Frauenlauf in Siegen vor zehn Jahren

Liebevoll bunt geschmückt hatte das Organisationsteam mit Moderatorin Renate Hoffmann zusammen mit vielen Helferinnen und auch Helfern die Strecke an der Sieg. Viele Laufgruppen nutzten den tollen Service, sich vor einer großen Fotowand fotografieren zu lassen – die vielen Fotos können in den nächsten Tagen kostenlos auf der Seite des Veranstalters heruntergeladen werden.

Dass Frauen in aller Öffentlichkeit laufen, und sogar an einem Wettkampf unter Männern teilnehmen dürfen, das war lange Zeit absolut verpönt. Renate Hoffmann, 1999 Gründerin von :anlauf Siegen, war als Teilnehmerin von den Frauen-Läufen in Berlin (2000) , Darmstadt (2001) und Frankfurt (2009) vom Konzept reiner Veranstaltungen nur für Läuferinnen begeistert.

Inspiriert durch die Vorreiterin des Frauen-Marathons, der US-Amerikanerin Kathrine Switzer, die 1967 beim Marathon-Lauf in Boston startete, obwohl für Frauen noch streng verboten, hatte Renate Hoffmann bereits vor zehn Jahren die Idee zu einem reinen Frauenlauf in Siegen. Initiiert wurde der 1. Siegener Women’s Run nun vom St. Marien-Krankenhaus Siegen, umgesetzt haben die Gesamtorganisation ein Dutzend laufbegeisterte Frauen.

Bald schon 2000 Läuferinnen in Siegen?

„Wir sind begeistert, dass alles so gut geklappt hat. Wir haben von den Läuferinnen und auch Zuschauern viel Lob und Zuspruch erhalten. Alles ist nach Plan gelaufen. Wir hatten Glück mit dem Wetter, es war eine tolle Stimmung, ich habe selten bei einer Laufveranstaltung so viele lachende Gesichter gesehen“, freute sich Renate Hoffmann vom :anlauf-Organisationsteam.

Wie es in den nächsten Jahren mit dem Frauenlauf weitergeht, das wird erst nach einer eingehenden „Manöverkritik“ mit allen Beteiligten und den Sponsoren geklärt. Einen prominenten Fürsprecher hat der Siegener Frauenlauf bereits: Sabrina Mockenhaupt. Die erfolgreiche Langstrecklerin hat die Zukunft schon vor Augen: „Im nächsten Jahr kommen bestimmt 2000!“