© Golden Trail National Series/The Adventure Bakery

Trailrunning in Bad Reichenhall
Kletterei zum Auftakt der Golden Trail National Series – Spitze und Nachwuchs wird gefördert

| von der Redaktion

Mit dem Hochstaufen-Trailrun in Bad Reichenhall sind die Golden Trails 2024 in Europa angekommen. Mit der Serie fördert Salomon das Trailrunning auf globalem Niveau und sucht Talente in 25 Ländern.

„Hui, ein Schritt zur falschen Seite, und es war das letzte Mal, dass du da hergelaufen bist.“ Die Österreicherin Anna Plattner war stark beeindruckt von der Strecke des Hochstaufen-Trailrun beim Salomon Alpenstadt City&Trail in Bad Reichenhall, nachdem sie den Lauf in den Berchtesgadener Alpen über 19 Kilometer und 1350 Höhenmeter nach gut zwei Stunden als Zweite beendet hatte. „Ausgesetzt“ lautet die Beschreibung solcher Pfade in alpiner Fachliteratur. Soll heißen: Pass auf, du könntest abstürzen.

Und so waren sie beim TSV Bad Reichenhall auch einigermaßen überrascht, als die lokale Trailrunning-Ikone Philipp Reiter vor ein paar Jahren mit der Idee auf sie zukam, den Citylauf in Bad Reichenhall um einen Traillauf zu ergänzen. „Wir hatten so an zehn Kilometer mit ein paar Höhenmeter in Gelände gedacht“, sagt Martin Dufter, zweiter Vorstand beim TSV Bad Reichenhall. Doch für Philipp Reiter war klar: Wir laufen auf den Hohenstaufen. Bis ganz oben. Auf den 1771 Meter hohen Hausberg der uralten Salz- und Kurstadt Bad Reichenhall. Und zwar nicht über den Normalweg, den die meisten Wanderer nehmen, sondern über den Pfad, der „Steinerner Jäger“ heißt und hochalpine Anforderungen an Trittsicherheit und Schwindelfreiheit stellt. Runter geht’s dann über den besser laufbaren, aber immer noch anspruchsvollen Normalweg.

370 Läuferinnen und Läufer hatten sich 2024 für das technisch anspruchsvolle Rennen angemeldet. Die Bergwacht übernahm mit rund 35 Personen die Sicherung der kompletten Trailstrecke am Hochstaufen. Seit das Rennen zur Golden Trail National Serie gehört, verzeichnet es trotz der anspruchsvollen, nicht ungefährlichen Strecke einen Aufwärtstrend. Die Golden Trail Series – das ist eine Reihe von Trailrunning-Events, die von Sponsor Salomon großzügig unterstützt wird. Allein 300.000 Euro an Preisgeldern gibt es insgesamt zu gewinnen. Neben der weltweiten Serie von neun großen Trail-Klassikern werden in 25 Ländern nationale Serien veranstaltet, in denen sich aufstrebende Trailtalente beweisen und sich für das Finale der Golden Trail World Series mit der Elite des Trailrunningsports qualifizieren können.

Das Rennen in Bad Reichenhall war der Auftakt zur Golden Trail National Serie im deutschsprachigen Raum. Dazu zählen in diesem Jahr sechs hochkarätige Rennen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auf den Hochstaufen-Run folgt am 14. Juni das 29-Kilometer-Rennen (1440 Höhenmeter) beim Zugspitz Ultratrail rund um den höchsten Berg Deutschlands, bevor dann vier Rennen in den alpinen Nachbarländern auf dem Programm stehen: Der 21,2 Kilometer (970 Höhenmeter) lange Schweizer Zermatt-Marathon auf den Gornergrat im Schatten des Matterhorns. Der 28 Kilometer lange Gletschertrail mit 1600 Höhenmetern im österreichischen Pitztal. Mit dem Sierre Zinal im Scheizer Wallis gehört auch der älteste Traillauf Europas zur Serie. Das Rennen wird bereits seit 1963 ausgetragen. In diesem Jahr führt es über 31 Kilometer und 2200 Höhenmeter. Das Finale der Golden Trails im deutschsprachigen Raum steigt dann bei den Mayrhofen Ultraks im Zillertal über 30 Kilometer und 2000 Höhenmeter.

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Golden Trails National Series 2024: Die Termine

Dabei haben die Finals in der Golden Trail-Serie nicht diese herausragende Stellung wie in der konkurrierenden UTMB-Serie, bei der es vor allem darum geht, sich für den grandiosen Schlusspunkt beim „Ultratrail du Mont Blanc“ am höchsten Berg der Alpen in Chamonix zu qualifizieren. „Die Golden Trails National Serie ist eine sehr athletenfreundliche Serie“, sagt Daniel Gassner, als Sportmarketing-Manager bei Salomon fürs Trailrunning zuständig. Sein Unternehmen übernimmt Reisekosten, stellt das Budget für die Preisgelder zur Verfügung und engagiert Teams aus Video- und Fotografen, deren Aufnahmen dann auch den Athletinnen und Athleten zur Verfügung gestellt werden, um sie vor allem in den sozialen Medien einzusetzen. Und das gilt nicht nur für die in den Salomon-Teams geförderten Trailrunner, sondern auch für diejenigen, die für andere Marken unterwegs sind. „Unser Ziel ist es, das Trailrunning als Ganzes weiter wachsen zu lassen“, so Daniel Gassner.

Golden Trails World Series 2024: Die Termine

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Bad Reichenhall-Sieger Marc Dürr startet in beiden Serien

Einer, der zwischen den beiden Golden Trail-Welten in der nationalen und globalen Serie wandelt, ist der Allgäuer Marc Dürr. Am vergangenen Samstag sicherte er sich in Bad Reichenhall den Sieg, am kommenden Samstag startet er beim 42 Kilometer langen, legendären Zegama-Trail-Marathon im spanischen Baskenland, mit dem die globale Serie nach zwei Rennen im japanischen Kobe und in der chinesischen Provinz Sichuan nach Europa kommt. Dabei war der Lauf auf den Hohenstaufen sein erstes Trail-Rennen überhaupt in diesem Jahr. Im Winter läuft der 28-Jährige gar nicht. Da ist er auf Skiern unterwegs, bestreitet Wettkämpfe im Skibergsteigen. Deshalb war er vor dem Rennen auch nicht besonders siegessicher. „Die Skitouren sind muskulär viel weniger anspruchsvoll als das Laufen. Meine Beine müssen sich im Frühjahr immer erst wieder ans Laufen gewöhnen“, sagt Marc Dürr, der einen Teilzeitjob als Mechatroniker bei Bosch in seinem Heimatort Bad Hindelang hat.

Zu Beginn der Laufsaison läuft er immer ein paar Wochen lang fast ausschließlich flach und auf der Straße. „Meine Skitourenbeine sind erstmal ziemlich lahm“, sagt er. „Ich muss Schnelligkeit reinbringen“, erklärt Marc Dürr. Erst wenn er die wieder spürt, fängt er mit dem Lauftraining am Berg an. Trotzdem: In Bad Reichenhall zeigte sich wieder, dass seine Stärke das steile Bergauflaufen und das schnelle Bergablaufen in schwierigem Gelände sind. Mit 2:46 Minuten Vorsprung auf Vorjahressieger Hans-Peter Innerhofer kam er nach Auf-und Abstieg auf den Hohenstaufen an der Padinger Alm an, von wo es flach zurück in die Innenstadt von Bad Reichenhall ging. Im vergangenen Jahr war die Situation ähnlich, nur dass Dürr etwas weniger Vorsprung hatte und dann kurz vor dem Ziel noch von dem Österreicher abgefangen wurde. Diesmal blieben ihm 2:30 Minuten, so dass er in neuer Streckenrekordzeit von 1:49:40 locker ins Ziel lief. „Es war eine geile Strecke und ein geiles Event. Jetzt hoffe ich, dass ich beim Zegama-Trail-Marathon über die lange Distanz gut durchkomme und weit vorn mitlaufen kann“, sagte er im Ziel.

© Golden Trail National Series/Jan Lenfert

Von Bad Reichenhall zur EM: Frauensiegerin Elise Poncet

Frauensiegerin Elise Poncet nutzte das Rennen in Bad Reichenhall auch zur Vorbereitung auf ihren Start im 5,6 Kilometer (830 HM) langen Bergrennen bei der Trail- und Berglauf-EM am ersten Juni-Wochenende im französischen Annecy. Die 28-Jährige gewann in Bad Reichenhall mit 2:06:29 Stunden vor Anna Plattner (2:09:08 h/Österreich und Silvia Schwaider (2:10:23 h/Slowakei). Beste Deutsche war Sarah Kistner auf Rang vier in 2:16:57 Stunden.

Und für alle, die sich wegen deren Spruch zur Gefahr auf den Trails am Hochstaufen, vielleicht noch nicht so richtig an die Strecke trauen, hatte Moderator Boris Bregar beim Zieleinlauf vor dem schmucken Rathaus von Bad Reichenhall auch noch eine gute Idee parat: „Lasst uns doch nächstes Jahr noch eine weitere Trailstrecke anbieten: Vielleicht zehn Kilometer mit 400, 500 Höhenmetern und etwas einfacher“, sagte er und erntete vom Rest des Organisationsteam erstmal erstaunte Blicke. Aber das wäre in der Tat eine schöne Ergänzung des Programms, das auch Kinderläufe in der Stadt, einen Citytrail über 5,5 Kilometer und einen Zehn-Kilometer-Straßenlauf umfasst. Zumal in Bad Reichenhall die Felder bei diesem Straßenlauf rückläufig sind, während das Abenteuer Hohenstaufenrun nach 265 im Vorjahr dieses Mal schon 370 Trailrunner anlockte. Insgesamt waren beim Lauftag in der Alpenstadt Bad Reichenhall über 800 Menschen in Bewegung. Der älteste Athlet war der 70-jährige Hans Schinko (TSV 1860 Fanclub Bad Reichenhall-Piding), der jüngste im Feld war Jan Tengler (18 Jahre) aus Eching in Niederbayern.

  • Fotos: Golden Trail Series powered by Salomon/The Adventure Bakery, Jan Lenfert, Den Jog