Elitemarathon in Enschede
Katharina Steinruck gewinnt − Rabea Schöneborn und Laura Hottenrott steigern sich deutlich

| von Jörg Wenig (Text) & Norbert Wilhelmi (Fotos)

Die Marathonläuferinnen Rabea Schöneborn, Laura Hottenrott und Katharina Steinruck zeigten in Enschede starke Leistungen. Im Olympiateam ist dennoch nur Steinruck, die in 2:25:59 Stunden gewann.

Eliud Kipchoge ist zurück im Sieg-Modus und Katharina Steinruck triumphierte beim Elite-Marathonrennen auf dem Flughafen Twente von Enschede. Der kenianische Olympiasieger und Weltrekordler (2:01:39) gewann das Rennen souverän in 2:04:30 Stunden.

Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt) setzte sich im Kampf um die drei olympischen Startplätze nicht nur gegen ihre nationalen Konkurrentinnen durch sondern gewann sogar das Rennen. Die 31-Jährige steigerte sich auf 2:25:59 Stunden und wurde in Enschede zur sechstschnellsten deutschen Läuferin aller Zeiten. Nach dem besten Rennen ihrer Karriere ist Katharina Steinruck der Startplatz bei den Olympischen Spielen so gut wie nicht mehr zu nehmen. Theoretisch müssten nun innerhalb der nächsten sechs Wochen zwei Läuferinnen diese Zeit unterbieten. "Es ist ein tolles Gefühl - ich bin völlig fertig aber überglücklich", sagte Katharina Steinruck.

Hinter der zweitplatzierten Sara Moreira (Portugal/2:26:42) lief Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin) mit einer starken persönlichen Bestzeit von 2:27:03 auf Platz drei. Damit belegt sie im Rennen um die drei Olympia-Startplätze nun Rang vier. Vierte wurde in Enschede Laura Hottenrott (PSV Grün-Weiß Kassel) mit einer starken Steigerung auf 2:28:02. Sie ist nun Fünfte im Qualifikations-Wettkampf. Anke Esser (Bayer Leverkusen) gab das Rennen frühzeitig auf.

Der Stand im Rennen um die drei deutschen Startplätze im olympischen Frauen-Marathon

  • 2:23:57 Melat Kejeta (Laufteam Kassel – Berlin/29.9.2019)
  • 2:25:59 Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt – Enschede/18.4.2021)
  • 2:26:55 Deborah Schöneborn (LG Nord Berlin – Valencia/6.12.2020)
  • 2:27:03 Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin – Enschede/18.4.2021)
  • 2:28:02 Laura Hottenrott (PSV Grün-Weiß Kassel – Enschede/18.4.2021)

Im Detail: So lief Katharina Steinruck zum Sieg in Enschede

Mit dem früheren Hindernis-Spezialisten Steffen Uliczka und Simon Stützel hatte Katharina Steinruck für das wahrscheinlich wichtigste Rennen ihrer Karriere zwei hochkarätige Tempomacher an ihrer Seite. Dadurch konnte sie durchweg ihr eigenes Tempo laufen und war von Beginn an an der Spitze. Nach einer 10-km-Zwischenzeit von 34:39 erreichte die vierköpfige Führungsgruppe, in der auch Gladys Chesir (Kenia), Hanna Lindholm (Schweden) und Laura Hottenrott (PSV Grün-Weiß Kassel) liefen, die Halbmarathonmarke in 1:12:58 Stunden. Zu diesem Zeitpunkt bildeten Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin) und die erfahrene Portugiesin Sara Moreira die Verfolgergruppe, die 27 Sekunden Rückstand hatte.

An der Spitze fielen dann zunächst Hanna Lindholm und anschließend Gladys Chesir zurück. Bei 30 km (1:43:38) konnte nur noch Laura Hottenrott mit Katharina Steinruck mithalten - allerdings nicht mehr lange. Mit einer Bestzeit von 2:33:01 ins Rennen gegangen, war Laura Hottenrott im Kampf um einen Olympia-Startplatz mutig das Tempo mitgegangen. Doch der Schritt zu einer Zeit um 2:26 war sicherlich noch etwas zu groß. Im letzten Abschnitt wurde Laura Hottenrott deutlich langsamer, steigerte sich aber als Vierte noch enorm um fast fünf Minuten auf 2:28:02. Sie ist nun Fünfte im Qualifikations-Wettkampf.

Rabea Schöneborn schrammt hauchdünn an den Top Drei für Olympia vorbei

Hinter der zweitplatzierten Sara Moreira (Portugal/2:26:42) lief Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin) mit einer starken persönlichen Bestzeit von 2:27:03 auf Platz drei. Damit belegt sie im Rennen um die Olympia-Startplätze nun Rang vier. Die Berlinerin hatte ein etwas verhalteneres Anfangstempo gewählt und lief damit insgesamt gleichmäßiger. Lange Zeit rannte sie zusammen mit Sara Moreira. Noch an der 30-km-Marke lag Rabea Schöneborn mit 1:44:15 Stunden auf Kurs für ein Ergebnis um 2:26:30. Im letzten Abschnitt verlor sie dann pro Kilometer zwar nur wenige Sekunden, aber es reichte am Ende nicht ganz, um die drittplatzierte Läuferin im Kampf um die Olympia-Tickets, ihre Zwillingsschwester Deborah (2:26:55), zu verdrängen. Als Dritte des Rennens gelang aber auch Rabea Schöneborn ein weiterer Achtungserfolg im Marathon. Erst im Dezember war sie in Valencia ein starkes Debüt gelaufen mit 2:28:42, nun steigerte sie sich auf 2:27:03. Damit ist sie im Rennen um die Olympia-Startplätze nun die Nummer vier und sollte nach dem derzeitigen Stand als Ersatzläuferin nominiert werden.

„Ich bin super zufrieden mit meiner Leistung und freue mich über die persönliche Bestzeit. Natürlich hatte ich die Zeit von 2:26:55 im Auge. Ich habe alles gegeben und dachte zwischendurch, dass ich es schaffen werde. Aber schon im Bereich zwischen 28 und 30 Kilometer bekam ich muskuläre Probleme. Dadurch hat es am Ende nicht ganz gereicht“, sagte Rabea Schöneborn.

Nicht ins Ziel kam dagegen Anke Esser (Bayer Leverkusen). Nachdem sie sich anfangs sogar der Führungsgruppe angeschlossen hatte, passierte sie etwas später die 10-km-Marke in 34:57 Minuten. Danach jedoch ging sie aus dem Rennen.

„Es ist ein tolles Gefühl - ich bin völlig fertig, aber überglücklich“, sagte Katharina Steinruck, nachdem sie die letzten acht Kilometer ohne Konkurrentinnen an der Spitze nur noch hinter ihren beiden Tempomachern gelaufen war. „Ich muss mich bei Simon und Steffen bedanken, sie haben mich am Ende förmlich zu der Zeit unter 2:26 geschrieen“, erklärte die 31-jährige Läuferin, die sich von 2:27:26 auf 2:25:59 verbesserte und damit derzeit in der europäischen Jahresbestenliste auf Rang zwei liegt. Dabei hatte Katharina Steinruck aufgrund kühler Temperaturen sogar lange Laufkleidung gewählt. „Mit dem Sieg hätte ich nie gerechnet. Mein Fokus lag einfach nur auf einem schnellen Rennen und 2:26 war dabei das Ziel. Eigentlich wollte ich die letzten sechs Kilometer noch etwas schneller rennen, aber da hat die Muskulatur dann nicht mehr mitgemacht. Für heute habe ich das maximal Mögliche herausgeholt.“

Top Ten: Die zehn schnellsten deutschen Marathonläuferinnen aller Zeiten

  • 2:19:19 Irina Mikitenko (Wattenscheid – Berlin/28.09.2008)
  • 2:23:57 Melat Kejeta (Kassel – Berlin/29.09.2019)
  • 2:24:35 Katrin Dörre-Heinig (Leipzig – Hamburg/25.04.1999)
  • 2:25:37 Uta Pippig (Berlin – Berlin/26.09.1995)
  • 2:25:42 Fate Tola (Braunschweig – Frankfurt/30.10.2016)
  • 2:25:59 Katharina Steinruck (Frankfurt – Enschede/18.04.2021)
  • 2:26:01 Luminita Zaituc (Braunschweig – Frankfurt/28.10.2001)
  • 2:26:13 Sonja Oberem (Leverkusen – Hamburg/22.04.2001)
  • 2:26:21 Sabrina Mockenhaupt (Köln – Berlin/26.09.2010)
  • 2:26:44 Anna Hahner (Gengenbach – Berlin/28.09.2014)

Eliud Kipchoge auf dem Weg zur Olympiaform

Bei den Männern meldete sich Eliud Kipchoge rechtzeitig vor den Olympischen Spielen mit einer Jahresweltbestzeit zurück. Nach einer überraschenden Niederlage beim London-Marathon im vergangenen Oktober, wo er als Achter ins Ziel gelaufen war, triumphierte der 36-Jährige überlegen mit 2:10 Minuten Vorsprung vor seinem Landsmann Jonathan Korir. Der einzige deutsche Läufer im Feld, Tom Gröschel (TC Fiko Rostock), lief eine persönliche Bestzeit von 2:12:45 Stunden und belegte damit Platz 18, verpasste aber die Olympia-Norm von 2:11:30.

Das Rennen hatte sich sich von Beginn an zur erwarteten „One Man Show“ entwickelt: Eliud Kipchoge dominierte bei sehr guten Wetterbedingungen auf der 5-km-Runde in Enschede. Dabei war aber von Beginn an klar, dass es dem 36-jährigen Superstar, der in Wien 2019 in einem allerdings nicht rekord-konformen Rennen unter zwei Stunden gelaufen war (1:59:40,2), heute nicht um Rekorde ging. Nach einem sehr verhaltenen Beginn mit einer 5-km-Zwischenzeit von 14:55 Minuten erreichte die dreiköpfige kenianische Spitzengruppe mit Tempomacher Philemon Kacheran, der am Ende durchlief und Vierter wurde in 2:08:47, dem späteren zweitplatzierten Jonathan Korir (2:06:40) und Eliud Kipchoge die Halbmarathon-Marke nach 61:43. Nachdem das Trio die 30-km-Marke in 1:28:10 Stunden passiert hatte, verschärfte Eliud Kipchoge rund zehn Kilometer vor dem Ziel das Tempo und setzte sich entscheidend ab. Seine Zielzeit von 2:04:30 Stunden ist für Eliud Kipchoge seine neuntbeste reguläre Zeit.

„Das war für mich ein echter Test, um meine Form vor dem olympischen Marathon zu überprüfen. Die Bedingungen waren gut und ich danke den Organisatoren dafür, dass dieses Rennen möglich war. Jetzt werde ich in Kenia mit meinem Team Rücksprache halten bezüglich des weiteren Trainings für die Olympischen Spiele“, sagte Eliud Kipchoge.

Tom Gröschel verbessert sich auf 2:12:45 Stunden und ist sehr zufrieden

Tom Gröschel lief genau nach Plan die erste Hälfte der 42,195 km in 65:29 Minuten. Auch bei Kilometer 30 war er mit 1:33:23 Stunden noch auf Kurs für die avisierte Zeit von unter 2:11:30. Doch in der Folge konnte er das Tempo nicht halten und kam schließlich nach 2:12:45 ins Ziel. Immerhin verbesserte Tom Gröschel damit seine zwei Jahre alte Bestzeit von 2:13:49 um gut eine Minute.

Was für ihn vielleicht noch wertvoller war: Nach Verletzungsproblemen ist er ohne Probleme ins Ziel gekommen. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Rennen. Es war schon ein Ritt auf der Rasierklinge, dieses Tempo anzugehen. Als dann meine Gruppe bei Kilometer 28 auseinander fiel, wurden die Runden auf dem Flugfeld schon sehr, sehr lang“, sagte Tom Gröschel, der sich nach einer Erholungsphase auf einen Herbst-Marathon vorbereiten wird.

Die kompletten Ergebnisse aus des NN Mission Marathon in Enschede findest du hier.