Paula Radcliffe: Abschied von der Marathon-Bühne

| Jörg Wenig I Fotos: Imago
In London ist Paula Radcliffe ihren letzten offiziellen Marathon gelaufen. Wir haben die Highlights ihrer Karriere für euch!

Nach über 20 Jahren Leistungssport auf höchstem Niveau hat Paula Radcliffe am vergangenen Sonntag ihre Karriere offiziell beendet. Die 41-jährige Britin startete bei jenem Rennen, bei dem sie als Kind einst an der Strecke stand, um ihren Vater anzufeuern. Ihre damalige Begeisterung beim London-Marathon war der Auslöser für eine einmalige Karriere, die sie in mancherlei Hinsicht zur besten Langstreckenläuferin aller Zeiten machte. Ihr Marathon-Weltrekordrennen von London 2003 dürfte die beste jemals erzielte Leistung im Frauen-Langstreckenlauf sein. Ihre Londoner Fabelzeit von 2:15:25 Stunden ist bis heute unerreicht – sie stieß in neue Dimensionen vor, die bis dahin Männern vorbehalten waren. Und es spricht viel dafür, dass dieser Rekord noch längere Zeit stehen wird.

In den folgenden Jahren verbesserte sich Paula Radcliffe stetig, doch zugleich erlief sie sich das Image der ewigen Verliererin. Immer wieder war sie in großen Finals couragiert gelaufen wie keine andere – immer wieder war sie am Ende geschlagen. Fünfte bei der WM 1995 und bei Olympia 1996 über 5000 m, Vierte bei der WM 1997 (5000 m), geschwächt von einem Virus wieder nur Fünfte bei der EM 1998 über 10.000 m, einmal mehr geschlagen im Schlussspurt, aber immerhin Zweite bei der WM 1999 (10.000 m) sowie noch zweimal Vierte bei Olympia 2000 und der WM 2001 (jeweils 10.000 m). Unglücklicher konnte die Bilanz kaum sein. Doch eine von Paula Radcliffes Stärken ist der britische „fighting spirit“ – sie gab nie auf. Nach Olympia in Sydney 2000 sagte sie sich: „Beim nächsten Mal wird es anders.“

Und tatsächlich – nach Sydney folgten große Siege: Die Engländerin wurde dreimal Halbmarathon-Weltmeisterin (2000, 2001, 2003) und zweimal Cross-Weltmeisterin (2001 und 2002). Auch auf der Bahn lief sie nun zu ihren ersten Goldmedaillen: Bei den Commonwealth Games 2002 in Manchester über 5000 m und bei den Europameisterschaften in München im gleichen Jahr über 10.000 m, wobei sie im strömenden Regen mit 30:01,09 Minuten einen sensationellen Europarekord aufstellte.

Wiederum meldete sie sich jedoch 2008 dann mit einem New-York-Sieg zurück. Doch die nächste Zeit war schwierig und von Verletzungen geprägt. 2009 kehrte sie nach New York zurück, doch dieses Mal blieb ihr nur Rang vier. Nach ihrer zweiten Schwangerschaft lief sie in Berlin 2011 ihren letzten Marathon mit spitzensportlichen Ambitionen: Als Dritte erreichte sie 2:23:46 Stunden. Der olympische Marathon in London sollte 2012 zu einem letzten Höhepunkt werden. Doch wiederum stoppten Paula Radcliffe Verletzungen. Sie ist nicht die einzige große Läuferin, der eine olympische Medaille verwehrt geblieben ist.

Paula Radcliffes Marathonläufe

1.         London 2002                       2:18:56
1.         Chicago 2002                      2:17:18 (WR)
1.         London 2003                       2:15:25 (WR)
aufg.     Olympia Athen 2004        
1.         New York 2004                    2:23:10
1.         London 2005                       2:17:42
1.         WM Helsinki 2005               2:20:57
1.         New York 2007                    2:23:09
23.       Olympia Peking 2008           2:32:38
1.         New York 2008                    2:23:56
4.         New York 2009                    2:29:27
3.         Berlin 2011                          2:23:46
20.       London 2015                        2:36:55

Die weltbesten Marathon-Zeiten der Frauen

2:15:25          Paula Radcliffe       GBR               London          13.4.2003
2:17:18          Paula Radcliffe       GBR               Chicago        13.10.2002
2:17:42          Paula Radcliffe       GBR               London          17.4.2005
2:18:20          Liliya Shobukhova   RUS               Chicago        9.10.2011 *
2:18:37          Mary Keitany          KEN               London          22.4.2012
2:18:47          Catherine Ndereba  KEN               Chicago        7.10.2001
2:18:56          Paula Radcliffe       GBR               London          14.4.2002
2:18:58          Tiki Gelana             ETH               Rotterdam     15.4.2012
2:19:12          Mizuki Noguchi       JPN               Berlin             25.9.2005
2:19:19          Irina Mikitenko        GER               Berlin             28.9.2008
2:19:19          Mary Keitany          KEN               London          17.4.2011

* gegen Liliya Shobukhova läuft zurzeit ein Dopingverfahren