© Adobe Stock/Jacob Lund

Topfit, wenn’s zählt
So erreichst du deine Bestform am Tag X

| von unserem Experten Carsten Eich

Am Wettkampftag topfit und mit einem super Gefühl an der Startlinie stehen – das will wohl jeder Hobbyläufer. Wir sagen dir, wie du dieses Ziel erreichst.

Am Ende entscheidet der richtige Mix, ob du am Tag X dein Bestes erreichen und abrufen kannst. Und in diesen Mix gehören eine ganze Menge Zutaten: Eine langfristige Trainingsmethodik spielt eine ganz wichtige Rolle. Damit ist insbesondere ein ausgewogener Belastungsmix aller Trainingsgeschwindigkeiten gemeint. Dazu gehören auch Pausen: Wer zu viel trainiert, wird seine Ziele nicht erreichen, denn in der Regeneration steckt oft der Schlüssel zum Erfolg, sowohl im Trainingsalltag als auch in der sogenannten Taperingphase direkt vor dem Wettkampf.

Auch die mentale Wettkampfstärke ist von entscheidender Bedeutung. Zwar trainieren Läufer vor allem ihre Beine, aber Wettkämpfe werden nicht zuletzt im Kopf gewonnen. Dann wäre da noch eine passende Ernährungsstrategie für das Training und den Wettkampf. Unser Energiestoffwechsel sollte möglichst optimal und störungsfrei funktionieren. Du siehst: Ganz schön viele Dinge beeinflussen die Form am Wettkampftag. Mit der richtigen Herangehensweise kommen wir dem optimalen Wettkampf aber auf jeden Fall einen großen Schritt näher. Wir haben für dich die wichtigsten Profitipps mit Erfolgsgarantie für Hobbyläufer zusammengestellt.

Der richtige Plan für deine Vorbereitung

Der Startschuss für einen erfolgreichen Wettkampf fällt bereits viele Wochen vor dem eigentlichen Tag X: Und zwar mit der Festlegung einer langfristigen Vorbereitungsstrategie. Denn unabhängig von der Wettkampfstrecke braucht unser Körper Wochen oder sogar Monate, um die gewünschte Leistungsfähigkeit zu erreichen. Dabei ist eine realistische Zielsetzung ein Muss. Um die abschätzen zu können, brauchst du Informationen über dein aktuelles Leistungsvermögen. Dazu kann zum Beispiel ein zurückliegender Wettkampf genutzt werden. Noch genauere Werte bekommst du durch eine Leistungsdiagnostik. Institute, die so etwas anbieten, gibt es im gesamten Bundesgebiet. Im Rahmen einer solchen Diagnostik absolviert man meist auf einem Laufband kurze Sequenzen in unterschiedlichen Geschwindigkeitsbereichen. Nach jeder Stufe werden der Stoffwechsel und damit die Belastung über Laktat beziehungsweise Atemgas analysiert. Gleichzeitig wird die Herzfrequenz gemessen, so dass man in der Auswertung nicht nur Geschwindigkeitsbereich für die unterschiedlichen Trainingsbereich bekommt, sondern diese durch fix definierte Herzfrequenzzonen auch im täglichen Training kontrollieren kann. Genau durch diese Zonen ist in den nächsten Monaten garantiert, dass ich wirklich die gewünschten Belastungen jeder einzelnen Trainingseinheit einhalte und so höchst effektiv trainiere. Dann ist es auch nicht mehr schwer den richtigen Trainingsplan zu finden, da deine eigenen Werte diesen Plan quasi personalisieren. Entsprechende Pläne findest du auch bald wieder bei uns.

Langsame Einheiten sind die Basis

In allen Trainingsplänen stehen sie drin, die ruhigen Dauerläufe im Wohlfühltempo. „Brauche ich nicht“, denken nicht wenige Läufer. „Dadurch dauert das Training nur unnötig lange und ich bin weit weg von meinem eigentlichen Ziel – dem Wettkampftempo.“ Wer so denkt, verbaut sich eine schnellere Leistungsentwicklung durch zu einseitiges und – vor allem – zu schnelles Lauftraining. Oft müssen wir die Teilnehmer bei unseren Running Camps vor allem bremsen! Das liegt an der sogenannten Grundlagenausdauer, der Basis unserer Leistungsfähigkeit. Je stabiler die Grundlagenausdauer ist, umso größer werden die Fortschritte in der direkten Wettkampfvorbereitung sein.

Daher sollte jede Vorbereitung mit einer speziellen Grundlagenperiode beginnen, in der verstärkt ruhige Dauerläufe im Bereich des Wohlfühltempos stattfinden, also zwischen 60 bis 75 Prozent des Maximalpulses. Denn in diesem Geschwindigkeitsbereich verbessern wir nicht nur unsere Ausdauerfähigkeit, sondern ökonomisieren auch unseren Energiestoffwechsel. Da uns Kohlenhydrate nur begrenzt zur Verfügung stehen, kommt es auf einen möglichst hohen Anteil des Fettstoffwechsels an unserem Energiemix beim Laufen an. Und den Fettstoffwechsel aktivieren und trainieren wir nur durch ruhige längere Läufe im niedrigen Belastungsbereich. Also: Pulsbereiche für das Grundlagentraining auf deiner Pulsuhr festlegen und an diese Grenzen halten! Denn langes, langsames Laufen macht auf Dauer schneller. Mit einem stabileren Grundlagenbereich kannst du anschließend mehr und effektivere intensive Trainingsreize setzen.

Einmal pro Woche Schwellentraining

Hast du schon einmal den Begriff Schwellentraining gehört? Alle Läufer, die auf Daten einer Leistungsdiagnostik zurückgreifen können, sollten in ihrer Auswertung auch einen Wert für die „Individuelle Anaerobe Schwelle“ (IAS) finden. Ab dieser Geschwindigkeit steht nicht mehr genügend Sauerstoff für eine saubere Energiebereitstellung zur Verfügung. Man könnte auch sagen, dass dieses Lauftempo zumindest mittelfristig zum Problem werden wird. Man verlässt den stabilen Bereich, in dem man noch viele Kilometer weiterlaufen könnte, und kommt an seine Grenzen. Damit ist die IAS eine der wichtigsten Informationen für Läufer, die sich gezielt verbessern wollen – unabhängig von Distanz oder Leistungsvermögen. Denn das Ziel von planmäßigem Lauftraining sollte die Verschiebung der IAS nach oben, also zu einer höheren Laufgeschwindigkeit sein.

Um die IAS aber langfristig verschieben zu können, muss man mindestens einmal pro Woche in diesem Belastungsbereich trainieren. Dann sind Trainingsinhalte wie Fahrtspiel, Intervall- und Tempowechselprogramme sowie der Tempodauerlauf gefragt. Welche Inhalte genau gefragt sind, hängt stark von der Wettkampfdistanz und dem Leistungsniveau ab. Für kürzere Distanzen eignen sich vor allem Intervallprogramme, in der Halbmarathon- und Marathonvorbereitung stabilisieren Tempodauerläufe oder Tempowechselprogramme die geplante Wettkampfgeschwindigkeit. Für alle die nicht auf aktuelle Daten einer Leistungsdiagnostik zurückgreifen können, kann man pauschal sagen, dass die IAS bei einem Tempo erreicht wird, das etwas langsamer ist als die Geschwindigkeit bei einem Wettkampf über 10 Kilometer. Mit dem Training in diesem Bereich entwickelst du dein Wettkampftempo und schaffst es, diese Geschwindigkeit länger durchzuhalten.

Ernährung und Training müssen passen

Um zu verstehen, wann und was du während Vorbereitung essen solltest, ist ein Blick auf den Energiestoffwechsel hilfreich. Grundsätzlich stehen uns zwei verschiedene Energieformen zur Verfügung. Ich vergleiche die Energiebereitstellung bei Ausdauerbelastungen gerne mit der Wirkungsweise eines Hybridfahrzeugs. Beim Auto ist der Verbrennungsmotor für höheres Tempo und lange Distanzen vorgesehen, der Elektroantrieb eher für die Stadt. Auch wir Läufer haben quasi zwei Tanks zur Verfügung. Einen kleinen und einen großen. Der Kohlenhydratstoffwechsel ist die effektivere Energieform, allerdings ist die speicherbare Energiemenge sehr begrenzt, da der dazugehörige Tank sehr klein ist. Wir können Kohlenhydrate nur in der Muskulatur und in der Leber als Glykogen speichern. Diese Energieform reicht maximal für 30 bis 45 Minuten intensiver Belastung. Deshalb müssen Läufer parallel auch Energie aus dem Fettstoffwechsel nutzen, der eigentlich nur bei niedrigen Belastungen beziehungsweise bei leeren Kohlenhydratspeichern aktiviert wird. Da es aber bei vollständig entleerten Glykogenspeichern zwangsläufig zu einem Leistungseinbruch kommt, sollten wir so lange wie möglich mit unserem Glykogen haushalten und einen effektiven Energiemix aus beiden „Tanks“ nutzen. Denn Fette stehen uns nahezu unbegrenzt zur Verfügung.

Das erreichen wir durch folgende Trainingsstrategie: Intensive Trainingseinheiten immer mit vollen Kohlenhydratspeichern absolvieren, bei langen Läufen gegebenenfalls Energie nachtanken. Ausreichend ruhige Läufe im Wohlfühltempo einbauen, da diese die Fettverbrennung aktivieren. Falls möglich auch den einen oder anderen Nüchternlauf einbauen, da dies zusätzlich die Fettverbrennung aktiviert. Wer bereits gute Erfahrungen mit dem Training vor dem Frühstück gemacht hat, kann die neue Sleep-Low-Strategie von Dr. Feil ausprobieren: Nach einem intensiveren Training am Abend (mit vollen Speichern) werden anschließend keine Kohlenhydrate zu sich genommen, anstatt dessen gibt es ein eher eiweißhaltiges Abendessen. So geht man mit leeren Speichern (im Training aufgebraucht und nicht nachgefüllt) ins Bett und läuft am Morgen vor dem Frühstück eine kürzere Einheit. Da kaum Kohlenhydrate zur Verfügung stehen, findet diese Einheit nahezu im reinen Fettstoffwechsel statt.

Nachtanken während des Wettkampfs

Da Kohlenhydrate uns zwar sehr effektiv mit Energie versorgen, aber nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, müssen wir uns über eine geeignete Versorgungsstrategie während des Wettkampfs Gedanken machen. Vor allem bei längeren Distanzen – damit ist alles gemeint, was über einen Halbmarathon hinausgeht – sollten wir rechtzeitig auf der Strecke „nachtanken“. Bei allen größeren Läufen werden normalerweise neben Mineralgetränken auch Gels an den Verpflegungsstationen angeboten. Am besten informierst du dich vorher, was und wie oft es auf der Strecke angeboten wird. Dann könntest du zum Beispiel vorab bei einem intensiven Training testen, ob du das Produkt auch unter Wettkampfbelastung verträgst. Mit diesen Gels kannst du während des Wettkampfs zumindest einen Teil der verbrauchten Energie wieder aufnehmen - und der Mann mit dem Hammer wartet erst im Ziel auf dich. Grundsätzlich musst du bei längeren Wettkämpfen und bei höheren Temperaturen beachten, dass du über den Schweiß sowohl viel Wasser als auch wichtige Mineralien (Salz) verlierst. Es gilt also, permanent nachzutanken – und zwar frühzeitig. Wenn der Durst kommt, ist es meistens schon zu spät.

Mentale Stärke entwickeln

Auch wenn die Beine noch so gut vorbereitet sind, oft entscheidet der Kopf, ob das angestrebte Ergebnis herausspringt oder nicht. Je näher der Wettkampf rückt, umso größer wird meist auch die innere Anspannung. Habe ich genug trainiert, warum fühle ich mich aktuell noch nicht super im Training, hoffentlich bleibe ich überhaupt gesund und wird das Wetter mitspielen? Befreie dich möglichst von allen negativen Gedanken und ignoriere Dinge, die du nicht beeinflussen kannst. Natürlich musst du deine Wettkampfstrategie an die Wetterlage anpassen, aber du musst dich nicht schon Tage vorher verrückt machen. Vielmehr solltest du mit Vorfreude in den Wettkampf gehen, auf das absolvierte Training vertrauen und positive Energie aus guten Ergebnissen ziehen. Am besten aus einem Testwettkampf circa drei bis vier Wochen vor deinem eigentlichen Hauptwettkampf. Mit einem starken Ergebnis auf einer kürzeren Distanz wird dein Selbstvertrauen auf jeden Fall steigen. Oder du holst dir durch eine zweite Leistungsdiagnostik am Ende der Vorbereitung das Ergebnis schwarz auf weiß. Durch bessere Werte und eine nach oben verschobene Individuelle Anaerobe Schwelle lässt sich dein gestiegenes Leistungsvermögen dokumentieren.

Versuche den Wettkampftag so entspannt wie möglich anzugehen, stehe rechtzeitig auf und begib dich rechtzeitig und ohne Stress zum Start. Natürlich steigt jetzt die Nervosität, aber spätestens mit dem Startschuss sollte dies überstanden sein. Dann heißt es das richtige Tempo zu finden: Suche dir möglichst eine Gruppe, die annähernd dein anvisiertes Tempo läuft. Teile dir die Strecke gedanklich in kürzere Abschnitte ein (zum Beispiel Verpflegungsstationen) und kontrolliere deine Zwischenzeiten. Das Wichtigste aber ist: Verliere auch beim Wettkampf niemals die Freude am Laufen, es ist schließlich dein Hobby und soll vor allem Spaß machen.

Zu guter Letzt: Tapering macht dich schneller

Das Zauberwort für die absolute Topleistung im Wettkampf heißt Tapering und umfasst die schrittweise Reduzierung des Trainings innerhalb der letzten zwei bis drei Wochen vor dem Wettkampf. Jetzt ist Regeneration angesagt, die Trainingsreize der letzten Wochen müssen vom Körper in Leistungsfähigkeit umgewandelt werden. Training ist wichtig, eine Topleistung kannst du aber nur bringen, wenn der Körper sich vor dem Wettkampf erholen kann. Jetzt werden die Energiereserven angelegt und die Muskulatur kann endlich einmal wieder durchatmen, bevor es im Wettkampf richtig zur Sache geht. Wie heißt es so schön: „Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht.“ Übersetzt heißt das: Zu hartes und zu viel Training kurz vor dem Wettkampf macht dich nicht schneller sondern langsamer. Wenn du den Trainingsumfang reduzierst und dich langsam vom harten Vorbereitungstraining erholst, solltest du jetzt spüren, wie es von Einheit zu Einheit besser läuft. Wenn sich jetzt das Gefühl einstellt: „Ja, ich bin bereit für den Wettkampf“, dann hast du alles richtig gemacht. Dann gehst du voller Selbstvertrauen und in Topform am Tag X an den Start.