© www.photorun.net

BMW Berlin-Marathon
US-Laufstar Keira D’Amato lebt ihren Traum und will nach sieben Jahren Pause den US-Rekord angreifen

| von Jörg Wenig

Keira D’Amato führt das Frauen-Elitefeld beim BMW Berlin-Marathon an, der am Sonntag mit 45.527 Läuferinnen und Läufern stattfindet. Hier lernst du die Läuferin mit der hollywoodreifen Story kennen.

Bezogen auf die Breite der erweiterten Spitze ist das Elitefeld der Frauen so stark besetzt wie nie zuvor in der Geschichte des BMW Berlin-Marathons, an dem in diesem Jahr Läuferinnen und Läufer aus 157 Nationen teilnehmen. Denn acht Läuferinnen gehen mit Bestzeiten von unter 2:23:00 Stunden an den Start. Eine von ihnen hat bereits die 2:20-Stunden-Barriere durchbrochen: Keira D’Amato ist mit ihrer Bestzeit von 2:19:12 Stunden die aktuelle US-Rekordlerin. „Ich würde in Berlin gerne schneller rennen“, sagte Keira D’Amato während der Pressekonferenz in Berlin. „Ein großes Rennen wie Berlin zu gewinnen ist ein Traum und ein großes Karriereziel.“

Keira D’Amato lebt gerade ihren Traum. Die zweigeteilte Karriere der US-Amerikanerin könnte auch der Stoff für einen Spielfilm werden. Als talentierte und aufstrebende College-Läuferin war es ihr großes Ziel, eines Tages für die USA bei den Olympischen Spielen im Marathon an den Start zu gehen. Doch eine Verletzung stoppte ihre Karriere. Sieben Jahre später kam sie zurück und schaffte einen sensationellen Aufstieg in die Weltklasse. Jetzt ist Keira D’Amato auf dem Weg, sich doch noch ihr Traumziel zu erfüllen: den Marathon-Olympia-Start im US-Trikot.

Keira D’Amato war eine erfolgreiche Läuferin in der Oberschule und in der Universität. Doch eine Kette von Verletzungsproblemen im Fuß stoppten ihre Karriere als sie 24 Jahre alte war und sie musste operiert werden. „Als ich nicht mehr lief, fühlte sich das merkwürdig an. Und ich fragte mich, wie das so schief gehen konnte, denn ich war mir sicher, dass ich Olympia erreichen würde“, erzählte Keira D’Amato in einem Gespräch mit der US-Zeitschrift Runner’s World.

Nach einer siebenjährigen Pause, während der sie geheiratet hatte, zwei Kinder bekommen hatte und als Immobilienmaklerin arbeitete, wollte sie es mit Anfang 30 noch einmal wissen. Sie kam zum Laufsport zurück, nachdem sie sich in den Jahren zuvor mit Radsport und auch Fußball (diesen Sport betrieb sie ursprünglich als Jugendliche) fit gehalten hatte. Zunächst ging es ihr in erster Linie darum, Gewicht zu verlieren. Doch bald wurde daraus das Ziel, einen Marathon zu laufen und es folgte ernsthaftes Training. „Der erste Trainingstag war hart. Ich glaube, ich bin nicht einmal drei Minuten am Stück gelaufen. Aber von Tag zu Tag wurde es besser und nach einiger Zeit lief ich viel schneller. Ich wollte dann mein Limit testen und mich stetig immer weiter verbessern“, schrieb Keira D’Amato auf ihrem Social-Media-Kanal. Ihren ersten Marathon lief sie 2017 in ihrer Heimatstadt Richmond (Virginia) in 2:47:00.

Es dauerte nicht mehr lange, dann gelang ihr ein Durchbruch nach dem anderen. Beim Berlin-Marathon 2019 steigerte sie sich um rund sechs Minuten auf 2:34:55 Stunden. „Ich hatte hier ein sehr gutes Rennen und deswegen bin ich jetzt auch wieder zurückgekommen. Die Strecke ist sehr schnell und wirklich extrem flach, alles ist prima organisiert und die Zuschauerunterstützung ist enorm“, sagt Keira D’Amato, die nach dem Rennen 2019 eine Serie von Bestzeiten über kürzere Distanzen lief und schließlich bei einem reinen Eliterennen in Chandler (USA) eine famose Steigerung im Marathon um rund zwölf Minuten auf 2:22:56 erreichte. Der nächste Sprung der inzwischen 37-Jährigen folgte wiederum gut ein Jahr später: Im Januar 2022 gewann Keira D’Amato den Houston-Marathon und lief den US-Rekord von 2:19:12.

Nach Houston sollte das nächste Rennen über die 42,195 km der BMW Berlin-Marathon werden. Doch am 1. Juli, nur zwei Wochen vor den Weltmeisterschaften in Eugene (USA), wurde sie für die Titelkämpfe nachnominiert, nachdem die Olympia-Dritte Molly Seidel verletzt ausgefallen war. Obwohl Keira D’Amato praktisch keine Vorbereitungszeit hatte, entschied sie sich für einen Start und belegte einen beachtlichen achten Platz. „Es war mein Traum eines Tages im US-Trikot starten zu können“, sagte Keira D’Amato, die von Scott Raczko trainiert wird, der sie bereits zu Uni-Zeiten betreute. Trotz des knappen Zeitabstandes zwischen dem Rennen bei der WM und dem in Berlin ist Keira D’Amato optimistisch, dass sie am Sonntag ein starke Leistung zeigen kann.

„Mein ganzes Leben lang war ich ,Keira, die Läuferin’. Dann wurde daraus ,Keira, die Läuferin, die nicht mehr läuft’. Das war eine Umstellung, aber es ist ein Grund, warum ich heute so stark und zuversichtlich bin“, erzählte Keira D’Amato. „Ich habe nichts zu verlieren, denn ich habe noch ein anderes Leben neben dem Sport. Durch diese Situation kann ich auch etwas riskieren ohne Angst haben zu müssen vor einem Scheitern. Alles was ich mir im ersten Teil meiner Karriere gewünscht hatte, erreiche ich jetzt. Ich habe mehr Spaß als je zuvor - und ich bin noch lange nicht am Limit.“