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Rekord-Hintergrund
Amanal Petros: In Kenia zu historischer Leistungsstärke

| von Jörg Wenig (Text) & Norbert Wilhelmi (Fotos)

Zwei Marathonrekorde und ein Halbmarathon-Rekord in zwölf Monaten - was Amanal Petros geschafft hat, ist einmalig in der deutschen Leichtathletik. Jetzt peilt er die EM 2022 in München an.

Drei bedeutende deutsche Rekorde hat Amanal Petros binnen eines Jahres gebrochen: Am Nikolaustag 2020 lief er beim Valencia-Marathon zunächst 2:07:18 Stunden, im Oktober brach er bei dem Halbmarathon in der spanischen Mittelmeerstadt mit einer Zeit von 60:09 Minuten den 28 Jahre alten nationalen Rekord von Carsten Eich, und nun kehrte Amanal Petros erneut nach Valencia zurück und steigerte sich im Marathon auf 2:06:26.

Das Ergebnis von Amanal Petros in Valencia birgt aber noch mehr Superlative: Der erst 26-jährige Läufer, der aus Eritrea stammt und als Jugendlicher nach Deutschland flüchtete, ist der erste deutsche Marathonläufer, der die 42,195 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 20,0 Stundenkilometern absolvierte. Und damit ist er auch der erste Deutsche, der einen Kilometerschnitt von ganz knapp unter 3:00 Minuten schaffte.

In Valencia endgültig zum EM-Medaillenanwärter geworden

Spätestens seit Sonntag zählt Amanal Petros zu den besten europäischen Marathonläufern. In der kontinentalen Jahresbestenliste belegt er Rang zwei. Ein Dreivierteljahr vor den Leichtathletik-Europameisterschaften in München zählt Amanal Petros zu den Medaillenkandidaten bei der EM „Der EM-Marathon bleibt mein großes Ziel im nächsten Jahr. Das wird mein Jahreshöhepunkt, ich werde vorher auch keinen weiteren Marathon mehr laufen“, sagt der Läufer des TV Wattenscheid, der von Tono Kirschbaum trainiert wird.

Zu seinen Trainingspartnern in Wattenscheid zählen mit Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid) und Tom Gröschel (TC Fiko Rostock) zwei weitere deutsche Top-Marathonläufer, die ebenfalls von Tono Kirschbaum betreut werden. Ein gemeinsames Training und eine direkte Anleitung seines Coaches ist allerdings selten geworden. Denn die meiste Trainingszeit des Jahres verbringt Amanal Petros inzwischen im kenianischen Höhentrainingscamp Iten, wo er ein ganz anderes Leistungsniveau erreicht hat. In Iten trainiert er gemeinsam mit einer Gruppe von internationalen Topläufern - unter anderen gehört der Schweizer Julien Wanders dazu. Diese Gruppe wird betreut vom italienischen Star-Trainer Renato Canova, der in den letzten Jahrzehnten reihenweise Langstreckenläufer in die Weltelite geführt hat.

Höhentraining in Kenia: Spaß mit den Kids, hartes Training in der Gruppe von Renato Canova

Renato Canova ist bekannt für sein hartes und erfolgreiches Trainingsprogramm. „Er schreibt die Trainingspläne für die Gruppe. Ich kommuniziere dann mit Tono und wir besprechen, was für mich am besten ist und welche Trainingseinheiten ich möglicherweise besser auslasse, weil sie nicht so gut passen für mich“, erzählt Amanal Petros. „Es ist wirklich hart, mit dieser Gruppe zu trainieren. Aber ich mache bestimmt 90 Prozent der Einheiten mit.“ Renato Canova hat also sicherlich einen Anteil am jüngsten Aufstieg von Amanal Petros.

Einen Marathon will Amanal Petros erst wieder in München bei den Europameisterschaften laufen. Dafür sollen im nächsten Jahr zunächst Rennen über kürzere Distanzen im Fokus stehen. Dazu gehören 10 km und Halbmarathon, aber auch die Bahn-Langstrecken. „Ich möchte über diese Distanzen meine Bestzeiten unterbieten“, sagt Amanal Petros, dessen 5- und 10-km-Zwischenzeiten beim Halbmarathon in Valencia mit 14:11 beziehungsweise 28:31 Minuten bereits schneller waren als seine Bestzeiten über diese Distanzen (14:17/28:49).

Mit einer besseren Grundschnelligkeit könnte sich Amanal Petros im Marathon noch weiter steigern. Schon jetzt hätte er allerdings etwas schneller laufen können, wenn die Wetterbedingungen günstiger gewesen wären. „Es war sehr schwierig, der Wind war extrem störend“, sagt Amanal Petros. „Zudem musste ich die letzten sieben Kilometer alleine laufen. Ich denke, dass ich bei guten Bedingungen rund eine Minute schneller gewesen wäre.“ Nach den Europameisterschaften im nächsten August in München könnte Amanal Petros vielleicht erneut zum Valencia-Marathon zurückkehren, um einen dritten Marathon-Rekord anzupeilen. „Ich fühle mich wohl in Valencia und die Strecke ist wirklich sehr schnell.“