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Cheat Days
Balsam für die Seele oder Stress für das Immunsystem?

| Text: Dr. Stefan Graf | Foto: Adobe Stock

Wenn man sich gesund ernährt, ist manchmal sündigen okay, oder? Eine Studie zeigt nun, dass schon kurzzeitiges Schlemmen negative Folgen hat. Ist das das Ende der Cheat Days?

Läuferinnen und Läufer achten oft auch auf eine gesunde Ernährung. Aber gelegentliche „Cheat Days“ mit Futtern nach Lust und Laune müssen doch auch mal sein. Dem sporadischen Junk-Food-Konsum wurden bislang keine gravierenden gesundheitlichen Folgen nachgesagt. Nun aber verleiht eine Studie des Universitätsklinikums Eppendorf dem Kurzzeit-Schlemmen einen bitteren Beigeschmack.

Offenbar schwächen bereits kurzzeitige Abweichungen von der gesunden Ernährungsroutine – explizit eine ballaststoffarme Kost mit hohem Fettanteil – das Immunsystem. Das Forschungsteam untersuchte an Mäusen sowie mit menschlichen Testpersonen die Wirkung einer mehrfach wiederholten kurzzeitigen Umstellung von einer ausgewogenen auf eine fettig-ballaststoffarme Ernährung.

Unerwartet schnelle Veränderung der Darmflora

Bei Maus und Mensch kam es in den kurzen „Junkfood“-Phasen zu einer unerwartet schnellen Veränderung der Darmflora, also des Musters der Mikroorganismen, die den Darm besiedeln. Am auffälligsten war eine Reduktion von Bakterien, die Ballaststoffe aus Vollkornprodukten, Obst und Gemüse zu kurzen Fettsäuren abbauen.

Letztere wurden in den letzten Jahren als wichtige Modulatoren für die Arbeit des Immunsystems identifiziert. Über diesen Stoffwechselweg sind Ballaststoffe somit hoch relevant für die Leistung des gesamten Immunsystems bei der Bekämpfung von Krankheitserregern sowie bei Regenerations- und Heilungsprozessen.

Schwächung des Immunsystems kann schnell wieder verschwinden

Bereits der erste Umstieg auf ballaststoffarme/fettreiche Kost führte zur Verminderung der Immunstärke, was sich unter anderem in erhöhter Infektionsanfälligkeit widerspiegelte. Die Ursache sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Drosselung der Aktivität spezieller Immunzellen (CD4+-T-Lymphozyten) als Reaktion auf den Mangel an Ballaststoffen bzw. den daraus produzierten kurzen Fettsäuren.

Nach Beendigung der Schlemmerphase erholte sich mit Zufuhr gesunder ballaststoffreicher Nahrung das CD4+-System und die Immunität fand zu alter Stärke zurück. Die Conclusio: Kurzfristige Umstellungen auf „ungesunde“ Ernährung führen zu einer vorübergehenden Schwächung des Immunsystems, die bei der Trainingsbelastung aufgrund der beeinträchtigten Regerations- und Heilungskompetenz berücksichtigt werden sollte.

Nie mehr schlemmen?

Die Befürchtung, die Studie könnte gesundheitsbewussten Sportlerinnen und Sportlern jedwede „Nasch- und Pizza-Pommes-Tage“ vermiesen, kann entkräftet werden. Sonst leistungsstarke Immunsysteme erholen sich folgenlos von gelegentlichen kulinarischen Verfehlungen.

Gesunde Ernährung schließt sporadisches Über-die-Stränge-Schlagen nicht aus, zumal eine gute psychische Verfassung ihrerseits immunstärkend wirkt. Ergo: Man muss auch mal gönnen können – auch sich selbst!