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Nachwuchs-Talentecamp in St. Moritz
Die Schweizer Sportmarke On zeigt dem Lauf-Nachwuchs Möglichkeiten auf

| Text: Anja Herrlitz | Fotos: On

Was bedeutet es, Profi-Sportler zu sein und wie trainieren sie? Der Sportartikelhersteller On hat es Nachwuchs-Lauftalenten ermöglicht, dies in einem Trainingscamp zusammen mit Profis zu erleben.

Es ist Freitagmorgen Mitte Oktober in den Schweizer Alpen. Der Wald hinter dem Sportplatz im schweizerischen St. Moritz ist in wunderschöne Gelb- und Rottöne getaucht, darüber ein leichter Wolkenstreifen und die Berge. Romantischer Indian Summer at its best. Doch die Läuferinnen und Läufer auf der Kunststoffbahn haben einen ganz anderen Fokus als die wunderschöne Natur im Hintergrund.

Sie trainieren hier Tag für Tag für ihren Traum. Für den Traum von schnellen Zeiten, Starts bei internationalen Meisterschaften. Von Medaillen, wenn es gut läuft. Dafür legen sie unzählige Kilometer zurück, zu Fuß und mit dem Rad in den Wäldern und rund um den St. Moritzersee. Dafür gibt es Speedsessions auf der Bahn, Einheiten im Kraftraum und im Schwimmbad. Und vieles mehr.

Große Unsicherheit: Lohnt sich der Schritt in den Profi-Sport?

Profi-Sportler werden vor allem dann wahrgenommen, wenn sie erfolgreich sind und nicht, wenn sie trainieren. Man sieht sie meist dann, wenn sie Titel und Medaillen gewinnen – am besten auf europäischer oder globaler Ebene. Die Grundlagen hierfür werden im Training gelegt, und das auch viel früher. Oft schon im Jugendbereich, oder dann, wenn die Athletinnen und Athleten die Schule beenden.

Für viele ist gerade dann aber die Unsicherheit groß: Wagen sie wirklich den Schritt in den Profi-Sport? Und was bedeutet es überhaupt, Profi-Sportler oder -Sportlerin zu sein? Kann man davon leben? Oder entscheidet man sich nicht doch lieber für den sichereren Weg eines Studiums oder einer Ausbildung.

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Profis und Talente trainieren zusammen in St. Moritz

Der Schweizer Sportartikelhersteller On hat erkannt, dass Athletinnen und Athleten hier Unterstützung brauchen. Bereits zu Beginn des Jahres 2022 gründete On deshalb den On Athletics Club (OAC) Europe. In ihm trainieren neun junge Sportlerinnen und Sportler zwischen 19 und 25 Jahren aus sieben verschiedenen europäischen Ländern. Sie alle haben in der Jugend schon Erfolge gefeiert und stehen nun davor, sich auch bei den Erwachsenen international zu etablieren. Sie bekommen im OAC Europe die optimale Unterstützung auf ihrem sportlichen Weg.

Im Herbst ging On noch einen Schritt weiter. In St. Moritz, wo sich das OAC Europe oft in der Höhe von rund 1800 Metern aufhält, konnten zehn Nachwuchstalente im Alter von 14 bis 19 Jahren aus Deutschland und Schweiz für zwei Wochen zusammen mit den Mitgliedern des OAC Europe trainieren. Und so einen Einblick bekommen, was es bedeutet, Laufen nicht nur als Hobby, sondern professionell zu betreiben.

Ich will auf jeden Fall auch nach der Schule weiterlaufen und ins Studium und am besten auch in das Berufsleben integrieren. Deswegen war dieses Camp auch eine riesige Chance, die ich unbedingt wahrnehmen wollte. Ich habe im Camp nur positive Eindrücke gesammelt.

Linda Meier, 18 Jahre
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Thomas Dreißigacker: „Immer schwieriger, junge Menschen für den Leistungssport zu motivieren.“

„Ich denke es wird immer schwieriger, junge Menschen für den Leistungssport zu motivieren“, meint Thomas Dreißigacker. Der 35-Jährige ist Cheftrainer des OAC Europe und weiß, wovon er redet. Er war selbst erst Nachwuchsbundestrainer und später Leitender Bundestrainer für den Lauf- und Gehbereich im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).

„Es gibt viele andere Dinge, die junge Menschen interessieren. Wir wollen ihnen mit diesem Trainingscamp zeigen, dass es die Chance gibt, Sport professionell zu betreiben und dass man es schaffen kann.“ Dabei gehe es erst einmal nicht darum, ob sie den Weg mit On, einem anderen Hersteller oder ganz individuell gehen. Möglichkeiten und Optionen aufzeigen – darum geht es.

Ich bin 2021 und 2022 Deutsche Jugend- und Schülermeisterin geworden und habe dieses Jahr an der U18-EM teilgenommen. Deswegen will ich Laufen jetzt leistungsmäßig betreiben und vielleicht auch zu meinem Beruf machen. Das Camp war für mich ein guter Einblick, wie das später auch für mich sein könnte.

Emie Lotta Berger, 16 Jahre
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Keine Konkurrenz zu Verbänden in Deutschland und der Schweiz

Ausgewählt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Nachwuchs-Talentcamps in Kooperation mit den nationalen Verbänden und deren Bundestrainern in Deutschland und der Schweiz. „Uns war wichtig, dass die Verbände unser Camp als zusätzliches Angebot und nicht als Konkurrenz sehen“, erklärt Niklas Bühner, Athlete Partnership Manager & OAC Europe bei On. Und Thomas Dreißigacker fügt hinzu: „Wir verfolgen die gleichen Ziele wie die Verbände – wir wollen junge Athletinnen und Athleten auf ihrem Weg unterstützen.“

Und so trainierten nun zehn Lauftalente zusammen mit den Profis des OAC Europe. Zu denen gehört beispielsweise Robert Farken. Der 25-Jährige steigerte sich im vergangenen Jahr über 1500 Meter auf 3:34,64 Minuten und war bereits fünfmal Deutscher Meister bei den Erwachsenen. „Ich denke es ist für die Nachwuchsathletinnen und -atheten auch toll, den Kontakt zu den Profis zu haben und auch mal zwischendurch beim Training eine Frage stellen zu können“, meint Thomas Dreißigacker. „Vielleicht ist es für manche eine Art ‚Öffner‘. Sie sehen, was möglich ist und haben dann richtig Bock drauf.“

Seit fünf Jahren gehe ich auf ein Sportinternat und seitdem betreibe ich Sport auch mit Leistungsgedanken. Nach dem Abi im nächsten Jahr will ich auf jeden Fall weiter laufen und es dann auch möglichst professionell betreiben.

Julia Rath, 18 Jahre
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Umfangreicher Input über das Laufen hinaus

Neben dem gemeinsamen Training gab es noch weiteren Input wie Ernährungsberatung, Media-Schulung, Social Media-Workshop und Austausch mit einem Mentaltrainer. „Hier ist alles sehr viel professioneller, als ich es kenne. Wir haben richtig viele Infos rund ums Laufen bekommen. Das war richtig cool“, meinte die 18-jährige Helena Schenk.

Und vielleicht werden sie dann ja irgendwann einmal Teil des OAC Europe – auch wenn das Talentecamp ausdrücklich nicht als Auswahlverfahren für das Team gedacht ist. Mit der Entwicklung des Profiteams sind sowohl Thomas Dreißigacker als auch Niklas Bühner sehr zufrieden. „So etwas wie das OAC gab es vorher in Europa ja noch nicht. Wir haben uns etwas an Profiteams in den USA orientiert und haben versucht, es für Europa anzupassen“, sagt Niklas Bühner.

Hauptunterschied zu den USA sei, dass die Athletinnen und Athleten dort vom College in Profiteams wechseln und dadurch schon älter und erfahrener sind, als es die Teams des OAC Europe sind. „Daher betreiben wir auch ein bisschen Learning by Doing und passen immer mal Kleinigkeiten an. Aber der Großteil unserer Idee ist voll aufgegangen.“

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Besonders wichtig: Alle Team-Mitglieder sollen sich wohlfühlen

Im Sommer trainiert das Team meist zusammen in St. Moritz, im Winter in Südafrika in der Höhe. Und zwischendurch auch immer mal in Leipzig oder Berlin. „Das Team hat sich sehr schnell gefunden und wir haben eine sehr gute Stimmung unter den Athletinnen und Athleten“, meint Thomas Dreißigacker. Und gerade dieses Wohlfühlen war den Verantwortlichen von Beginn an immer sehr wichtig – vor allem, weil es sich noch um junge Athletinnen und Athleten handelt.

Deswegen fahren die Team-Mitglieder auch immer mal wieder nach Hause zu ihren Familien. „Wenn man mit ihnen von einem Camp ins nächste fahren würde und sie elfeinhalb Monate im Jahr unterwegs sind – das kann mal ein, zwei Jahre gutgehen. Wir planen aber langfristig und gehen das Projekt deswegen nachhaltig an“, erklärt Thomas Dreißigacker. Und da gehört unabdingbar dazu, dass sich alle wohlfühlen.

Alle Gründungsmitglieder gehen mit einer Bestleistung aus der ersten gemeinsamen Saison

Alle fünf Gründungsmitglieder des Teams haben die Saison mit mindestens einer Bestleistung abgeschlossen – auch das ein Indiz dafür, dass der Trainerwechsel geklappt hat und sie sich wohlfühlen. Mittlerweile besteht das Team aus neun Mitgliedern, ein bis drei weitere Läuferinnen und Läufer kann sich Thomas Dreißigacker noch vorstellen. Und auch das Team rund um das Team ist gewachsen: Es gibt mittlerweile einen Teamarzt, der auch bei Ernährungsfragen berät, und einen Mental-Coach. „Wir wollen wirklich alles abdecken, was für Athleten notwendig ist“, so Thomas Dreißigacker.

Derzeit bereiten sich einige Team-Mitglieder auf die Cross-EM vor. Die meisten machen eine Hallensaison mit der Hallen-EM. Im Sommer liegt für die jüngeren der Fokus auf der U23-EM und für die älteren auch schon die WM in Budapest. Mittel- und langfristig sind die Olympischen Spiele 2024 und 2028 das Hauptziel.

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Robert Farken will wieder durchstarten

Die WM im kommenden Jahr und auch Olympia im Jahr danach sind auch die Ziele von Robert Farken. Im vergangenen Jahr hatte er sich im Freien auf 3:34,64 Minuten und dieses Jahr in der Halle auf 3:35,44 Minuten gesteigert, womit er auf Platz zwei der ewigen deutschen Hallen-Bestenliste über 1500 Meter rangiert. Dann wurde er von einer Stressreaktion im Hüftbereich ausgebremst. Eine langwierige Verletzung, wegen der er die WM und Heim-EM in München verpasste.

Jetzt ist er wieder absolut fit und hat keine Zweifel daran, im kommenden Sommer nahtlos an seine Leistungen anknüpfen zu können. Eine Zeit von 3:32 oder sogar 3:31 Minuten sind sein Ziel. „Ich weiß aber, dass man so etwas nicht planen kann“, sagt er. „Ich werde in die Rennen gehen, versuche sie zu gewinnen und wenn es passiert, dann passiert es.“

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Glücklich über die Unterstützung von On

Mittel- und langfristig will er bei internationalen Meisterschaften um Medaillen mitreden. „Planen kann man so ein Rennen nicht, aber ich möchte bereit sein, wenn sich die Situation ergibt. Und dafür muss ich ein Niveau von unter dem deutschen Rekord haben.“ Den hält seit 1980 Thomas Wessinghage mit 3:31,58 Minuten. „Und als Teil des OAC habe ich jetzt ein Setup, bei dem es keine Ausreden mehr gibt.“

So eine Zusammenarbeit wie mit On habe er noch nicht erlebt. Wenn ein Teammitglied verletzt, wenn man aus irgendeinem Grund später ins Trainingslager anreisen könne oder andere Probleme auftreten, „wird nicht lange nachgedacht, sondern direkt geholfen. Wir können uns weitestgehend auf den Sport konzentrieren, alles drumherum wird uns weitestgehend abgenommen. Mit dieser Sicherheit durchs Training zu gehen, ist sehr schön.“ Und vielleicht wird diese Förderung ja auch das eine oder andere Nachwuchstalent in Zukunft erleben.

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