© imago images/Bildbyran

Olympische Spiele
Die Vorschau auf die Laufwettbewerbe am Freitag

| von Jörg Wenig

Am morgigen Freitag (30. Juli) beginnen auch in der Leichtathletik die Olympischen Spiele. Wir blicken auf die Laufwettbewerbe, mit denen die Wettkämpfe im Olympiastadion von Tokio starten.

Es sind Olympische Spiele wie nie zuvor, die noch bis zum 8. August in Japan stattfinden. Ohne Zuschauer und mit vielen Corona- und Hygieneregeln werden die Wettkämpfe veranstaltet. Ab morgen, Freitag (30. Juli) beginnen auch die Leichtathletik-Wettbewerbe, von denen das Gros im Olympiastadion von Tokio stattfindet, das normalerweise 68.000 Zuschauern Platz geboten hätte. Aufgrund der klimatischen Situation hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter anderen die Marathonläufe ins nordjapanische Sapporo verlegt. Wir blicken täglich auf die Laufwettbewerbe voraus, die jeweils am folgenden Tag auf dem Programm stehen und die du entweder im Fernsehprogramm oder im Internetstream von ARD und ZDF alle live verfolgen kannst.

Von den zwölf olympischen Laufdisziplinen hatten die Kenianer vor fünf Jahren bei den Spielen in Rio die Hälfte gewonnen. Doch in verschiedenen Wettbewerben ist es inzwischen deutlich enger an der Weltspitze, so dass es schwieriger wird für die Laufnation Nummer eins, diesen Erfolg zu wiederholen. 18 deutsche Läufer werden in Japan an den Start gehen, darunter alleine sechs im Marathon. Die besten Chancen hinsichtlich einer sehr guten Platzierung hat sicherlich die 3.000-m-Hindernisläuferin Gesa Krause (Eintracht Frankfurt). Sie hatte vor zwei Jahren bei den Weltmeisterschaften die Bronzemedaille gewonnen. Sie tritt am Sonntag (1. August) zum Vorlauf an.

10.000 Meter der Männer: Wer tritt die Nachfolge von Mo Farah an?

  • Finale: 30. Juli | 13:30 Uhr
  • Olympiasieger 2016: Mo Farah (Großbritannien)
  • Weltrekord: 26:11,00 Joshua Cheptegei (Uganda/2020)
  • Deutscher Rekord: 27:21,53 Dieter Baumann (Bayer Leverkusen/1997)

Immer wieder lieferten sich bei großen Meisterschaften die besten Langstreckler aus Kenia und Äthiopien packende Kämpfe um die Goldmedaillen. Der Brite Mo Farah, der über 10.000 m die Qualifikation verpasste, konnte diese Vormachtstellung bei den Olympischen Spielen 2012 und 2016 mit seinen Triumphen unterbrechen. Doch nun sind in Tokio wieder die Läufer aus Afrika die großen Favoriten. Aus dem jahrelangen Zweikampf Kenia gegen Äthiopien dürfte im 10.000-m-Finale ein Dreikampf werden. Denn die Athleten aus Uganda haben in den letzten Jahren erheblich aufgeholt. Sie stellen mit Joshua Cheptegei nicht nur den aktuellen Weltmeister und Weltrekordler über 10.000 m sondern mit dem erst 20-jährigen Jacob Kiplimo auch den weltweit schnellsten Läufer über diese Strecke in diesem Jahr. Kiplimo, der auch der aktuelle Halbmarathon-Weltmeister ist, führt die Jahresbestenliste mit 26:33,93 Minuten an.

Aus Äthiopien sind wohl Selemon Barega und Yomif Kejelcha am stärksten einzuschätzen. Sie liefen in diesem Jahr bei den äthiopischen Olympia-Ausscheidungen, die im holländischen Hengelo stattfanden, hochklassige Zeiten von 26:49,51 beziehungsweise 26:49,73.

Kenias Weltklasseläufer Geoffrey Kamworor war gerade rechtzeitig für das olympische Ausscheidungsrennen wieder in Form gekommen, musste nun aber kurzfristig passen: Nachdem er in Nairobi das 10.000-m-Rennen in 27:01,06 Minuten gewonnen hatte - dies ist angesichts der leistungsmindernden Höhenluft eine sehr starke Zeit -, stoppte ihn eine Knöchelverletzung kurz vor seinem Olympia-Start. Vor gut einem Jahr hatte Geoffrey Kamworor, der 2019 einen Halbmarathon-Weltrekord (58:01 Minuten) aufgestellt hatte und dann den New York-Marathon gewann, bereits Pech, als er beim Training von einem Motorradfahrer angefahren wurde und dann lange Zeit verletzt ausgefallen war. Für Geoffrey Kamworor wird offenbar Kenias 10-km-Straßenlauf-Weltrekordler Rhonex Kipruto (26:24 Minuten) in Tokio an den Start gehen. Er hatte ursprünglich überraschend die Qualifikation für Olympia verpasst.

Während über 10.000 m kein deutscher Läufer die Qualifikationszeit unterbieten konnte, ist dem Schweizer Julien Wanders eine sehr gute Platzierung zuzutrauen. Er könnte danach vielleicht auch noch über 5.000 m an den Start gehen.

© imago images/Futureimage

800 Meter der Frauen: Wie weit kommen Katharina Trost und Christina Hering?

  • Vorläufe: 30. Juli | 2:55 Uhr
  • Halbfinale: 31. Juli | 13:50 Uhr
  • Finale: 3. August | 14:25 Uhr
  • Olympiasiegerin 2016: Caster Semenya (Südafrika)
  • Weltrekord: 1:53,28 Jarmila Kratochvilova (Tschechische Republik/1983)
  • Deutscher Rekord: 1:55,26 Sigrun Wodars (SC Neubrandenburg/1987)

Es zeichnet sich hier ein sehr enges Rennen unter jenen acht Läuferinnen ab, die das Finale erreichen werden. Die bisher schnellste Zeit des Jahres ist eine US-Amerikanerin gelaufen: Athing Mu gewann die Olympia-Trials in Eugene in 1:56,07 Minuten. Der erst 19-Jährigen gelang in diesem Jahr ein großer Durchbruch, nachdem ihre Bestzeit Ende 2020 noch bei 2:01,17 stand.

Es gibt ein paar Läuferinnen, die in dieser Saison Zeiten von unter 1:57 erreicht haben und zu den Medaillenkandidatinnen zählen. Dies ist zum Beispiel Werkwuha Getachew, die für Äthiopien die erste olympische 800-m-Medaille bei den Frauen gewinnen könnte. Sehr überraschend verbesserte sich auch die Kubanerin Rose Almanza auf eine Zeit von unter 1:57. Sie konnte bisher bei globalen Titelkämpfen noch keine Rolle spielen. Für eine Überraschung gut ist vielleicht die Britin Jemma Reekie, die sich in diesem Jahr auf 1:56,96 verbesserte.

Mit Christina Hering und Katharina Trost (beide LG Stadtwerke München) starten zwei deutsche Läuferinnen über 800 m in Tokio. Für beide ist es sicherlich das Ziel, das Halbfinale zu erreichen. Dies scheint möglich, wenn sie nicht gerade einen besonders stark besetzten Vorlauf zugelost bekommen.

© imago images/Action Plus

5.000 m der Frauen: Sifan Hassan favorisiert

  • Vorläufe: 30. Juli | 12:00 Uhr
  • Finale: 2. August | 14:40 Uhr
  • Olympiasiegerin 2016: Vivian Cheruiyot (Kenia)
  • Weltrekord: 14:06,62 Letesenbet Gidey (Äthiopien/2020)
  • Deutscher Rekord: 14:26,76 Konstanze Klosterhalfen (Bayer Leverkusen/2019)

Sifan Hassan ist zurzeit für drei Strecken gemeldet: 1.500 m, 5.000 m und 10.000 m. Ein Dreifach-Start ist jedoch kaum realistisch, und die meisten erwarten, dass sich die Holländerin für die beiden Langstrecken entscheidet. Bei der WM vor zwei Jahren hatte die gebürtige Äthiopierin allerdings als erste Frau Goldmedaillen über 1.500 und 10.000 m gewonnen.

Während die frühere Äthiopierin zumindest zweimal starten wird, machen es ihre Ex-Landsfrauen aller Voraussicht nach anders: Die beiden voraussichtlich stärksten Äthiopierinnen sollen sich offenbar aufteilen. Über 5.000 m wird dadurch die aktuelle Weltrekordlerin Letesenbet Gidey nach dem derzeitigen Stand nicht zu sehen sein. Dafür schicken die Äthiopier Gudaf Tsegay ins Rennen. Die 24-Jährige überraschte in diesem Jahr mit einer Kette von Weltklassezeiten und einer enormen Bandbreite - von 800 bis 10.000 Meter.

Während sich ein Duell zwischen Sifan Hassan und Gudaf Tsegay abzeichnet, startet für Kenia unter anderen die erfahrene Hellen Obiri. Sie ist die aktuelle Weltmeisterin über 5.000 m. Zu den Europäerinnen, denen man eine gute Platzierung im Finale zutrauen kann, zählen Eilish McColgan (Großbritannien), Karoline Grovdal (Norwegen) und Yasemin Can (Türkei), die ebenso wie Sifan Hassan aus Äthiopien stammt. Über 5.000 m wird in Tokio keine deutsche Läuferin am Start sein.

© imago images/Beautiful Sports

3.000 m Hindernis der Männer: Finaleinzug von Karl Bebendorf wäre eine Sensation

  • Vorläufe: 30. Juli | 2:00 Uhr
  • Finale: 2. August | 14:15 Uhr
  • Olympiasieger 2016: Conseslus Kipruto (Kenia)
  • Weltrekord: 7:53,63 Saif Saaeed Shaheen (Katar/2004)
  • Deutscher Rekord: 8:09,48 Damian Kallabis (SCC Berlin/1999)

Könnte in Tokio die jahrzehntelange olympische Dominanz der Kenianer über die Hindernisstrecke enden? Seit 1984 stellt Kenia ununterbrochen den Olympiasieger über 3.000 m Hindernis. Doch im Olympiajahr haben die Kenianer ein Problem: Ihr bester Mann, Olympiasieger und Weltmeister Conseslus Kipruto, muss sich einer Anklage erwehren und ist derzeit offenbar nur aufgrund einer Kautionszahlung auf freiem Fuß. Zuletzt war er nicht in Form und verpasste bei den Trials in Kenia die Olympia-Qualifikation. Er könnte aber kurzfristig noch nachnominiert werden. Leonard Bett und Abraham Kibiwot sind die derzeit wohl stärksten Kenianer über die Hindernisse.

Noch bis vor wenigen Wochen schienen die Kenianer mit dem stärksten äthiopischen Läufer, Getnet Wale, einen Konkurrenten zu haben, den sie nur schwer schlagen können. Doch der Äthiopier entschied sich für einen Start über 5.000 m in Tokio. Dennoch ist damit zu rechnen, dass es ein engeres Rennen für die Kenianer wird. Die Äthiopier haben in den letzten Jahren aufgeholt, zudem ist mit dem Marokkaner Soufiane El Bakkali zu rechnen.

Der einzige deutsche Starter in diesem Wettbewerb ist Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898). Der 25-Jährige schaffte haarscharf die Qualifikation über die undurchsichtige Weltrangliste, nachdem er mit einer starken Steigerung auf 8:23,28 Minuten die internationale Norm knapp verpasst hatte. Für Karl Bebendorf geht es in erster Linie darum, Erfahrung zu sammeln und einen guten Vorlauf zu rennen. Denn die Qualifikation für das Finale ist unter normalen Umständen nicht möglich.