© Al Mouj Muscat Marathon

Muscat-Marathon im Oman
Marathon im arabischen Königreich

| Text: Stefan Schlett | Fotos: Al Mouj Muscat Marathon

Das Sultanat Oman, eine von sechs absoluten Monarchien der Welt, ist ein Land zwischen alten Traditionen und neuen Industrien. Stefan Schlett hat die Hauptstadt Muscat beim Muscat-Marathon erkundet.

Den ersten Rekord hatte ich bereits vor dem Start in der Tasche. Von der Landung im Oman bis ins Hotelzimmer brauchte ich genau 55 Minuten. Nach der Ankunft am relativ neuen, erst im März 2018 eröffneten Terminal des Muscat International Airport am frühen Abend wurden die wenigen Passagiere von verschwenderisch großzügig und dekorativ gestalteten Hallen und Gängen mit ihrer ultramodernen Architektur empfangen.

Unzählige Plakatwände kündigen die Auftritte von internationalen Stars und Ensembles am Royal Opera House Muscat an. Wie überall in den Golfstaaten setzt man auch im Oman mittlerweile unter anderem auch auf Kultur, Sport und Tourismus, um sich für die Zeit nach dem Ölboom zu wappnen.

Der Marathon wirft seine Schatten voraus

In wenigen Minuten hat der Beamte von der Einwanderungsbehörde das Visa in den Pass gerammt, dahinter kreist schon der Koffer auf dem Gepäckband, am Ausgang wartet der Shuttle zum Hotel. Dieses befindet sich im zehn Minuten entfernten Stadtteil Al Mouj (zu Deutsch: „die Welle“), einem Vorort der Hauptstadt Maskat (englische Schreibweise Muscat). Dieser konzentriert sich rund um den Jachthafen und entstand erst ab 2005.

Hier findet auch der Marathon statt, die mit Abstand größte Laufveranstaltung im Land. Schon der mehrspurige Highway zwischen Flughafen und Al Mouj war mit großen Plakatwänden gepflastert, die das zweitägige Lauffestival ankündigen. Dazu stressfreier Verkehr, alles sauber und aufgeräumt.

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2020 erstmals mehr als 10.000 Teilnehmende

Aber all die vielen positiven ersten Eindrücke erhalten dann doch einen kleinen Dämpfer. Kurz vor der Ankunft in Al Mouj rückt das Logo einer großen amerikanischen Fastfoodkette in den Fokus. Ernüchterung! Ganz so jungfräulich ist der Oman eben doch nicht mehr. Dabei hat doch die arabische Welt eine so großartige und vielfältige Esskultur, dass sie das gar nicht nötig hätte …

Von 135 Teilnehmenden bei der Premiere 2012, die auf eine Initiative der Muscat Road Runners zurückzuführen war, wurde bei der letzten Veranstaltung im Februar 2020 erstmals die 10.000-Teilnehmenden-Marke geknackt. Sieben Distanzen werden bei der Veranstaltung angeboten, wobei der namensgebende Marathon mit der geringsten Teilnehmendenzahl lediglich den Status eines Nebenwettbewerbs hat, bei dem allerdings die meisten Preisgelder ausgeschüttet werden.

© Al Mouj Muscat Marathon

Start im Morgengrauen

Morgens um sechs starteten, noch im Dunkeln, knapp 1000 Marathon- und Halbmarathonläuferinnen und -läufer gemeinsam. Zwei Stunden später machten sich noch einmal 1500 über die zehn Kilometer auf den Weg. Hohe Luftfeuchtigkeit herrschte von Beginn an, im Laufe des Tages stieg dann die Temperatur bei wolkenlosem Himmel auf 32° Celsius. Trotzdem ist es kein Vergleich zu den Sommermonaten, wo das Thermometer auf über 50° Celsius klettern kann und eine solche Veranstaltung nicht möglich wäre.

Aus dem Wohngebiet heraus wurde zunächst durch einen riesigen Golfplatz und dann auf der gesperrten Hauptstraße am Flugplatz vorbei wieder zurück zum Startareal gelaufen. Nicht besonders sexy, aber dafür flach, schnell und verkehrsfrei. Der zweite Teil, ein Wendepunktkurs an der Seeb Corniche entlang der Küste, mit einem weitläufigen Sandstrand und dem Golf von Oman, war da schon interessanter.

Geografische Lage des Oman

Das Sultanat Oman liegt im Südosten der Arabischen Halbinsel. Im Nordwesten grenzt es an die Vereinigten Arabischen Emirate, im Westen an Saudi-Arabien und im Südwesten an Jemen. Der Oman hat eine lange Küste am Indischen Ozean und am Golf von Oman sowie eine kurze Küste am Persischen Golf. Das Sultanat Oman wird wegen seiner landschaftlichen Reize als Juwel des Orients bezeichnet und aufgrund seiner politischen Neutralität auch die Schweiz Arabiens genannt.

Oman, das vom Weltwirtschaftsforum als viertsicherstes Land der Welt für Besucher eingestuft wurde, bietet eine einzigartige Mischung aus Meer, Bergen, Wüste, uralten Kulturen und zeitgenössischer Weltoffenheit.

© Al Mouj Muscat Marathon

Vorbei an der Fatma Al Said-Moschee

Die große Fatma Al Said-Moschee mit ihrer eleganten Architektur dominierte hier die Skyline. Die gesamte Strecke war zwar weitgehend ohne Zuschauer, dafür aber durch die Ruhe umso meditativer, lediglich unterbrochen von lebhaften und sehr gut bestückten Verpflegungsposten. Mit einer für die klimatischen Verhältnisse respektablen Zeit von 2:17:57 Stunden gewann der Kenianer Eluid Too, während seine Landsfrau Sophy Chepchirchir auf dem 5. Gesamtplatz in 2:36:20 Stunden den Damensieg holte. Beide erhielten dafür ein Preisgeld von jeweils 4000 US-Dollar.

Für die Kinderläufe am Samstag war ein kompletter Tag reserviert. Zu Recht, denn mit 1800 Anmeldungen über Distanzen von eins, zwei und drei Kilometer für die Altersstufen von sieben bis zwölf Jahren, war dies eine teilnehmerstarke Kategorie. Was für ein Rummel! Volksfeststimmung, Gewusel, nervöse Bambinis und noch nervösere Eltern – eine faszinierende Stimmung!

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Kinder und Jugendliche sind begeistert dabei

Bereits am frühen Morgen durften sich über 2000 Läuferinnen und Läufer ab zwölf Jahren beim Fünf-Kilometer-Charity-Fun Run austoben. Gerade solche Ereignisse sind definitiv ein Indikator, dass die Laufkultur sich auch in der konservativ geprägten islamischen Welt immer mehr durchsetzt und akzeptiert wird. Die offizielle Statistik warf abschließend 5982 Finisher und Finisherinnen aus 99 Ländern aus. Die hohe Anzahl an Nationalitäten ist auch dem großen Anteil ausländischer Arbeitender und Expatriates geschuldet, die fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung von 4,6 Millionen ausmachen.

Der Oman

Das Sultanat Oman im Südosten der arabischen Halbinsel ist eine von sechs absoluten Monarchien auf der Welt. Die anderen sind: Brunei, Vatikanstadt, Saudi-Arabien, Eswatini und Katar. Der Oman wurde seit 1970 von Sultan Qabus ibn Said bis zu seinem Tod im Januar 2020 regiert. Er war nach Elizabeth II in England (1952-2022) und Hassanal Bolkiah, dem Sultan von Brunei (seit 1967), das Staatsoberhaupt mit der drittlängsten Amtszeit weltweit. Erst als er seinen Vater 1970 abgesetzt hatte, wurde die Sklaverei abgeschafft, Reisebeschränkungen aufgehoben, die Infrastruktur ausgebaut und mit den Gewinnen aus der Erdölförderung das Land aus dem Mittelalter in die moderne geführt.

Qabus, der bei der Bevölkerung ein hohes Ansehen genoss, gelang es, die Feudalgesellschaft Omans in wenigen Jahrzehnten unter Beibehaltung der Traditionen in eine moderne Industriegesellschaft umzuwandeln. Es gab weder Einkommens- noch Mehrwertsteuer noch Presse- und Meinungsfreiheit. Dafür kostenlose Bildung und freie Heilfürsorge. Jeder Omani erhält mit Vollendung des 23. Lebensjahres 600 Quadratmeter Grundfläche vom Staat. Da Sultan Qabus keine Nachkommen hatte, übernahm sein Cousin Haitham bin Tariq das Amt. Dieser hat dann im Jahre 2021 erstmals eine Umsatzsteuer in Höhe von 5 Prozent eingeführt.

Das Sultanat wird geprägt vom Ibadismus, einer sehr liberalen Auslegung des Islams. Und im Vergleich zu den vielen politischen und militärischen Konflikten in der unmittelbaren Nachbarschaft, ist der Oman eine wahre Oase in dieser unruhigen Weltgegend.