New York-Marathon trauert um Allan Steinfeld

New York-Marathon trauert um Allan Steinfeld

| Jörg Wenig I Fotos: Imago/Chai von der Laage, photorun.net
Die Veranstalter des New York-Marathons trauern um Allan Steinfeld. Der langjährige Race-Direktor starb in der vergangenen Woche nach schwerer Krankheit.

Die Veranstalter des New York-Marathons trauern um Allan Steinfeld. Der langjährige Race-Direktor starb in der vergangenen Woche nach schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren.

Die Veranstalter des New York-Marathons trauern um Allan Steinfeld. Der langjährige Race-Direktor starb in der vergangenen Woche nach schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren. Mit Steinfeld verloren die New York Road Runners (NYRR) bereits den zweiten Race-Direktor, nachdem der Gründer des Marathons und der NYRR, Fred Lebow, 1994 verstorben war. Steinfeld folgte seinem Freund Lebow als Chef des spektakulärsten Marathonrennens der Welt und übte dieses Amt bis 2005 aus. Überraschend war Allan Steinfeld im vergangenen November noch zum Kongress der Association of International Marathons and Distance Races (AIMS) gereist, der im Rahmen des Athen-Marathons stattfand - schwer gezeichnet und auf einen Rollstuhl angewiesen.

Allan Steinfeld wuchs in New York auf, studierte Elektrotechnik sowie Radioastronomie und arbeitete später als Lehrer. Regelmäßig joggte er durch den Central Park und betätigte sich auch als Trainer. Aufgrund seiner engen Verbindung zu Fred Lebow half Allan Steinfeld bereits in den 70er-Jahren bei der Organisation des New York-Marathons, der sich damals von einem Rennen im Central Park zum prestigeträchtigsten Stadtmarathon entwickelte und bald darauf als weltweites Vorbild für den Marathon-Boom galt. 1978 gab Allan Steinfeld seinen Lehrer-Job an der Oberschule auf und arbeitete Vollzeit für den Marathon, obwohl er durch den Wechsel nur noch die Hälfte verdiente.

Aufgrund seines technischen Know-hows war Allan Steinfeld beispielsweise zuständig für die Zeitmessung - damals war das bei Massenläufen eine große Herausforderung, denn es gab noch keine Timing-Chips. 1981 wurde Allan Steinfeld Technischer Direktor des New York-Marathon. „Er war in erster Linie dafür verantwortlich, die Show auf die Straße zu bringen“, heißt es in einem Nachruf von AIMS. Bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 war Allan Steinfeld der verantwortliche Schiedsrichter für die beiden Marathonrennen.

In seine Zeit als Race-Direktor und NYRR-Chef fiel das Attentat auf die beiden Türme des New Yorker World Trade Centers am 11. September 2001. Danach entstand eine starke Verbindung zum Berlin-Marathon. Der damalige Berliner Marathon-Chef Horst Milde lud Allan Steinfeld zum Rennen nach Berlin ein, das nur wenige Wochen nach den Terroranschlägen stattfand. Steinfeld gab schließlich sogar den Startschuss des Rennens, gemeinsam mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit.

„Aufgrund seiner äußerst erfolgreichen Arbeit in New York habe ich Allan mehr als bewundert“, erinnert sich der Initiator des Berlin-Marathons, Horst Milde. „Zu Zeiten von Fred Lebow war New York für uns das absolute Maß der Dinge. Wir haben wie zum lieben Gott nach oben geschaut. Später, als Allan Race-Direktor war, waren wir in Berlin ja fast auf gleichem Niveau.“ Lebow und Steinfeld haben einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der enormen Entwicklung des internationalen Marathonlaufes seit den frühen 80er-Jahren. Vielen Veranstaltern halfen sie bei der Umsetzung einer City-Marathon-Premiere - so auch den Organisatoren in London.

„Allan hat sehr viel für den internationalen Laufsport aber auch für das Laufen in den USA getan. Er war in vielen Gremien und als Innovator auf technischem Gebiet bekannt. Ein großer Ehrenpreis von ,Running USA’ ist nach ihm benannt“, erzählt Horst Milde, der Steinfeld zuletzt im vergangenen November in Athen traf. „Wann immer ich ihn früher kontaktierte, um einen Rat zu erhalten, hat Allan stets sehr freundlich und entgegenkommend geantwortet.“

Allan Steinfeld mit Marathon-Olympiasieger Stefano Baldini

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Allan Steinfeld: „Wir werden das Leben feiern“

Das nachfolgende Interview gab Allan Steinfeld 2001 im Rahmen des Berlin-Marathons. Wenige Tage zuvor hatte es in New York die Attentate aufs World Trade Center gegeben.

Allan Steinfeld, wann haben Sie erfahren, dass Sie beim Berlin-Marathon den Startschuss geben werden?
Das war ganz kurzfristig. Ich kam am Samstag in Berlin an, und der Fahrer, der mich am Flughafen abholte, fuhr mich nicht in mein Hotel, sondern zuerst zu Mark Milde, der für die Topathleten zuständig ist. Mark bat mich zum Start zu kommen und ein paar Worte zu sagen. Da habe ich gesagt, das mache ich.

Und der Startschuss?
Davon haben sie mir nichts gesagt. Erst als ich am Start stand, baten sie mich, auch den Startschuss zu geben. Das ist natürlich eine große Ehre für mich, als New Yorker Renndirektor den Berlin-Marathon zu starten. Der Regierende Bürgermeister hielt dann die Pistole, und ich hielt seine Hand.

Wie war die Stimmung Ihnen gegenüber in Berlin?
Es war eine sehr sympathische, freundliche und unterstützende Stimmung. Ich spreche ja kein Deutsch, deswegen habe ich nicht verstanden, was am Start geredet wurde. Aber immer wenn vom New-York-Marathon die Rede war oder mein Name fiel, gab es sehr großen Beifall. Das war sehr bewegend, ich hätte auch weinen können.

Was sagen Sie zu dem Transparent mit dem Motto „United we Run“.
Das ist eine sehr schöne Geste gewesen, dass die Organisatoren in Berlin dieses Motto übernommen haben, das wir in New York am 4. November bei unserer Veranstaltung haben werden. Und dann spielten sie nach dem Startschuss „New York, New York“ – das ist eine gute Idee. Ich glaube, das sollten wir bei uns auch machen.

„Es wird ein Lauf wie nie zuvor“

Wie wird die Reaktion in New York auf die Berliner Initiativen sein?
Das weiß ich nicht genau. Aber ich habe gehört, dass zum Beispiel die New York Times am Montag eine große Geschichte über den Berlin-Marathon gemacht hat. Aber ich werde auf jeden Fall dafür sorgen, dass im Bereich des New-York-Marathons über die Initiativen in Berlin berichtet wird.

Dann gibt es ja auch noch die Spendenaktion der Berliner zu Gunsten der Familien der in New York ums Leben gekommenen Feuerwehrleute und Polizisten.
Die Berliner haben uns wirklich wunderbar unterstützt – dafür möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Deswegen war es für mich auch ein Muss, trotz der Geschehnisse in New York, hierher nach Berlin zu kommen.

Was haben Sie denn bei den Terroranschlägen bezüglich des Marathons gedacht?
Als das erste Flugzeug in das World Trade Center flog, war ich in einem Taxi auf dem Weg ins Büro und dachte, es handelte sich um kleines Flugzeug. Erst als ich ins Büro kam, sah ich, was wirklich passiert war. Es war wie in einem Horrorfilm, viele haben geweint. Ich habe selbst keine Freunde oder Kollegen verloren, aber viele der Leute, die ich kenne, haben Menschen verloren, die ihnen nahe standen. An den New-York-Marathon habe ich im ersten Augenblick überhaupt nicht gedacht.

Haben Sie dann später überlegt, ob der New-York-Marathon überhaupt stattfinden kann?
Nach einiger Zeit habe ich gedacht: es wäre zwar sicher schön, aber dieser New-York-Marathon wird bestimmt nicht stattfinden können. Dann habe ich mit dem Bürgermeister telefoniert, um herauszubekommen, was er denkt. Er hat mir dann gesagt, wir sollten alles versuchen, um den Lauf stattfinden zu lassen. Kleinere Läufe mussten wir absagen, weil keine Polizisten zur Absperrung zur Verfügung standen. Aber der New-York-Marathon findet statt.

Wie wird der Marathon aussehen?
Wir werden das Leben feiern. Ich glaube, es wird ein Lauf wie nie zuvor. Beim New-York-Marathon ist die Stimmung durch die Zuschauer ohnehin immer einmalig. Der einzige Lauf weltweit, der da noch herankommt, ist der Berlin-Marathon – und ich weiß, wovon ich spreche.