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Deutsche Meisterschaften
Packende Laufentscheidungen in Berlin

| von Jörg Wenig

Deutschlands Läuferinnen und Läufer haben im Berliner Olympiastadion überzeugt. Trotz großer Hitze blieben fünf unter den Normen für die EM in München. Darunter Lea Meyer über 3000 Meter Hindernis.

Mohamed Mohumed und Alina Reh haben bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften im Berliner Olympiastadion am Wochenende jeweils die Titel über 5.000 m gewonnen. Gute Leistungen im Laufbereich gab es auch über 3.000 m Hindernis. Insgesamt fünf Läufer - Alina Reh und Sara Benfares über 5.000 m sowie Lea Meyer, Karl Bebendorf und Frederik Ruppert über die Hindernisse - erreichten die Norm für die Europameisterschaften, die im August in München stattfinden.

Allerdings hatten diese fünf Athleten die Norm auch schon vorher erfüllt, so dass kein neuer Qualifikant hinzukam. In keinem Lauf-Wettbewerb, auch nicht über die Mittelstrecken, wurde am Wochenende ein Richtwert für die Weltmeisterschaften erfüllt, die im nächsten Monat in Eugene (USA) stattfinden. Dies ist ist allerdings keine Überraschung, sondern zeigt einmal mehr, dass nationale Meisterschaften eher nicht geeignet sind, um Normen zu jagen - zumal den Läufern die hohen Temperaturen in Berlin natürlich nicht entgegenkamen.

Eine überzeugende Leistung zeigte über 5.000 m einmal mehr Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund). Nachdem der 23-Jährige sich in dieser Saison bereits auf 13:03,18 Minuten gesteigert hatte und damit zum zweitschnellsten deutschen Läufer aller Zeiten über diese Distanz aufgestiegen war, siegte er im Olympiastadion in 13:43,16 Minuten vor Sam Parsons (Eintracht Frankfurt), der nach 13:43,48 im Ziel war.

Den Bronze-Rang sicherte sich Nils Voigt (TV Wattenscheid) in 13:44,13. Bei den Weltmeisterschaften hat Mohumed die Chance, das Finale zu erreichen. Bei der EM könnte er in den Kampf um eine Medaille eingreifen. In München will auch Sam Parsons eine gute Rolle spielen.

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Mohamed Mohumed: Der deutsche Meister will auch den deutschen 5000-Meter-Rekord von Dieter Baumann

„Es war ein klassisches Meisterschaftsrennen. Ich habe versucht, etwas Kraft für die 1.500 Meter zu sparen“, erklärte Mohamed Mohumed und fügte bezüglich seiner viel versprechenden Perspektiven über 5.000 m hinzu: „In näherer Zukunft denke ich, dass ich den deutschen Rekord brechen kann.“

Nach dem 5.000-m-Rennen peilte Mohumed in Berlin auch über 1.500 m die Goldmedaille an. Doch hier musste er sich einen Tag später, am Sonntag, Marius Probst (TV Wattenscheid) geschlagen geben, der in 3:44,72 vor Mohumed (3:45,20) und Marc Tortell (Athletics Team Karben/3:45,56) triumphierte. Nicht starten konnte Titelverteidiger Robert Farken (SC DHfK Leipzig), der aufgrund eines Hüftproblems auch keine Chance mehr hat, sich noch für die WM zu qualifizieren. Es bleibt abzuwarten, ob er rechtzeitig für die Europameisterschaften wieder fit wird und dann auch die geforderte Norm laufen kann

Nach einem taktischen Rennen siegte über 800 m Tim Holzapfel (Unterländer LG) in 1:49,25 Minuten vor Rocco Martin (SG Motor Kohls Nord Leipzig/1:49,59). Nur mit Rang drei musste Marc Reuther (Eintracht Frankfurt/1:49,67) zufrieden sein.

Die beiden besten deutschen Läufer über 3.000 m Hindernis überzeugten auch bei den nationalen Titelkämpfen: Karl Bebendorf (Dresdner SC) setzte sich in 8:27,61 Minuten vor Frederik Ruppert (SC Myhl/8:29,90) durch. Dritter wurde mit deutlichem Abstand Velten Schneider (VfL Sindelfingen) in 8:45,53. Die Norm für die Weltmeisterschaften hatte im Vorfeld nur Ruppert erfüllt. Er dürfte damit der einzige deutsche Starter in Eugene sein, da die Position Bebendorfs in der Weltrangliste wohl nicht für eine Qualifikation ausreichen wird. Bei der EM in München können aber beide starten.

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5.000 Meter: Alina Reh kontert Angriff von Sara Benfares, die trotz Hitze Bestzeit läuft

Im 5.000-m-Rennen der Frauen konnte Alina Reh (SCC Berlin) einen Angriff von Sara Benfares (LC Rehlingen) kontern. Sie gewann in 15:21,11 vor Benfares, die trotz der Hitze mit 15:22,56 eine persönliche Bestzeit erreichte und damit erneut die EM-Norm unterbot. Rang drei belegte Svenja Pingpank (Hannover Athletics) in 16:08,11 vor Selma Benfares (LC Rehlingen/16:17,13). Während die etatmäßige deutsche Nummer eins über 5.000 m, Konstanze Klosterhalfen (Bayer Leverkusen), aufgrund einer Corona-Infektion nicht starten konnte, versuchte Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) einen bei dieser Witterung gewagten Doppel-Start. Keine 90 Minuten nach ihrem Sieg über 1.500 m lief sie auch die 5.000 m, kam aber bei diesem Rennen nicht ins Ziel.

„Es war sehr hart aufgrund der extremen Wärme, und die Luft war schwer und drückend“, sagte Alina Reh, die aufgrund einer Herzmuskelentzündung viel Trainingszeit verloren hatte und daher noch nicht wieder in Topform ist. „Körperlich bin ich noch nicht wieder voll auf der Höhe. Wenn es ans Tempo geht, merke ich, dass mir drei Monate fehlen. Aber mental stehe ich drei Stufen höher als vor drei Jahren.“ Bei der WM will sie über 5.000 m starten, bei der EM dann über 10.000 m.

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Hanna Klein wagt kurz nach Sieg über 1500 Meter den 5000-m-Start

„Wenn mir die Hitze nicht so sehr in die Quere gekommen wäre, hätte es vielleicht geklappt. Ich bereue nicht, dass ich gestartet bin, es war ein Lernprozess“, sagte Hanna Klein, die sich über 5.000 m in diesem Jahr im Vorfeld der Deutschen Meisterschaften auf 14:51,71 Minuten verbessert hatte und damit sogar Final-Chancen bei der WM hätte. Allerdings will sie in Eugene lieber die 1.500 m laufen. „Ich hoffe, dass ich mich taktisch klug anstelle und die Vorläufe überstehen kann“, sagte Hanna Klein, die in Berlin das 1.500-m-Finale in 4:22,13 vor Katharina Trost (LG Stadtwerke München/4:22,83) und Vera Coutellier (ASV Köln/4:23,76) gewonnen hatte.

Christina Hering (LG Stadtwerke München) gewann das 800-m-Rennen im Olympiastadion in 2:00,73 Minuten. Damit verbesserte sie zwar ihre deutsche Jahresbestzeit, verpasste jedoch die EM-Norm von 2:00,40 knapp. Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler/2:01,21) belegte Rang zwei gefolgt von Lucia Sturm (TSV Moselfeuer Lehmen/2:02:59). Keine deutsche Läuferin hat bisher eine Norm für die WM oder EM unterboten. Allerdings ist eine Qualifikation über die Weltrangliste wahrscheinlich.

Sowohl die EM- als auch die WM-Norm hatte im Vorfeld Lea Meyer (ASV Köln) über 3.000 m Hindernis unterboten. Sie gewann das Meisterschaftsrennen in Berlin souverän in 9:32,44 Minuten vor Elena Burkhard (LG Farbtex Nordschwarzwald/9:50,10) und Olivia Gürth (Diezer TSK Oranien/9:55,95). Aufgrund einer Erkältung konnte Titelverteidigerin Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) nicht starten. Um Qualifikationsnormen braucht sie sich allerdings keine Gedanken machen. Für die Europameisterschaften ist sie als Titelverteidigerin automatisch qualifiziert, für die WM wird sie mit Sicherheit über die Weltrangliste einen Startplatz erhalten.

Auch Siegerin Lea Meyer war etwas traurig war, dass Gesa Krause nicht in Berlin antreten konnte. „Man will sich immer mit den Besten messen und Gesa war nun mal immer die Nummer eins. Da hätte ich gerne gezeigt, dass ich auch eine gute Form habe.“ In Berlin dachte sie auch noch einmal ganz besonders an ihren ehemaligen Trainer. ASV-Coach Henning von Papen war Anfang des Jahres verstorben. Im Olympiastadion hatte sie im September 2021 beim ISTAF ihr letztes Rennen mit ihm als Trainer absolviert. „Das ist einerseits traurig, aber andererseits auch schön, weil man ihm dadurch auch nahe ist und auf schöne Erinnerungen zurückblicken kann“, erklärte sie.