© imago images/Kyodo News

Olympische Spiele
Peres Jepchirchir gewinnt Marathon-Gold, Melat Kejeta hervorragende Sechste

| von Jörg Wenig

Die neue Marathon-Olympiasiegerin heißt Peres Jepchirchir. Melat Kejeta rannte auf Rang sechs, Debbie Schöneborn kam nach einem starken Lauf als 18. ins Ziel, Katharina Steinruck wurde 31.

Die neue Marathon-Olympiasiegerin heißt Peres Jepchirchir. Die Kenianerin gewann das Rennen in Sapporo bei feucht-heißen Wetterbedingungen mit Temperaturen zwischen 26 und 30 Grad Celsius in 2:27:20 Stunden vor ihrer Landsfrau Brigid Kosgei. Die Marathon-Weltrekordlerin war nach 2:27:36 als Zweite im Ziel. Als Dritte überraschte die US-Amerikanerin Molly Seidel, die 2:27:46 lief.

Die Halbmarathon-Weltmeisterin Peres Jepchirchir war eigentlich nur die Nummer drei im kenianischen Team, doch sie kam mit den extremen Wetterbedingungen am besten zurecht. Erst im vergangenen Dezember hatte Peres Jepchirchir mit ihrem Sieg beim Valencia-Marathon den Sprung in die Marathon-Weltspitze geschafft. Sie verbesserte sich auf hochklassige 2:17:16 Stunden. Dies bewegte die kenianischen Funktionäre, sie noch nachträglich für das eigentlich schon feststehende Marathon-Team zu nominieren. Weichen musste schließlich Vivian Cheruiyot, die bei Olympia in Rio 2016 noch die Goldmedaille über 5.000 m gewonnen hatte.

© imago images/von der Laage

Melat Kejeta erreicht beste deutsche Marathon-Platzierung seit 1996

Einen hervorragenden sechsten Platz erreichte Melat Kejeta (Laufteam Kassel). In ihrem erst zweiten Marathonrennen lief sie nach 2:29:16 ins Ziel. Diese Leistung ist genauso hoch zu bewerten wie ihr sensationeller zweiter Platz bei der Halbmarathon-WM im vergangenen Oktober. Es ist die beste Olympia-Platzierung einer deutschen Marathonläuferin seit dem vierten Rang von Katrin Dörre-Heinig 1996 in Atlanta.

Auch nachdem Melat Kejeta aus der Spitzengruppe herausgefallen war, gab die 28-Jährige alles und machte auf den letzten Kilometern noch zwei Plätze gut. Wenn sie bei ihrem nächsten Marathon-Start auf einer schnellen Strecke läuft, sollte sie in der Lage sein, den deutschen Rekord von Irina Mikitenko (2:19:19) zu unterbieten und als zweite deutsche Läuferin unter 2:20 Stunden zu laufen. „Mein Ziel war es, eine Medaille zu gewinnen, das habe ich versucht. Aber das Wetter war sehr, sehr warm und ich bekam Magenprobleme. Ich habe mein Bestes versucht, aber es hat nicht geklappt“, sagte Melat Kejeta.

Debbie Schöneborn mit starker zweiter Hälfte auf Rang 18

Auf einen überraschend starken 18. Platz lief Deborah Schöneborn (LG Nord Berlin) mit 2:33:08. Ebenso wie Melat Kejeta lief sie erstmals einen Meisterschafts-Marathon. Zwischen Kilometer 25 und 30 hatte Deborah Schöneborn zunächst Katharina Steinruck eingeholt und sich dann von ihr abgesetzt. Bei Kilometer 30 lag die Berlinerin mit 1:48:45 auf Rang 31, danach machte sie mit einem insgesamt sehr gleichmäßigen Lauf noch weitere 13 Plätze gut.

© imago images/von der Laage

Auch Katharina Steinruck überzeugt in einem Hitzemarathon

Überzeugen konnte auch die dritte deutsche Marathonläuferin in Japan: Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt) lief auf Rang 31 in 2:35:00. Insgesamt bestätigten die deutschen Marathonläuferinnen bei den Olympischen Spielen ihren starken Aufwärtstrend. „Melat hat ein großartiges Rennen gemacht mit dem sechsten Platz - das hatten wir lange nicht bei Olympischen Spielen. Der 18. Platz von Debbie ist auch hervorragend, sie kam hintenraus immer besser ins Rennen. Der 31. Platz von Katharina rundet das Ergebnis ab. Alle Drei haben sich für diese wirklich sehr, sehr schwierigen Bedingungen hervorragend geschlagen“, sagte die Marathon-Bundestrainerin und Mutter von Katharina Steinruck, Katrin Dörre-Heinig.

Das Rennen war ganz kurzfristig aufgrund deutlich höherer Temperaturen als erwartet um eine Stunde vorverlegt worden. Gestartet wurde in Sapporo bereits um 6 Uhr morgens. Das Anfangstempo war, wie meistens bei Meisterschaftsrennen im Sommer, lange Zeit verhalten. Eine große Spitzengruppe mit 44 Läuferinnen passierte die 10-km-Marke in 36:16 Minuten. Das entspricht einem Tempo für eine Zielzeit von rund 2:33 Stunden. Neben Melat Kejeta lief etwas weiter hinten auch Katharina Steinruck in dieser Gruppe. Deborah Schöneborn, die in Sapporo erst ihren dritten Marathon rannte, lief wie angekündigt etwas vorsichtiger. Sie passierte diese Marke in 36:32 und lag damit zu diesem Zeitpunkt auf Rang 60.

Kurz vor der Halbmarathonmarke hatte sich eine elfköpfige Spitzengruppe formiert, nachdem sich das Feld an einer Verpflegungsstation auseinander gezogen hatte. Melat Kejeta lief zu diesem Zeitpunkt locker in der Gruppe mit, hielt sich aber taktisch clever zurück. 1:15:14 Stunden war hier die Durchgangszeit von der Spitzengruppe. Katharina Steinruck passierte diesen Punkt in 1:16:09 auf Rang 36 und Deborah Schöneborn hatte sich auf Platz 43 geschoben (1:16:36).

Die erste große Favoritin konnte kurz vor 30 km nicht mehr mithalten: Überraschend verlor die Weltmeisterin Ruth Chepngetich den Kontakt zur Führungsgruppe. Wenige Kilometer später gab die Kenianerin, die vor zwei Jahren bei der WM in Doha sehr gut mit der Hitze klargekommen war, das Rennen sogar auf. 1:46:04 Stunden war die Zwischenzeit der Spitzengruppe bei 30 km. Das Tempo der achtköpfigen Gruppe war jetzt etwas höher. Bei Kilometer 33 fiel dann Melat Kejeta als nächste Läuferin zurück. Auch die Japanerin Mao Ichiyama und die Äthiopierin Roza Dereje sowie Eunice Chumba (Bahrain) konnten auf den nächsten zwei Kilometern nicht mehr Schritt halten.

Als die Kenianerinnen Peres Jepchirchir und Brigid Kosgei dann fünf Kilometer vor dem Ziel das Tempo verschärften, lösten sie sich von Molly Seidel und Lornah Salpeter (Israel). Die ursprünglich aus Kenia stammende Salpeter versuchte kurzzeitig, die Lücke wieder zu schließen. Offenbar übernahm sie sich dabei, denn sie wurde dann deutlich langsamer. Als Molly Seidel sie vier Kilometer vor dem Ziel überholte, ging Lornah Salpeter sogar aus dem Rennen. Die Amerikanerin hatte dadurch die Bronzemedaille praktisch sicher und kam sogar noch bis auf sechs Sekunden an das Führungsduo heran.

Doch als bei Kilometer 40 Peres Jepchirchir wieder das Tempo erhöhte, war der Kampf um die Medaillen kurz darauf entschieden. Die Halbmarathon-Weltmeisterin war nicht mehr einzuholen für Brigid Kosgei, die aber ihrerseits nun auch wieder einen größeren Vorsprung auf Molly Seidel hatte.