#gemeinsammehrbewegen-Preis
Preiswürdig (Teil 7): Torsten Pretzsch und sein „Ausdauerblog“ für herzkranke Kinder und deren Familien

| von Tom Rottenberg

Wir stellen Aktionen vor, die zeigen, wie Laufen das Leben verbessert. Dann entscheidest du mit, wer den „#gemeinsammehrbewegen-Preis“ erhält. Ein Kandidat: Der Audauerblog von Torsten Pretzsch.

Manche Menschen werden mit Laufschuhen geboren. Torsten Pretzsch gehört nicht zu ihnen - und das ist gut so. Denn es sind Menschen wie der Mittfünfziger aus Freising, die „Normalos“ zeigen, was sportlich alles möglich ist. Auch für Otto Normalverbraucher und Anna Durchschnitt. Weil Leute wie Torsten Pretzsch ihnen es genau vorleben. Sportlich - aber in weiterer Folge dann auch auf vielen anderen Ebenen des Lebens. Auch jener, des „Etwas Gutes zurückgeben“.

Torsten Pretzsch wurde nicht mit Laufschuhen geboren. Ganz im Gegenteil: Der Ingenieur war jahrzehntelang ein Couchpotatoe. Sport war etwas im TV-Gerät. Doch irgendwann - 2008 – beschloss Pretzsch, dass es so nicht weiter gehen könne: Sein Körper fühlte sich an, wie er auch auszusehen begonnen hatte – und auch wenn beruflich alles okay war, spürte der Techniker, wie sich die körperliche Trägheit auch auf seinen Geist, auf sein ganzes Leben zu übertragen begann.

So wird der #gemeinsammehrbewegen-Preis vergeben

Wir finden: Torsten Pretzsch ist mit seinem Ausdauerblog ein guter Kandidat für den mit 1000 Euro dotierten #gemeinsammehrbewegen-Preis, den der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) und laufen.de unterstützt von DATEV in diesem Jahr erstmals vergeben. Der Preis wird am 2. Dezember bei unserer großen Lauf-Gala in Trier vergeben, wo wir gemeinsam mit German Road Races, der Vereinigung der großen Laufveranstaltungen im deutschsprachigen Raum, auch die Läuferinnen und Läufer des Jahres ehren. Bis dahin stellen wir hier auf laufen.de Initiativen vor, die unsere Jury für preiswürdig hält.

Wer den Preis erhält, entscheidet die Community von laufen.de, nachdem alle Initiativen, die von unserer Jury ausgewählt wurden, vorgestellt worden sind. Die Gewinner-Initiative wird zur Laufgala nach Trier eingeladen.

#gemeinsammehrbewegen: Die ganze Story von Torsten Pretzsch und seinem Ausdauerblog

Torsten beschloss also, nicht „etwas“ sondern sein Leben zu ändern. Und ging er gleich in die Vollen: Triathlon sollte es sein. „Von Null auf 100.“ Mit Mitte 30, als Raucher und seit der Schule unsportlich, „also absolut unfit, ich konnte keine zehn Minuten joggen“ ein dickes Brett.

Umso verblüffter war der Nicht-Sportler, als er spürte, wie rasch sein Körper lernte. Wie anders, wie gut, er sich zu fühlen begann. Und wie sich dadurch alles änderte: „Ich habe Triathlon-Langdistanzen und Marathons gemacht - das war toll. Aber viel spannender war, was in mir passierte: Ich war immer der ‚das Glas ist halb leer‘-Typ – plötzlich sah ich positiv und optimistisch in die Welt.“ Wer an sich selbst glaubt, an den glauben auch andere: „Ich war erfolgreicher. Auch beruflich.“ Obwohl sein Ingenieurs-Job nichts mit Sport zu tun hatte …

Mit dem Blog mehr als 40.000 Menschen von der Couch und in Bewegung gebracht

Das änderte sich. 2015 war das. Torsten Pretzsch hatte im Rahmen seines Studiums auch ein wenig Webdesign gelernt. Er erzählte auf seiner Homepage von seiner „Verwandlung“ durch Sport, durch Laufen. Damals taten das noch nicht soooo viele. Schon gar nicht Leute mit einem normalen, „unsportlichen“ Hintergrund: „Da bildete sich recht rasch eine Community heraus. Leute, die so anfingen, wie ich kurz davor begonnen hatte.“ Menschen also, die mit den Fitnesstipps der superjungen, superhübschen und supererfolgreichen Influencer nichts anfangen konnten, oder „für die die Trainingspläne aus dem Netz viel zu weit oben ansetzten“.

Als Pretzsch in einer Facebookgruppe einen Trainingsplan online stellte, mit dem man in acht Wochen fit für fünf Kilometer werden könnte, war das der erste Schritt: Dass aus daraus („die Leute fragten: ‚Wie geht es weiter?’“) dann zunächst ein Neben-, dann ein Fulltimejob werden würde, dass Torsten Pretzsch’ „Ausdauerblog“, seine Trainingspläne, sein Podcast, sein Blog, seine Bücher, sein Newsletter und seine Trainingsgruppen, mittlerweile über 40.000 Menschen von der Couch zum Laufen gebracht hat, hätte er selbst wohl am allerwenigsten vorherzusagen gewagt. Aber dass es so ist, macht Torsten Pretzsch stolz und glücklich. Es ist eine schöne Geschichte: Von einem der sich selbst und sein Glück durch den Sport, durch das Laufen, fand.

Mit dem Kinderherzen-Lauf anderen etwas zurückgeben und Mehrwerte schaffen

Doch da ist noch etwas. Der Sport, sagt Torsten Pretzsch, verändert nämlich nicht nur den Körper: „Natürlich ist es toll, wenn du erlebst, wie das, was dich glücklich macht, auch anderen hilft. Aber trotzdem war ich nicht zufrieden: Ich wollte auch etwas zurückgeben - einen Mehrwert schaffen, der über das, was die Menschen, mit denen ich arbeite, für sich gewannen, hinaus geht.“

Es war 2020. Lockdownzeit. Trotzdem – oder gerade deshalb – spürte Pretzsch, dass er nicht alleine war: Sein Newsletter ging ja an 20.000 Abonnenten. Auf Instagram folgten ihm 6000, auf Facebook noch einmal 20.000 Menschen. Überschneidungen herausgerechnet, schätzt der Ausdauerblogger, etwa 35.000 Personen. „Ich hab diese Community gefragt, für welche gemeinnützige Sache wir uns einsetzen könnten. Eine Kursteilnehmerin schrieb mir von ihrem herzkranken Kind: Das lässt niemanden kalt.“

Die erste, eher spontane Charityaktion des Ausdauerbloggers war eine Art Adventskalender: „Ein E-Book, das die Leute runterladen, also kaufen, konnten.“ Das brachte ein paar tausend Euro. Im Jahr darauf wollte Torsten Pretzsch aber näher an „seinen“ Themen sein – und organisierte den ersten Kinderherzen-Lauf: Mit den fast 9000 Euro, die die 422 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des virtuellen Charityruns zusammenbrachten, wurde eine Sport-App für herzkranke Kinder finanziert. „Es ist super, Organisationen zu unterstützen - aber es ist noch besser, wenn man ein ganz konkretes Projekt fördern kann: das ist persönlicher, schafft mehr Verbundenheit, mehr Bewusstsein.“

Diesem Gedanken blieb der Ingenieur, der zum Laufcoach wurde, auch 2022 treu. Mit dem Kinderherzen-Lauf 2022 werden Vor- und Nachsorgeprogramme für herzkranke Kinder unterstützt: Die Teilnahmegebühren (das Startgeld von 15 Euro plus Spenden, sowie der Erlös aus dem Lauf-T-Shirt-Verkauf) seines virtuellen Laufs am 13. November gehen an die „Kinderherzen Stiftung München“. Es gehe, erklärt der Laufcoach, bei den von ihm unterstützen Programmen vor allem darum, Netzwerke aufzubauen und abzusichern, die Familien von herzkranken Kindern vor und nach Klinikaufenthalten betreuen und unterstützen. Psychisch, emotional - aber auch organisatorisch. „Weil das Situationen sind, die alle, die sich darin wieder finden, auf 1000 Arten überfordern.“

2021 hat er ohne große Werbung, einfach aus der Community heraus, über 400 Läuferinnen und Läufer aktiviert, die in ganz Deutschland gelaufen sind. 2022 waren es ähnlich viele. Er ist von virtuellen Spendenläufen überzeugt. Denn dass zu einem „realen“ Event auch so viele Menschen kommen würden, sei nicht gesagt, meint der Mann, der nicht Spitzenläufer auf Podien, sondern Nicht-Läufer von der Couch holt: „Gerade Anfängerinnen und Anfänger haben oft eine Scheu, an anderen gemessen zu werden. Bei einem virtuellen Lauf gibt es diesen Druck nicht: Da läuft jeder wann, wo und wieviel er oder sie will - und ist trotzdem immer Teil einer großen Community. Und was kann eine Gemeinschaft Schöneres tun, als denen zu helfen, die Hilfe brauchen?“