Duschen, Cremen & Co.
Sauber laufen – Hygiene im Sport
Viel Sport bedeutet viel duschen. Aber schadet häufiges Duschen nicht der Haut? Auf was du bei der Hautpflege und beim Umgang mit Krankheitserregern im Umfeld von Laufveranstaltung achten solltest.
Laufen, schwitzen, duschen – ein Trio, das zusammengehört. Wer viel trainiert, mutet seiner Haut einiges zu. Die Wachwerde-Dusche am Morgen, die zweite nach der Laufeinheit in der Mittagspause und abends verlangt der vom Tagwerk „verklebte“ Körper nach einer dritten Wässerung.
Besonders für empfindliche, zur Austrocknung neigende Haut, kann das zur Strapaze werden, die auch ein erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringt. Denn in den kleinen Rissen spröder Haut finden Erreger gute Nistbedingungen.

Attacke auf die Schutzhülle
Laufen lässt den Schweiß aus den Poren treten – und das ist erst einmal gut für die Haut! Denn Schwitzen dient nicht allein der Körperkühlung, sondern auch der Stabilisierung des „Säureschutzmantels“. Das ist ein Wasser-Fett-Film, der aus Absonderungen der Schweiß- und Talgdrüsen gebildet wird. Er überzieht die Haut und fungiert nicht nur als Austrocknungsschutz.
Sein saurer pH-Wert (Maß für die Säurestärke) von etwa 4,5 und in ihm enthaltene keimtötende Verbindungen wie das körpereigene Antibiotikum Dermicidin machen ihn zu einer „chemischen Keule“, die in Kooperation mit der Hautflora („gesunde“, die Haut besiedelnde Mikroorganismen) potenziell gefährliche Krankheitserreger bekämpft.
Auf die Dusche nach dem Sport braucht und sollte man nicht verzichten. Doch beim „Wie“ heißt die Devise: „Weniger ist mehr!“ Jede Dusche bedeutet einen Angriff auf den Säureschutzmantel. Wie heftig dieser ausfällt, hängt von Wassertemperatur, Duschdauer und der Verwendung von Seifen oder Duschgels ab. Heißes Wasser lässt die Haut aufquellen und dünnt den Säureschutzmantel aus – je länger und heißer man duscht, umso mehr. Stark schäumende Tenside vermitteln ein gutes Gefühl der Befreiung von Schmutz und unangenehmen Gerüchen. Aber: Braucht man das?
Die Angst vor üblen Gerüchen
Sie riechen ja so gut, die in allen Duftnoten verfügbaren Duschgels. Und niemand möchte nach dem Training zur Geruchsbelästigung für seine Mitmenschen werden. Aber Laufen ist kein schmutziger Sport. Um den Schweiß abzuduschen, reicht reines Wasser völlig aus. Schweiß selbst ist geruchsneutral.
Die ihn zersetzenden Bakterien, die unangenehme Düfte produzieren, werden mit klarem Wasser effizient weggespült. Auch ohne aggressive Tenside ist also kein unangenehmer Geruch zu befürchten. Im Gegenteil. Die Wissenschaft hat nachgewiesen, dass übertriebene Körperhygiene gerade solche Hautbakterien abtötet, die unangenehme Körpergerüche eliminieren und vor Hautirritationen, Allergien und Asthma schützen.
Somit empfiehlt es sich, auf aggressive Körperreinigungsmittel mit alkalischem, den Säureschutzmantel neutralisierendem pH-Wert (>7) zu verzichten und lediglich für wirklich verschmutzte sowie durch hohe Schweißdrüsendichte übermäßig schwitzende und schlecht belüftete Körperpartien wie Achselhöhlen und Intimbereiche eine milde Waschlotion mit leicht saurem, dem Haut-pH-Wert entsprechendem Charakter zu verwenden.
Lieber kurz und knackig
Die lange heiße Dusche mit schäumendem Duschgel kann nach anstrengendem Training guttun. Aber besser nicht so oft, der körpereigene Hautschutzmantel nimmt Schaden!
Cremen – eine Weltanschauung?
Ob Haut fettig ist oder zu Trockenheit neigt, ist eine individuelle Eigenschaft, die bestimmt, ob eher eine Feuchtigkeit spendende oder fettende Körperlotion/-creme aufgetragen werden sollte. Aber ist das Eincremen nach dem Sport überhaupt sinnvoll? Seit Jahren geistert der Mythos durch die Medien, regelmäßiges Cremen bringe die hauteigene Fettproduktion zum Versiegen.
Seriöse Belege dafür gibt es nicht. Trotzdem ist je nach Hauttyp weder der völlige Verzicht noch das übertriebene „Zukleistern“ sinnvoll. Erfahrene Dermatologen wie Dr. Yael Adler aus Berlin empfehlen, individuell besonders dort einzucremen, wo die körpereigene Fettproduktion nicht ausreicht. Geeignet seien Naturfett wie unraffinierte Sheabutter oder harnstoffhaltige Lotionen mit körperähnlichen Lipiden.

Laufveranstaltungen – Tanz der Mikroben
Hygiene ist mehr als Körperpflege und Kleiderwäsche. Nicht von ungefähr ist „Hygieia“ die griechische Göttin der Gesundheit. Für Laufbegeisterte stellt sich die Frage nach den Übertragungsrisiken krankheitserregender Keime im Umfeld teilnehmerstarker Laufveranstaltungen.
Mit Sicherheit sind da einige Athletinnen und Athleten im Feld, die unliebsame Erreger verstreuen. Auch die gemeinsame Nudelparty, das Hotelbuffet sowie sanitäre Anlagen sind potenzielle „Keimschleudern“. Welche Gefahren sind realistisch, welche Vorsichtsmaßnahmen sinnvoll?
Der menschliche Körper ...
... beherbergt mindestens ebenso viele Mikroorganismen, wie er Zellen besitzt – nach aktuellen Berechnungen ca. 40 Billionen (eine 4 mit 13 Nullen). Darunter sind viele nützliche, gar lebenswichtige (z. B. Darmbakterien), aber auch sehr gefährliche.
Verbreitungsmodus entscheidend
Erreger werden aerogen (keimhaltige Luftschwebstoffe), durch Tröpfchen- und Schmierinfektion (Sekrete, Hautkontakte), über Körperflüssigkeiten oder Tiere auf Menschen übertragen. Bei Sportevents kommen vor allem erstgenannte Mechanismen zum Tragen. Grippe-, Influenza-, SarsCov2- und Masernviren gehören zu den aerogenen Erregern, von denen durch ihre Omnipräsenz die größten Ansteckungsrisiken ausgehen.
Gefährliche Bakterien wie der Tuberkuloseerreger werden durch Tröpfchen beim Husten, Niesen, Sprechen oder Ausatmen übertragen. Tuberkelbakterien überleben auch außerhalb des Organismus bis zu drei Monate. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung ist infiziert – oft symptomfrei.
Gerade bei internationalen Laufveranstaltungen besteht die Gefahr, mit dem Tuberkelbakterium in Kontakt zu kommen. Kein Anlass für Ängste, aber Grund für die Einhaltung von Hygieneregeln. Dazu gehört auch eine, die vorwiegend von männlichen Athleten bisweilen ignoriert wird. Das Ausspucken sowie der „Charlottenburger“ (Auswerfen von Nasensekret) sind trotz prominenter „Vorbilder“ aus dem Profifußball weder hoffähig noch hygienisch unbedenklich.
Noroviren haben es besonders in sich
Die teils Tage bis Wochen andauernde Überlebensfähigkeit mancher Erreger außerhalb des Körpers machen Speichel und Nasensekret zu potenziellen Infektionsherden. Beide Auswürfe sind deutlich voluminöser und folglich mit einer viel höheren Keimzahl belastet als die bei normalen zwischenmenschlichen Kontakten (sprechen, Atemnähe) ausgetauschten Tröpfchen.
Besonders tückisch sind Noroviren. Diese weit verbreiteten, hoch ansteckenden Erreger von Brechdurchfällen bleiben auch außerhalb des Körpers, z. B. auf Textilien, tagelang infektiös. Sie lauern im Mund und auf allem, was mit Stuhl, Erbrochenem oder Speichel eines Erkrankten in Berührung gekommen ist (benutztes Besteck, Zahnbürste, Kaugummi).
Noroviren haben eine kurze Inkubationszeit, die ihre Opfer meist wenige Stunden nach der Infektion zur Toilette, aber nicht mehr sportlich laufen lässt. Da aber auch zwei bis drei Tage zwischen Infektion und Symptomausbruch liegen können, ist nicht auszuschließen, dass frisch infizierte noch an einer Laufveranstaltung teilnehmen und unbewusst ihre ungebetenen Gäste verstreuen.
Ansteckungsgefahr nicht unbedingt hoch
Ängstlich, zumindest in Bezug auf den Fremdspeichel braucht man bei der Teilnahme an einer Laufveranstaltung aber nicht zu sein. Meistens geht vom Mundsekret keine große Gefahr aus, zumal einige Enzyme wie das Bakterien abtötende Lysozym dem Speichel eine gewisse desinfizierende Wirkung verleihen.
Erkältungsviren finden sich selten im Mund, sondern eher in Nasen- und Augensekreten. Von dort gelangen sie oft unbewusst an die Hände von Infizierten, die sie dann manuell weitergeben. Insofern ist das Laufen in der Gruppe infektionsbiologisch weniger riskant als der händische Glückwunsch oder das „Massen-Abklatschen“ nach dem Zieleinlauf.
Hände – insbesondere, wenn ihre letzte Wäsche länger zurückliegt – sind Tummelplätze unzähliger Keime. Dagegen finden sich in Speichel und Nasensekret von Personen, die mit AIDS- oder Hepatitis B/C-Viren infiziert sind, nur geringe Erregerkonzentrationen, sodass die Kontakte beim gemeinschaftlichen Sport undramatisch sind. Beim Laufen im Pulk ist die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes zur Konkurrenz grundsätzlich eine gute Schutzmaßnahme.

Carboloading vom Buffet – Auf die Hygiene kommt es an
Gefahrenquelle Nr. 1, sich einen unliebsamen Erreger einzufangen, ist das Essen. Der Umgang mit Lebensmitteln von der Quelle, über die Verarbeitung bis hin zum Verzehr erfordert besondere Sorgfalt. Die Vorschriften in Deutschland gehören zu den strengsten weltweit. Dennoch lassen sich Kontaminationen etwa mit Salmonellen, Listerien oder EHEC nie ganz ausschließen.
Hygiene im eigenen Haushalt (Kühlschrank, Schneidebrett, Besteck) und bei der Speisenzubereitung (getrennte Verarbeitung, keimtötendes Erhitzen) liegt in eigenen Händen. Bei Laufevents beinhalten gemeinsame Mahlzeiten wie die Nudelparty oder das Hotelbuffet ein gewisses Gefahrenpotential. Die Benutzung desselben Entnahmebestecks durch viele Personen und fehlende Spuckschutzvorrichtungen bei offenen Aufschnittplatten erleichtern Mikroorganismen die Ausbreitung.
Warmhaltelampen schaffen überdies günstige Wachstumsmilieus. Das größte Risiko geht aber von humanen „Mitessern“ aus, die es mit der Handhygiene insbesondere nach dem Toilettenbesuch nicht so genau nehmen. Besonders Coli-Bakterien sind Hauptfeinde jedes Buffets.

Dixi-Klo – ein Risiko?
Für den Nervositäts-Toilettengang vor dem Start bleibt meist nur das „Dixi“ oder ein anderes öffentliches WC. Besonders angenehm findet das niemand, aber wer sich richtig verhält, fängt sich auch auf einer weniger appetitlichen Toilette keine Krankheit ein. Die Klobrille sollte sauber sein, aber Sterilität ist nicht vonnöten. Kontakt mit Oberschenkeln ist – sofern keine offenen Wunden vorhanden sind – nicht bedrohlich, da Keime eine intakte Hautbarriere nicht überwinden können.
Das Problem sind einmal mehr die Hände. Mit ihnen berühren wir Speisen und oft unbewusst Augen, Nase und Mund. Gerade das sind Haupteintrittspforten von Erregern. Richtiges Verhalten bedeutet daher vor allem gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife, abtrocknen mit Einmal-Papiertüchern. Textile Handtücher sind ebensolche Keimschleudern wie Gebläse-Trockner! Geschlechtskrankheiten holt man sich in aller Regel nicht auf einer öffentlichen Toilette. Bei der vermeintlich protektiven Verwendung von Desinfektionstüchern und -sprays übersteigt die Belastung für Haut und Umwelt den Nutzen – kein Ersatz für das Händewaschen!
Zeigt her eure Füße
Das feuchtwarme Milieu von beschuhten Läuferfüßen bietet in den Zwischenzehenbereichen, aber auch an der Fußsohle ein Schlaraffenland für das Wachstum verschiedener Pilze. Nach dem Training schnell raus aus Tretern und Socken – trockene Frischluft mögen Mikroben nicht. Eine Barfußlaufeinheit im trockenen Gras ist orthopädisch wie dermatologisch eine Wohltat.
Auch beim Duschen in gemeinschaftlich genutzten Nassbereichen bei Sportveranstaltungen, in Saunen oder Schwimmbädern verdienen die Füße besonderer Zuwendung. Das Tragen von Badelatschen ist hier unabdingbar. Nirgends ist die Gefahr größer, sich über verstreute Hautschuppen einen Fußpilz einzufangen, als auf einem Duschkabinenboden. Zwar bieten auch die Schlappen keinen sicheren Schutz, aber die Kontaktfläche mit dem keimträchtigen Nass ist erheblich geringer.
Fußdesinfektionsanlagen, früher Standardinventar in öffentlichen Bädern, haben das Problem nur verschärft. Der Chemikalienstrahl spült Pilzsporen und Hautschuppen von infizierten Füßen und verseucht den Boden regelrecht. Zudem sind Pilzsporen so widerstandsfähig, dass die Chemikalien mehrere Minuten lang auf die Haut gesprüht werden müssten, was Hautirritationen provoziert und resistente Pilzstämme heranzüchtet.
Daher besser auf Strahldesinfektion verzichten und die sensiblen Zwischenzehenbereiche mit einem separaten sauberen Handtuch abtrocknen. Allem Energiebewusstsein zum Trotz gehören Handtücher regelmäßig mit mindestens 60° Celsius gewaschen. Niedrigeren Waschtemperaturen trotzen etliche der fiesen Winzlinge.

Windige Bakterienschleuder
„Geh nicht mit nassen Haaren aus dem Haus“ – die mütterliche Mahnung aus Kindertagen, klingt uns in den Ohren. Der Fön mag ein potenter Trockner sein – aus hygienischer Sicht aber ein GAU (größte allgegenwärtige Umweltschleuder). So fürsorglich der Rat zum Föhnen der Haare gemeint ist, so unhygienisch ist er.
Das Gebläse verteilt alle im Kopfschmuck von Hinz und Kunz beheimateten Keime effizient im ganzen Raum. Die Fönbenutzung ist ein Grund, erneut zu duschen. Daher besser: Nnur mit dem Handtuch rubbeln – der Rest trocknet von allein. Im Winter schützt die Mütze vor „Mutters Kopfgrippe“, die in Wahrheit eine seltene Viruserkrankung und keine Folge nasser Haare ist.
So läuft´s hygienisch gut
Auch der laufende Mensch ist ein soziales Wesen. Auf gemeinschaftlichen Sport aus Angst vor Ansteckung zu verzichten, wäre der falsche Weg. Hygiene ist wichtig, aber nicht alles. Steril zu leben wäre nicht nur unmöglich, sondern höchst ungesund. Das Immunsystem braucht seine „Trainingsreize“.
Mit täglicher milder Körperpflege, dem Verzicht auf aggressive alkalische Seifen und sauberem Umgang mit Mitmenschen und Nahrungsmitteln sind die Infektionsgefahren minimierbar. Wenn jeder sein Verhalten seiner Rolle als Keimempfänger und -verteiler anpasst, ist der entscheidende Schritt getan, auch bei teilnehmerstarken Sportveranstaltungen das Restrisiko gering zu halten.