40 Jahre Runner Shop Aachen
Seit Jahrzehnten: Top-Beratung für Läuferinnen und Läufer

| Text: Norbert Hensen | Fotos: Runner Shop Aachen

Der Runner Shop Aachen ist eine Institution – nicht nur in der Kaiserstadt ganz im Westen Deutschlands. Manfred Xhonneux gründete sein Fachgeschäft für Läuferinnen und Läufer im November 1982.

Im Runner Shop Aachen herrscht Ordnung. Ein kurzer Blick, dann zieht Manfred Xhonneux einen Ordner aus dem Regal im Keller, wo er sein Büro eingerichtet hat. „Guck mal hier“, sagt er, „das war unser Plakat zur Eröffnung im November 1982. Das kannst du heute genauso wieder drucken lassen.“ Er lacht. „Wir waren damals unserer Zeit schon voraus.“

Laufen ist Lifestyle. Und da sind weite Hosen, Kopfhörer beim Laufen und Vollbart wieder angesagt. Vor ziemlich genau 40 Jahren war der Runner Shop Aachen eines der ersten Laufsport-Fachgeschäfte in Deutschland. Und dabei hatte Gründer Manfred Xhonneux bis dahin vom Einzelhandel keine Ahnung.

Bis 1982 hatte er mit Laufen nichts am Hut. Als Postbeamter war er sorgenfrei. Unkündbar. Sein Leben schien vorgezeichnet. Bis er diesen einen Traum hatte. „Ich habe geträumt, dass ich einen eigenen Laden besitze, ein Sportgeschäft ausschließlich mit Sportschuhen“, erinnert sich Manfred als wäre es gestern gewesen.

Am nächsten Morgen war sein Traum noch so präsent, dass er einen Brief an die US-Firma Nike adressierte. Nike gab es damals zwar schon seit zehn Jahren, war aber nicht annähernd so groß und bekannt wie heute. Manfred Xhonneux wollte Laufschuhe von Nike in Deutschland verkaufen. Drei Wochen später hatte er Post in seinem Briefkasten. Der damalige Nike-Vertriebschef kam persönlich, um Manfred in Frankfurt am Flughafen zu treffen.

„Das war völlig verrückt. Ich hatte ganz ehrlich geschrieben, dass ich keine Ahnung vom Einzelhandel habe, aber unbedingt die Schuhe von Nike verkaufen wollte“, erzählt er. In den 1980er-Jahren fingen viele Sporthändler klein an, teilweise wurde die Ware bei Laufveranstaltungen aus dem Kofferraum raus verkauft. „Das waren meist selbst Läufer – bei mir war das anders.“

Eröffnung des ersten Nike-Shops in Europa

Den Managern des US-Herstellers war egal, dass er kein erfolgreicher Athlet war. „Du bist genauso verrückt wie wir, wir glauben an dich“, lautete die Antwort des heute größten Sportarttikel-Herstellers der Welt. Wenige Wochen später eröffnete Manfred Xhonneux den ersten Nike-Shop Europas und war der erste Sportfachhändler in der Region.

Die Trimm Trab-Welle hatte das Laufen in den 1970er-Jahren populär gemacht. „Die Produkte waren in erster Linie funktional – aber Sport ist eben auch Emotion. Und genauso muss man Produkte auch vermarkten“, sagte sich Manfred Xhonneux. Schon damals setzte er auf gezielte Werbung. Er ließ in Aachen Busse mit seinem Logo und der auffälligen Grafik eines Läufers bekleben. Sein Logo hatte ihm ein befreundeter Professor für Grafik-Design entworfen. Es ziert seit 40 Jahren seinen Laden und alle Werbemittel.

Xhonneux beginnt zu laufen, um die Kundinnen und Kunden besser zu verstehen

Manfred Xhonneux merkte aber schnell, dass die Menschen, die in seinen Laden kamen, nicht nur Laufschuhe kaufen, sondern auch übers Laufen reden wollte. Er begann zu laufen. Um die Läuferinnen und Läufer besser zu verstehen, wurde er selbst einer. Und da man in den 1980er-Jahren nicht joggte, um fit zu bleiben, sondern lief, um Leistung zu zeigen, trainierte er schon nach kurzer Zeit rund fünfmal pro Woche. „Ich war schnell bei einem Pensum von 80 Kilometern pro Woche angekommen.“

Manfreds erster Marathon in London am 21. April 1985 endete nach 3:10:23 Stunden. Sein zweiter ging knapp über die 3-Stunden-Marke (3:00:13 h am 19.04.1985 in Frankfurt). Seine Bestzeit von 2:44:33 Stunden folgte nur wenige Monate später am 29. September 1985 in Berlin. „Dafür, dass ich erst kurz zuvor mit dem Laufen begonnen hatte, war das ganz ordentlich. Aber in der starken Laufszene hier im Dreiländereck gab es damals keinen Blumentopf gewinnen“, sagt er.

Darauf kam es ihm auch nicht an. Er hatte nun endlich verstanden, dass Laufen nicht nur Sport ist, sondern das Leben verändern kann. Seines hatte die Lauferei auf den Kopf gestellt. Den Job als Beamter auf Lebenszeit hatte er quittiert, um selbstständiger Händler zu werden.

Ich habe nie etwas verkauft, von dem ich nicht überzeugt war.

Manfred Xhonneux

Erfahrung wichtiger als Computer

Schon nach kurzer Zeit waren Manfred Xhonneux und sein Runner Shop weit über Aachen hinaus bekannt. „Ich denke, dass ich immer am Puls der Zeit war und wusste, welche Marken gerade besonders gut liefen“, sagt der Self-made-Einzelhändler.

Und nebenbei entwickelte er, was heute keine Analyse-Kamera dieser Welt ersetzen kann: einen Blick und ein Gespür für den richtigen Laufschuh. Bis heute steht kein Laufband in seinem Geschäft. „Für mich ist Erfahrung das allerwichtigste. Die kann kein Computer ersetzen.“

Im Runner Shop testen die Kunden ihre Schuhe auf der Straße vorm Laden. Die Beratung ist die eine große Stärke des Aacheners. Die andere ist sein Gespür fürs Marketing und die Auswahl der richtigen Schuhe. „Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Marke gerade keine guten Laufschuhe baut, dann haben sie auch keine Chance in meinem Sortiment“, sagt Manfred.

Manfred Xhonneux mit Leichtathletik-Legende Carl Lewis, der in seiner Karriere neun
olympische Goldmedaillen und acht WM-Titel im Sprint und Weitsprung gewann

Treibende Kraft bei Bildung eines Händler-Netzwerks

Er muss zu 100 Prozent hinter dem stehen, was er verkauft. „Es fällt am Ende auf uns zurück, wenn ein Kunde nach einer Woche wieder im Geschäft steht, weil der Laufschuh drückt.“ Aber das ist in den vergangenen 40 Jahren nur sehr selten passiert.

Die 1980er-Jahre waren auch das Jahrzehnt, in dem immer mehr Einzelhändler ein Laufsportfachgeschäft gründetet. Manfred Xhonneux gehörte zu den treibenden Kräften, ein Netzwerk zu etablieren. „Wir haben damals mit einigen Händlern die Erfa-Gruppe gegründet. Wir wollten gegenüber den Herstellern eine stärkere Stellung haben, bessere Einkaufskonditionen, gemeinsame Werbeaktionen“, sagt Manfred. Das war eine tolle Zeit.

„Ich habe nie etwas verkauft, von dem ich nicht überzeugt war. Und ich weiß, dass das auch für fast alle meiner Kolleginnen und Kollegen gilt. Wir sind authentisch und wir dürfen nicht austauschbar sein. Die Leute kommen heute zu uns, weil sie sich austauschen möchten. Montags kommen sie in den Laden, um von ihrem Lauf am Wochenende zu berichten.“

Die persönlichen Kontakte fehlen ihm

Seit 20 Jahren organisiert der Runner Shop Aachen einen Benefizlauf. Der gesamte Gewinn wird für karitative Einrichtungen gespendet. Er hat im Laufe der Zeit viele Seminare veranstaltet, hatte Sport-Größen wie Carl Lewis in seinem Laden und Top-Trainer wie Arthur Lydiard. Auch nach 40 Jahren ist Manfred Xhonneux immer noch gerne ein Bestandteil der Laufszene.

Nur eine Entwicklung gefällt ihm nicht. „Früher war viel Zeit für persönliche Gespräche, da rückte das Produkt und das Business manchmal in den Hintergrund“, erzählt er. Heute gebe es eine große Fluktuation bei den Herstellern, oft wechselnde Ansprechpartner. „Oft wird nur noch der Laptop aufgeklappt und es geht um Umsatz, Bestellungen und Zahlen, das finde ich schade.“

Geblieben ist der gute Kontakt zu seinen Kunden. „Meine Mitarbeiter sind alle fest angestellt, ich habe nie mit Aushilfen gearbeitet. Ich glaube, das ist ein großer Vorteil“, sagt der Firmenchef, „meine Leute müssen sich mit den Kunden identifizieren, sie müssen Lust auf Menschen haben, das ist ganz entscheidend für den Erfolg im Fachhandel. Erfolgreich ist man nur im Team.“ Die meisten Kunden sind 30 Minuten und länger im Laden. „Da bleibt immer Zeit für ein Gespräch. Die Kunden möchten das auch so.“ Für Manfred Xhonneux ist das die ganz große Stärke des Einzelhandels.

Große Jubiläumsfeier im November

Im November steigt die große Feier. Mitarbeiter, Weggefährten, Geschäftspartner und Freunde sind geladen, um das Jubiläum zu feiern. Er selbst denkt so langsam daran, das Ruder irgendwann zu übergeben. „Es gibt einen Plan, aber alles zu seiner Zeit“, sagt er und lacht wieder.

Vor dem Online-Handel hat er keine Angst. „Wir sind doch mehr als ein Sportgeschäft, der Fachhandel gehört zu den wenigen Geschäften, in denen Kunden noch ein Kauferlebnis haben“, sagt Manfred Xhonneux. Das verstehen viele aber nicht.

„Es wird immer vom Einkaufserlebnis gesprochen, aber was ist das? Es sind keine toll dekorierten Schaufenster, inszenierte Ware oder zehn Ipads im Laden – das Erlebnis ist der Verkäufer, die Begegnung und der persönliche Austausch. Wenn das zu kurz kommt, können die Leute gleich online shoppen“, sagt Manfred Xhonneux, der nebenbei seit über 20 Jahren noch eine psychologische Praxis führt.

Psychologie zweite große Liebe

„Die Psychologie – und damit meine ich nicht nur die Verkaufspsychologie – war schon immer eine große Leidenschaft von mir. Das war sozusagen der zweite Traum, den ich mir erfüllt habe“, sagt der Vater von vier erwachsenen Kindern und vier Enkelkindern.

Der Runner Shop Aachen ist längst eine Institution in Aachen und der gesamten Region. „Ich bin sicher, dass wir in zehn Jahren auch das 50-Jährige Bestehen feiern werden“, sagt Manfred Xhonneux. Und lacht.