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Läufer des Jahres 2021
Simon Boch überzeugt mit einem Solo-Kraftakt in Kälte und Wind

| von Christian Ermert

Allein gegen den eisigen Wind ist Simon Boch den Marathon in 2:10:48 Stunden gelaufen. Die Olympischen Spiele verpasste er trotz der unterbotenen Norm, weil drei andere noch schneller waren.

Der von German Road Races und laufen.de gekürte Läufer des Jahres 2021 heißt Simon Boch. Der 27-Jährige von der LG Telis Finanz Regensburg ist im Frühjahr in Dresden allein gegen den Wind und in großer Kälte den Marathon in 2:10:48 Stunden gelaufen. Die Olympianorm hatte er damit gleich in seinem ersten Marathon unterboten, aber in Sapporo starten konnte er nicht, weil drei Deutsche noch schneller waren. Im Herbst wurde er Deutscher Meister über die Halbmarathon-Distanz, obwohl sein Training zuvor unter der Grundausbildung bei der Bundeswehr gelitten hatte. Grund genug, ihn zum Läufer des Jahres 2021 zu küren. Jetzt plant er mit professionellem Training als Sportsoldat eine Entwicklung in Richtung 2:07 Stunden im Marathon, um zunächst bei den Heim-Europameisterschaften in München in Top-Form eine gute Rolle zu spielen und dann den 2021 noch verpassten Olympiastart 2024 in Paris nachzuholen.

Die Bilder von diesem 21. März 2021 bleiben im Kopf: An diesem Sonntag stand der Frühlingsanfang im Kalender. Doch das Wetter in Dresden hielt sich so gar nicht daran. Eiseskälte und ein starker Wind machten aus dem Großen Garten einen Kühlschrank. Ein Athlet aber trotzte den widrigen Bedingungen ganz besonders, rannte fast einen ganzen Marathon allein an der Spitze des Elitefeldes und finishte schließlich in 2:10:48 Stunden. Eine Bravourleistung, mit der Simon Boch deutlich unter der für einen Start beim Olympiamarathon in Sapporo verlangten Norm blieb.

Nach dem Rennen gehörte er sogar zu den schnellsten drei deutschen Marathonläufern, die für die Spiele in Japan qualifiziert waren. Doch ein paar Wochen später lief Richard Ringer mit 2:08:49 Stunden auf einem italienischen Flugplatz noch einmal deutlich schneller. Und weil Amanal Petros und Hendrik Pfeiffer zuvor schon schneller gewesen waren als Simon Boch, war der wieder raus aus dem Olympiateam.

„Dadurch ist das Jahr 2021 natürlich ein schwieriges geworden. Ich war im März in Top-Form und hätte sicher noch deutlich schneller laufen können, wenn nicht diese Kälte und der Wind gewesen wären. Hinzu kam, dass mein Tempomacher hätte weiter laufen sollen als rund 12,5 Kilometer.“ Es ist also einiges schief gelaufen für unseren Läufer des Jahres 2021. Gut möglich, dass er bei besserem Wetter und optimalen Pacemakern im Frühjahr 2021 schneller gelaufen wäre als jene 2:10:18 Stunden, mit denen Hendrik Pfeiffer schließlich schon im Dezember 2020 bei guten Bedingungen das Olympiaticket gelöst hatte.

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Mehr Zeit fürs Training dank dem Triumph in Dresden

Trotzdem: Dass Simon Boch unter jenen 2:11:30 Stunden geblieben ist, sollte sich für den 27-Jährigen im Verlauf des Jahres noch auszahlen. Er bewarb sich für einen Platz in der Sportförderung der Bundeswehr und bekam den auch. „Dazu hat sicher das Rennen von Dresden einen Großteil beigetragen“, erklärt er. Nachdem er im Spätsommer die Grundausbildung absolviert hat, kann er sich seit dem Herbst komplett auf sein Training konzentrieren. Den Job im Regensburger Lauf- und Outdoorladen „Lauf und Berg König“, mit dem er sich in den vergangenen Jahren zum Teil finanziert hat, konnte er aufgeben. „Ich bin aber dem Geschäft und seinen Inhabern Francis und Ralf König weiterhin freundschaftlich als Botschafter verbunden“, sagt er.

Dennoch: Die Zeit, in der er früher Laufschuhe verkauft hat, kann er jetzt für Training und Regeneration nutzen. Und so geht er mit großen Zielen in die Zukunft, die auch sein Coach Kurt Ring bestätigt: „Er hat das Potenzial, Richtung 2:07 Stunden zu laufen.“ Die Jahre bis zu den nächsten Olympischen Spielen 2024 haben die beiden auch schon durchgeplant. In naher Zukunft steht erstmal die Cross-Saison und dann ein Höhentrainingslager in Kenia auf dem Programm. Sogar Weihnachten und Silvester will er in Iten verbringen. „Meine Freundin ist Krankenschwester, die muss da sowieso arbeiten, und mit meiner Familie, die im Schwarzwald wohnt, ist das auch geklärt“, sagt er über seine Trainingslagerpläne für die Festtage, die ihm garantieren sollen, schon am 6. März in Barcelona in Top-Form am Halbmarathonstart zu stehen.

Mit einer guten Leistung will er dort seinen Marathon-Startplatz bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in München absichern, den er sich Stand heute bereits mit seiner Dresdner Leistung aus dem Frühjahr 2021 geholt hat. Der Deutsche Leichtathletik-Verband wird sechs Marathonläufer für das EM-Rennen in der Münchner City nominieren, in dem auch ein Teamwettbewerb ausgetragen wird.

Einen weiteren Marathon plant Simon Boch vor der EM nicht. Er will optimal vorbereitet in München an den Start gehen. In dem Wissen, dass in einem solchen Meisterschaftsrennen kaum etwas berechenbar, aber auch ganz viel möglich ist. „Ich will auf jeden Fall vorne mitlaufen, solange das geht“, offenbart er seine Pläne. 2023 will er dann aber ganz klassisch einen Frühjahrs- und einen Herbstmarathon laufen und sich dabei einen Startplatz bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris sichern.