Nach der Pause: So holst du dir die Form zurück

| Text: Carsten Eich | Foto: iStock

Verletzung, Überlastung, Stress, keine Lust: Laufpausen sind manchmal unumgänglich. Was du beim Wiedereinstieg beachten musst, um wieder in Form zu kommen, ohne deinen Körper zu überfordern, verrät dir unser Trainingsexperte Carsten Eich.

Verletzung, Überlastung, Stress, keine Lust: Laufpausen sind manchmal unumgänglich. Was du beim Wiedereinstieg beachten musst, um wieder in Form zu kommen, ohne deinen Körper zu überfordern, verrät dir unser Trainingsexperte Carsten Eich.

Einfach mal Pause machen – das kann richtig guttun. Aber was, wenn die Pause unfreiwillig ist? Wegen einer Verletzung oder zu hoher Belastung im Job? Oder einfach, weil man eine Zeitlang keine Lust auf Laufen hatte? Dann werden aus ein paar Tagen Laufpause schnell Wochen oder Monate. Aber irgendwann ist die Verletzung überwunden, der Stress hat sich gelegt oder die Lust an der Bewegung kommt zurück. Und dann stellt sich die Frage: Wie fange ich jetzt wieder an mit dem Laufen und wie kommt die Form wieder zurück?

Um sinnvolle Ratschläge für den Wiedereinstieg zu geben, sind der Grund und die Länge der Laufpause wichtige Parameter. Nach vier Wochen Pause wegen Motivationsproblemen sieht die Situation definitiv anders aus als nach einer sechsmonatigen Verletzungspause. Aus diesem Grund möchte ich auf drei verschieden lange Zwangspausen eingehen: vier bis sechs Wochen, zwei bis fünf Monate, ein halbes Jahr und länger.

In allen Situationen gilt es, die noch vorhandene Leistungsfähigkeit zu prüfen und zu akzeptieren. Nur so kannst du dann durch die richtigen Trainingsreize möglichst schnell zur gewohnten Form zurückkehren. Grundsätzlich gilt als Faustformel auf dem Weg zur Wiedererlangung der alten Leistungsfähigkeit: Länge der Pause = Länge der Trainingsphase. Dann solltest du wieder da sein, wo du vor der Laufpause gestanden bist.

Und noch etwas ist wichtig: Egal, wie lange die Laufpause gedauert hat: Akzeptiere sie und gib deinem Körper die Chance, die alte Leistungsfähigkeit schrittweise wieder aufzubauen. Ein Körper kann sich an zurückliegende Trainingsbelastungen erinnern. Er kann das aber nicht von heute auf morgen. Aus einem ungewohnten Ruhezustand plötzlich wieder voll durchstarten – das geht leider nicht.

Experte Carsten Eich gibt dir Tipps

Carsten Eich war über viele Jahre der beste deutsche Straßenläufer. Seit 1993 hält er den deutschen Rekord im Halbmarathon. Heute ist er als Laufcoach tätig und veranstaltet auch die laufen.de-Running Camps, deren Programm sich sowohl an Einsteiger, Freizeit- und Gesundheitsläufer als auch an Wettkampfläufer richtet.

Du hast vier bis sechs Wochen pausiert?

Eine geplante Regenerationspause, eine kleine Verletzung oder Überlastung: Und schon hat man ein paar Wochen keinen Sport gemacht. Keine Sorge, das ist meist schnell wieder aufzuholen. Erst recht dann, wenn du dich in der Pause über alternative Trainingsformen wie Radfahren, Schwimmen oder Aquajoggen fitgehalten hast. Ob und in welcher Form das möglich ist, solltest du aber auf jeden Fall mit deinem Arzt besprechen. Dann kannst du schnell wieder mit einem gezielten Aufbautraining starten.

Nach einer vier- bis sechswöchigen Sportpause musst du zuerst die Ausdauerfähigkeit wiederherstellen. Die muskuläre Situation ist nach vier Wochen Pause noch relativ gut, sofern du vor der Pause schon einen guten allgemeinen Muskelaufbau hattest. Trotzdem ist es sinnvoll, in den ersten beiden Trainingswochen durch ruhige Grundlagenausdauerläufe und allgemeines Krafttraining für Rücken und Bauch den weiteren Trainingsaufbau vorzubereiten.

Ab der dritten Woche kannst du dann auch ein leichtes Fahrtspiel mit Tempowechseln bis 300 Metern Länge einbauen, die in den Folgewochen ausgebaut werden können. Du wirst schnell Fortschritte verspüren, da sich dein Körper an bekannte Trainingsreize erinnert und die verlorene Leistungsfähigkeit rasch zurückkehrt. Nach vier bis sechs Wochen mit regelmäßigem Training sollte auch das Tempotraining kein Problem mehr darstellen, sofern du das vor der Pause bereits gemacht hast. Ein erster Testwettkampf nach rund acht Wochen zeigt dir die Fortschritte. Nur eine neue Bestzeit solltest du noch nicht erwarten.

Du hast zwei bis fünf Monate pausiert?

Beschwerden oder eine anhaltende Verletzung können auch zu längeren Zwangspausen führen. Oft kann man sich in der Pause auch nicht mit alternativem Training fithalten. Kommt dann noch eine eingeschränkte Muskelaktivität hinzu – zum Beispiel weil du einen Gips getragen hast – ist der Wiedereinstieg umso schwieriger. Hier musst du ganz behutsam die Trainingsbelastung steigern. Orientiere dich nicht an Belastungen, die du vor der Pause locker weggesteckt hast, sondern starte mit deutlich reduzierten Trainingsinhalten, was Umfang und Geschwindigkeit deiner Läufe angeht. Lieber eine oder zwei Wochen länger für den Aufbau einplanen als eine erneute Verletzung zu riskieren!

Entscheidend ist zu Beginn ein gezielter Wiederaufbau der Muskulatur, der zunächst durch Grundlagentraining auf dem Rad oder im Wasser unterstützt werden kann. Möglichst zweimal pro Woche solltest du ein allgemeines Kräftigungsprogramm machen, um die Muskulatur auf die steigenden Belastungen vorzubereiten. Eine gut trainierte Muskulatur ist die Grundlage, um wieder höhere Umfänge absolvieren zu können und dabei verletzungsfrei zu bleiben. Auch ein paar lockere und kurze Läufe kannst du jetzt schon machen, damit sich dein Körper wieder ans Laufen gewöhnt.

In den ersten zwei bis vier Wochen solltest du auf die Zeichen deines Körpers achten. Leichter Muskelkater ist dabei ein Zeichen für gerade noch effektive Trainingsreize. Das sollte aber keine Dauersituation sein, denn sonst drohen Überlastungen. Nach rund vier Wochen steht dann der Aufbau der Grundlagenausdauer im Fokus. Dann solltest du längere, aber weiterhin ruhige Dauerläufe absolvieren. Dabei ist das Pulsniveau ähnlich wie bei ruhigen Dauerläufen vor der Pause. Dadurch wirst du natürlich erst einmal langsamer sein als damals. Die Geschwindigkeit steigert sich erst durch die Anpassung der Leistungsfähigkeit bei den gleichen Pulswerten.

Nach frühestens acht Wochen kannst du wieder intensivere Trainingsreize durch ein Fahrtspiel oder Tempowechselprogramme einbauen. Mache hier vor allem Trainingsprogramme, die du vor der Pause bereits erfolgreich absolviert hast. Der Körper kann sich an diese Belastungen besser „erinnern“ und passt die Leistungsfähigkeit schneller an. Nach circa zwölf Wochen sollte das Niveau dann bereits so aufgebaut sein, dass durch neue Intensitäten wie Tempoläufe oder Intervallprogramme gezielt unbekannte Trainingsreize effektiv eingesetzt werden können. Diese führen erst zu einer Ermüdung im Körper mit anschließender Leistungssteigerung. Somit ist die Pause überwunden.

Du hast mehr als sechs Monate pausiert?

Bei einer Pause von einem halben Jahr ist es wichtig zu schauen, was sich in der Zeit verändert hat. Wie hat sich mein Gewicht innerhalb der Zwangspause verändert? Wie stehe ich muskulär da? Konnte ich in den vergangenen Monaten überhaupt aktiv sein? Der Wiedereinstieg nach einer sehr langen Pause sollte auf jeden Fall mit einer sportärztlichen Untersuchung beginnen. Ein Belastungs-EKG gibt Hinweise auf effektive Pulsgrenzen und den allgemeinen Fitnesszustand.

Bei vielen Menschen geht eine lange Sportpause mit einer Gewichtszunahme einher. Nordic Walking könnte zu Beginn des Wiedereinstiegs eine gute Alternative zur Gewichtsreduzierung sein, eventuell auch kurze Laufabschnitte mit Gehpausen. Aber auch Ausdauersportarten, bei denen du dein Körpergewicht nicht wie beim Laufen tragen muss, sind ideal für Wiedereinsteiger. Vor allem im Wasser kann ich gezieltes Ausdauertraining ohne Gewichtsbelastung absolvieren und gleichzeitig Muskulatur aufbauen. Auch Radfahren ist gut geeignet.

Spricht aus medizinischer Sicht nichts mehr gegen ein regelmäßiges Lauftraining, musst du zuerst die muskulären Voraussetzungen dafür schaffen. Eine trainierte Bauch- und Rückenmuskulatur ist besonders wichtig, damit es nicht zu Überlastungen und Problemen bei der Belastungssteigerung kommt. Deswegen solltest du mindestens 30 Minuten pro Woche für ein allgemeines Krafttraining einplanen. Daneben steht nach langen Pausen natürlich der Aufbau der Grundlagenausdauer im Fokus. Das gilt auch für Läufer, die vor der Pause ein gehobenes Leistungsniveau hatten. Nach mehr als sechs Monaten Pause kann man nicht einfach zu gewohnten Trainingsplänen zurückkehren. Nimm dir die Zeit, um ein breites Fundament für deine zukünftige Leistungsfähigkeit aufzubauen. Je stabiler diese Basis ist, umso effektiver kannst du darauf aufbauen.

Je nach Länge der Pause solltest du bis zu drei Monate für den Aufbau der Grundlagenausdauer einplanen. Anschließend ist ein gezielter Trainingsaufbau möglich, so dass du nach rund sechs Monaten wieder in dem Bereich der bekannten Leistungsfähigkeit ankommen solltest. Das hört sich zwar lang an, aber es lohnt sich. So kannst du seriös deine Leistungsfähigkeit aufbauen und riskierst
keine Rückschläge.