Wintererlebnisse auf Ski
Judith Havers und Jan Fitschen: Speed-Dating mit Österreichs Top-Skilanglauf-Regionen

| Joël Kruse I Fotos: Fitschen, Pribilla

Judith Havers hat auf laufen.de eine neuntägige Erlebnisreise durch die vier Top-Skilanglauf-Regionen Österreichs gewonnen – an der Seite von Jan Fitschen. Ein Erfahrungsbericht.

Es ist Januar. In Deutschland ist es kalt, grau und nass. Keine Aussicht auf Winterwunderland. Aber genau diese Aussicht hat Judith Havers: Der ambitionierten Läuferin aus Hamburg steht ein neuntägiges Abenteuer in Österreichs Top-Skilanglauf-Destinationen Seefeld, Achensee, Saalfelden Leogang und Schladming-Dachstein bevor. Für die gebürtige Emsländerin ist Skilanglauf völliges Neuland, sie stand vorher noch nie auf den schmalen Brettern.

Der Preis war ein Gewinn

Um sich mit Klima und den örtlichen Gegebenheiten vertraut zu machen, reist sie ein paar Tage früher an. Auf der Rückreise nach Hamburg postet die 45-Jährige auf Instagram: „Fest steht, das war keine einmalige Sache, das möchte ich regelmäßig machen.“

Mit etwas Abstand und Bedenkzeit sagt sie: „Es war ein tolles Speed-Dating mit den Top-Skilanglauf-Regionen Österreichs. Ich bin total angefixt und habe sehr viel Lust darauf, es nochmal zu probieren. Skilanglauf ist bei mir als Alternativtraining absolut im Hinterkopf.“ Aber der Reihe nach.

Region Seefeld - Wintereinbruch und uriger Hüttenabend

Es geht nach Leutasch. Mitten im Wettersteingebirge mit der Zugspitze und dem Naturpark Karwendel präsentiert sich die Region Seefeld mit dem offenen Hochplateau auf 1.200 Metern als ideales Langlauf-Gebiet. Mehr als 245 Kilometer Langlaufloipen bieten die Kulisse für einen entspannten Winterurlaub mit herrlicher Naturlandschaft, vielen Winterwanderwegen und gemütlichen Hütten. Bei Ankunft erwartet Judith Havers noch keine weiße Pracht.

Doch der Winter kommt. Pünktlich zu ihrer Premiere auf Langlaufski verwandelt sich die Landschaft und der Schnee bietet beste Voraussetzungen. Dank der Beschneiungsanlagen und der Höhe gibt es hier ohnehin eine große Schneesicherheit. Und sogar beleuchtete Nachtloipen. Auf Anfänger ist man bestens eingestellt, es gibt acht Langlaufschulen sowie elf Verleihstellen.

Viel Spaß beim Anfängerkurs

Zu Beginn bekommt Judith einen Coach an ihre Seite gestellt, der ihr und anderen Teilnehmer*innen die ersten Schritte auf Ski erklärt. Jan Fitschen ist natürlich auch dabei. „Für mich ein toller Start mit sehr viel Spaß, weil alle Skilanglauf noch nicht wirklich beherrschen, aber so konnte ich sehr entspannt mit anderen in die Woche starten. Uns wurden die Grundlagen in der klassischen Technik beigebracht. Und ich glaube, ich habe mich nicht ganz so schlecht angestellt“, sagt sie.

Die ersten Skilanglaufschritte sind gemacht. „Ich kann mich auf den Brettern halten und komme vorwärts“, lernt sie. Weitere Highlights sind der Besuch der Skisprungschanze in Seefeld („Da oben haben mir ganz schön die Knie geschlottert!“) sowie eine Kaiserschmarrn-Koch-Challenge mit der Hüttenwirtin der Lottenseehütte in Telfs/Mösern.

Region Achensee: Verbesserte Technik und Almwanderung

Tags darauf geht es über Innsbruck weiter in die rund 90 Kilometer entfernte Region Achensee. Dort erwarten den Skilanglauf-Fan gut 200 Loipenkilometer. Nicht nur flach am See entlang, sondern auch viele herausfordernde Strecken zwischen Karwendel- und Rofangebirge. Besonderer Service für Hundeliebhaber: In Pertisau gibt es eine zwei Kilometer lange Hundeloipe.

Neuer Ort, neuer Trainer, neue Tricks. Judith Havers‘ Lernkurve ist steil, sie gewinnt immer mehr Sicherheit mit Skiern und Stöcken, selbst Hügel, die in eine Ebene übergehen, runterzufahren, macht ihr „sau viel Laune“.

Schlittschuhlaufen und Inliner fahren beherrscht sie nicht wirklich und die Erinnerung aus Kindheitstagen fährt immer mit. Sie hat sich mal einen Zahn ausgeschlagen, als sie in Gummistiefeln mit Anlauf auf eine zugefrorene Pfütze gesprungen ist.

Rund um Achensee lässt sich nicht nur auf Skiern Langlaufen. Es gibt viele attraktive Alternativen. „Wir haben eine Almwanderung mit einem Naturpark-Ranger gemacht und lernten Tierspuren zu erkennen und Bäume zu bestimmen. Für mich als Naturmenschen total spannend“, erzählt sie.

Biathlon-Training und Nachtwanderung in Saalfelden Leogang

Weiter geht die Reise in die rund 100 Kilometer entfernte Region Saalfelden Leogang. Die Region punktet mit einem umfangreichen Winter-Aktivprogramm und 150 Kilometern abwechslungsreicher Loipen. Die Skibusse für Langläufer sind gratis. Die Nachbarorte Maria Alm, Zell am See und das bekannte Biathlonzentrum Hochfilzen können über Loipen erreicht werden.

Spannender Programmpunkt am Abend: Der Start zur Nachtwanderung war eine echte Herausforderung - aber als Trailläuferin kennt Judith sich mit Wetterumschwüngen bestens aus. Sie und Jan hatten dennoch viel Spaß, denn nach der Wanderung gab‘s noch einen zünftigen Budenzauber auf der Sinnlehen Alm.

Neuer Tag, neue Bedingungen, alte „Puddingbeine in der Bindung“, wie sie sagt. Judith Havers fühlt sich aufgrund der vereisten Bodenverhältnisse zu Beginn unsicher, stellt sich aber beim gemeinsamen Biathlon-Training mit Schülern der Nordischen Skimittelschule ganz gut an. Sie darf liegend und stehend aus rund 15 Metern Entfernung auf die Scheibe schießen. „Das habe ich vorher auch noch nie gemacht, anfangs hat es nicht so gut geklappt, aber zum Schluss haben wir tatsächlich alle Treffer versenkt.“

Erfolgserlebnisse hat sie auch ohne Gewehr auf dem Rücken: Der feste Abdruck mit Beinstreckung und eine möglichst lange Gleitphase gehen immer besser ineinander über.

Region Schladming-Dachstein: Skilanglauf auf dem Dachsteingletscher

Zum Abschluss der erlebnisreichen Woche geht es in die Region Schladming-Dachstein, wieder rund 90 Kilometer weiter gen Osten. Absoluter Höhepunkt ist hier die Gletscherloipe am Dachsteingletscher in über 2.500 Metern Höhe sowie eine Höhenloipe am 1.582 Meter hohen Rittisberg. Die Region bietet gut 125 Kilometer klassische Loipen sowie rund 95 Kilometer Skatingloipen. Lernwilligen stehen fünf Langlaufschulen im Nordischen Zentrum der Steiermark zur Verfügung. Für Almkulinarik sorgen mehr als 40 Einkehrmöglichkeiten und Hütten entlang der Loipen.

Eine Winterwanderung ist eine prima Abwechslung zum Skilanglauf. „Wir sind zur Rösteralm gewandert und haben dort diese Snowtubes, also große, bunte Plastikreifen entdeckt, mit denen wir herrlich den Hang hinunterrodeln konnten.“ Judith Havers und Jan Fitschen bekommen nicht genug davon und setzen nach dem Abendessen kurzerhand mit Stirnlampen auf dem Kopf die wilden Fahrten fort. Auf Judith Havers‘ Instagramkanal „judijumper“ gibt es ein herrliches Video davon. „Da haben wir uns nochmal so richtig ausgetobt“, erzählt sie.

Winterwunderland bei der Abreise

Am Morgen danach bekommen Judith Havers und Jan Fitschen ihr Winterwunderland mit weißer Pracht, strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Die Kristallloipe im Untertal haben sie samt Trainer fast exklusiv für sich allein. „Das war offensichtlich ein Geheimtipp, es war nichts gespurt und wir konnten Freestyle fahren und auch die Skating-Technik ausprobieren“, berichtet sie. Nachmittags folgt ein gemeinsames Training mit Tamara Steiner, Junioren-Europameisterin im Biathlon.

Am letzten Tag sollen Judith und Jan beim „Fischer Weltcup Challenge App Run“ auf der 2,5 Kilometer langen Runde der original nordischen Weltcupstrecke in Ramsau starten. Hier kann jeder seine Rundenzeiten per App stoppen. Sie sieht die vielen Steigungen und Abfahrten – und verzichtet. „Auch wenn das mein Anspruch war, habe ich mich noch nicht wirklich sicher gefühlt“, sagt sie. Stattdessen dreht sie im Flachstück ihre Runden und verinnerlicht Skilanglauf als winterliches Alternativtraining für Läufer*innen.

10 goldene Regeln fürs Skilanglaufen

  1. Jeder Langläufer muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
  2. Markierungen und Signale sind zu beachten. Auf Loipen und Pisten ist in der angegebenen Richtung und Lauftechnik zu laufen.
  3. Auf Doppel- und Mehrfachspuren muss in der rechten Spur gelaufen werden. Langläufer in Gruppen müssen in der rechten Spur hintereinander laufen. In freier Lauftechnik ist auf der Piste rechts zu laufen.
  4. Überholt werden darf rechts oder links. Der vordere Läufer muss nicht ausweichen, sollte es aber tun, sofern dies gefahrlos möglich ist.
  5. Bei Begegnungen hat jeder nach rechts auszuweichen. Der abfahrende Langläufer hat Vorrang.
  6. Beim Überholen, überholt werden und bei Begegnungen sind die Stöcke eng am Körper zu führen.
  7. Jeder Langläufer muss, vor allem auf Gefällestrecken, Geschwindigkeit und Verhalten seinem Können, den Geländeverhältnissen, der Verkehrsdichte und der Sichtweite anpassen. Er muss einen genügenden Sicherheitsabstand zum vorderen Läufer einhalten. Notfalls muss er sich fallenlassen, um einen Zusammenstoß zu verhindern.
  8. Wer stehen bleibt, tritt aus der Loipe. Ein gestürzter Langläufer hat die Loipe möglichst schnell frei zu machen.
  9. Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet.
  10. Jeder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.

(Quelle: www.stiftung.ski)

„Skilanglauf ist wie Meditation auf Skiern“

Auch wenn Judith Havers als ambitionierte Läuferin mit Straßenlaufbestzeiten von 38:57 Minuten (10 km), 1:27:13 Stunde (Halbmarathon) und 3:12:12 Stunden (Marathon) natürlich am liebsten in Laufschuhen unterwegs ist, so hat sie die Vorzüge des Skilanglaufens kennen und schätzen gelernt: „Als Alternative und zur Regeneration ist es perfekt. Man kann auch hier wunderbar in der freien Natur den Kopf frei kriegen, mal andere Landschaften kennenlernen.

Es ist dem Laufen schon sehr ähnlich, ein Stück weit Meditation auf Skiern. Zudem ist es gelenkschonend, leicht zu lernen, weil der Laufbewegung recht ähnlich und es spricht andere Muskelgruppen an“, sagt sie. Alles in allem sei es eine tolle Abwechslung, die als Herzkreislauf-Training auf die Grundlagenausdauer einzahle. Zudem sei es eine sanfte Bewegung mit geringem Verletzungsrisiko, die insbesondere dann Spaß macht, wenn man in den Gleitphasen in gespurten Loipen eine gewisse Leichtigkeit spüre.

Allerdings benötige es auch Übung und sei ein Lernprozess. „Ich dachte, ich bin ja sportlich und beherrsche Skilanglauf nach gut einer Woche, aber es braucht noch etwas mehr Übung.“

Jan Fitschen als „coole Begleitung“

Geholfen hat ihr in den vier Top-Skilanglauf-Regionen Österreichs natürlich auch die Erfahrung von Jan Fitschen, der seine Erlebnisse in drei Podcasts verarbeitet hat. Wie lief es mit ihm? „Mit Jan war alles easy, er war eine coole Begleitung und es hat sehr viel Spaß gemacht. Die Reise mit ihm war total kurzweilig. Wir sind beide energiegeladene Charaktere, die Lust haben, Neues auszuprobieren. Der Spaß an den Aktivitäten und bei den einzelnen Programmpunkten kam daher nie zu kurz.

Judith Havers, die als freiberufliche Marketingberaterin und Redakteurin arbeitet, hat sehr viele Laufgeschichten zu erzählen: Im Juli 2022 finishte sie den Groß Glockner Ultratrail, vier Monate zuvor absolviert sie den „Montane Lapland Arctic Ultra“, 500 Kilometer durchs nördlichste Schweden, Anfang September 2021 kam sie zum dritten Mal beim Transalpine Run ins Ziel und 2020 gewann sie bei ihrem zweiten Start den „Ultra Merige El Djerid“, kurz UMED, und lief dabei 100 Kilometer quer durch die tunesische Wüste. Knapp 40 Stunden brauchte sie für 222 Kilometer von Celle nach Hamburg-Fischbek auf dem Heidschnuckenweg im Juli 2020.

Sie bezeichnet sich nicht gerne als Ultraläuferin oder Extremsportlerin. „Ich bin Läuferin“, sagt sie. Sie laufe regelmäßig und fühle sich gewappnet für spontane Läufe, diese Vielfalt an Untergründen und Streckenlängen mache das Laufen erst aus. Fürs Berglauftraining nutzt sie ihren Hausberg, den 116 Meter hohen Hasselbrack, der zu den Harburger Bergen im Süden Hamburgs gehört.

Ihr Trainingsumfang variiert je nach Wettkampfplanung. Aktuell läuft sie rund 100 Kilometer pro Woche und macht nebenbei Alternativtraining wie Yoga, Radfahren oder funktionelles Training. Mitte Juli will sie zusammen mit einer Lauffreundin beim Eiger Ultratrail 250 starten. Ein 250 Kilometer langes Abenteuer, bei dem 18.000 Höhenmeter zu absolvieren sind. Zumindest ein paar Grundlagen dafür dürfte sie in den Top-Skilanglauf-Regionen Österreichs gelegt haben.