Salomon Zugspitz Ultratrail 2023
Ultratrail-Sieger Marcel Geißler in Garmisch mit seinem vier Wochen alten Töchterchen gefeiert

| von Norbert Hensen | Fotos: PlanB (Klaus Fengler)

Fast 4000 Läuferinnen und Läufer aus 59 Nationen. Sechs Wettbewerbe von fünf Startorten – der Salomon Zugspitz Ultratrail untermauerte seinen Ruf als größtes Trailrunning-Event Deutschlands.

111 Kilometer – eine geeignetere Streckenlänge hätte es bei der 11. Auflage des Salomon Zugspitz Ultratrail powered by Ledlenser nicht geben können. Erstmals starteten die Läuferinnen und Läufer über die Königsdisziplin des ZUT in die Nacht hinein. Um 22 Uhr fiel am Freitagabend pünktlich der Startschuss. 5180 Höhenmeter galt es zu bezwingen.

Und keiner kam so gut durch die Nacht und über die Berge rund um Deutschlands höchsten Berg wie Marcel Geißler vom „The North Face“ Team. Der 38-Jährige setzte sich bereits ab der zweiten Verpflegungsstelle von seinen Konkurrenten ab. Er zeigte keine echte Schwächephase und siegte letztlich in 12:36:05 Stunden souverän vor Michael Zweigart vom Allgäu Outlet Raceteam und Dynafit Athlet Andre Purschke (13:19:11 h).

Töchterchen Elfi als perfekte Motivation

Vor gut zweieinhalb Jahren entdeckte Marcel Geißler das Trailrunning für sich. „Ich habe viele Jahre lang Fußball gespielt“, erzählte der junge Familienvater entspannt im Ziel. Die Strapazen der 111 Kilometer sah man ihm nicht an. „Ich habe es relativ ruhig angehen lassen und geschaut, dass ich meinen Rhythmus finde. Am Scharnitzjoch hatte ich in der Nacht einen kleinen Tiefpunkt, aber davon habe ich mich zum Glück gut erholt. Der Gedanke, meine Tochter im Ziel in den Arm nehmen zu können, hat mich nochmal extra motiviert.“

Töchterchen Elfi kam vor vier Wochen auf die Welt. Die letzten Meter hatte er die Erlaubnis bekommen, den Kinderwagen mit auf die Strecke zu nehmen, um gemeinsam mit seiner Tochter ins Ziel zu laufen. Die Stimmung im Zielbereich in Garmisch-Partenkirchen war grandios.

Über den Dynafit Transalpine Run 2023 zum UTMB 2024

Hauptberuflich arbeitet Marcel Geißler als Bereichsleiter bei der AOK in Berchtesgaden. Die Berge hat er vor der Haustür. Professionell trainiert er seit rund zwei Jahren. Sein Coach Arne Wolff von „Two Peaks Endurance“ hatte ihm diesen Erfolg zugetraut. „Marcel hat eine sehr gute Entwicklung genommen, die Skitouren als Trainingseinheiten im Winter haben sich ausgezahlt.“

Der UTMB in Chamonix über 170 Kilometer ist das große Ziel von Coach und Athlet. Aber eher im kommenden Jahr. „Marcel möchte dieses Jahr den Transalpine-Run laufen und hat einen starken Partner, ich denke, dass die beiden dort weit vorne mitrennen können“, sagt Arne Wolff.

Deutlich spannender ging es bei den Frauen zu: Die Titelverteidigerin und bis zur letzten Verpflegung in Führung liegende Tschechin Lada Stalzerova musste sich am Ende der Mitfavoritin Marta Wenta geschlagen geben. Die Polin lief auf den letzten Kilometern noch einen Vorsprung von fast sieben Minuten heraus und gewann schließlich in 15:12:49 Stunden. Dritte wurde Anja Röttinger von der LAC Freiburg in 15:32:29 Stunden.

Hans-Peter Innerhofer mit zweitem Sieg bei der Golden Trail Series

Mit fast 800 Läufer:innen, tausenden Zuschauern und einer ausgelassenen Festival-Stimmung hatte der ZUT 2023 mit dem neuen Garmisch-Partenkirchen-Trail am Freitagnachmittag über 32 Kilometer und 1535 Höhenmetern begonnen. Hier setzten sich am Ende die Favoriten durch: Emma Pooley aus der Schweiz und Hans-Peter Innerhofer aus Österreich, beide für das Team Salomon startend. Mit einer Zeit von exakt 2:24 Stunden lag Innerhofer weit vor der kalkulierten Siegerzeit und über sechs Minuten vor dem Zweitplatzierten Lukas Gasser aus Italien (Team Scarpa, 2:30:16) und dem Tschechen Tomas Hudec (Salomon/Rab) in 2:30:26. Schnell ging es auch bei den Damen zu: Emma Pooley benötigte nur 2:48:28, klar vor den beiden Deutschen Laura Hampel (adidas Terrex) in 2:56:11 und Anja Kobs (TSV Alling) in 3:01:27.

Das Rennen gehört zur nationalen Golden Trail Series. Für Hans-Peter Innerhofer war es nach seinem Sieg in Bad Reichenhall vor einigen Wochen schon der zweite Sieg in der Serie.

Ruth Croft läuft auf 88-Kilometer-Distanz allen Männern davon

Kaum weniger anspruchsvoll als der Ultratrail ist der Ehrwald Trail über 88 Kilometer und gut 4000 Höhenmeter. Und hier lief eine bärenstarke Neuseeländerin sogar allen Männern davon. Ruth Croft (adidas Terrex) bewältigte die Distanz in schnellen 11:09:54 Stunden. Croft gehört zur absoluten Elite auf den langen Trails. Die zweite Frau (Valerie Anderl) folgte mit mehr als zwei Runden Rückstand.

Schnellster Mann im Ziel war Till Fischer (LG Würm Athletik/TSV Gilching-Argelsried) in 11:10:38 Stunden.

Florian Reichert hakt WM-Ausstieg mit Sieg über 45 Kilometer ab

Ein WM-Starter von Innsbruck war beim Mittenwald-Trail über 45 Kilometer am Start. „Ich brauchte das für den Kopf“, erzählte Florian Reichert. (Team Volkswagen R), der in Innsbruck auf der extrem schweren 87 Kilometer langen WM-Strecke nicht ins Ziel kam. Der Ausstieg bei einer WM hat den 41-Jährigen kurzzeitig zweifeln lassen, ob er noch ganz vorne mitlaufen kann. Reichert gehört seit vielen Jahren zu den besten deutschen Trailläufern, der viele Erfolge gefeiert hat.

Und am Samstag kam ein weiterer hinzu. Er siegte in 4:01:49 Stunden vor einem der vielen „jungen Wilden“, die aktuell den Weg von der Straße auf den Trail finden. Max Rahm (LC Donnersberg) rannte seinen ersten Trail überhaupt. „Bergauf konnte ich gut mithalten, war zwischenzeitlich sogar vor Florian, aber bergab fehlt mir noch die Technik und die Erfahrung“, erzählte Rahm, der 2022 in Berlin den Marathon in 2:23:58 Stunden rannte.

„Ich bin aktuell auf Heimaturlaub und wollte im Sommer einen Wettkampf machen, da habe ich mich vor ein paar Wochen spontan für den Start beim ZUT entschieden“, sagte der in den USA studierende 26-Jährige. Für Florian Reichert war es ein hartes Stück Arbeit, den Jungspund in Schach zu halten. „Ich wusste, dass ich genug Vorsprung im Downhill rauslaufen musste. Es hat nochmal gereicht.“

Jetzt freut er sich auf besonderes Ereignis. Im September wird er zum zweiten Mal Vater. Deshalb habe ich für dieses Jahr erstmal keine weiteren Pläne.

Triathlon-Ikone Chrissie Wellington beim Leutasch-Trail vorn

Immer wieder sind beim ZUT auch Weltklasse-Athletinnen und -Athleten am Start, die man eigentlich aus anderen Sportarten kennt. Vor vier Jahren lief Biathlon-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier beim Basetrail XL über 39 Kilometer allen anderen Frauen davon. In diesem Jahr hatte Chrissie Wellington für den Leutasch-Trail gemeldet. Die Britin dominierte viele Jahre auf der Langdistanz im Triathlon. Zwischen 2007 und 2011 gewann sie viermal das legendäre Ironman-Rennen auf Hawaii. Bei der Challenge Roth triumphierte sie insgesamt drei Mal.

Die Britin ist eine Legende im Triathlon. Beim ZUT stellte sich die 46 Jahre alte Ausnahmesportlerin der Konkurrenz über die 69-Kilometer-Distanz mit 2950 Höhenmetern. Chrissie Wellington lief immer kontrolliert, hielt sich zu Beginn noch etwas zurück, um am Ende ihre immer noch vorhandene außergewöhnliche Ausdauer auszuspielen. Die sympathische Sportlerin siegte schließlich in 8:25:26 Stunden vor der Münchnerin Hannah Kilgenstein, die lange Zeit Das Rennen geführt hatte.

Nur zwei Männer waren auf dieser Distanz schneller als die starken Frauen. Der Österreicher Alexander Gepp schaffte den Leutasch-Trail als einziger in weniger als acht Stunden (7:38:42 h). Und Lars Schweizer, Coach und Mitbetreiber von Two Peaks Endurance, kam als Zweiter nach 8:09:38 Stunden ins Ziel. Erst vor wenigen Wochen hatte Lars einige laufen.de Rookies auf ihren ersten Trail beim Auftakt der National Golden Trail Series in Bad Reichenhall vorbereitet.

Sebastian Hallmann muss starken Neuseeländer ziehen lassen

Neu im Programm beim ZUT: Der Grainau-Trail über „nur“ 15 Kilometer und 500 Höhenmeter. Ein Rennen für die ganzen schnellen. Zu den Favoriten zählte hier Sebastian Hallmann (Team Volkswagen R), der schon als 10.000-Meter-Läufer viele Erfolge feierte, bevor er auf die langen Trails wechselte. In dem stark besetzten Rennen kam der 46-Jährige in 1:01:19 Stunden auf den dritten Rang. Vlad Ixel aus Neuseeland (58:11 h) war an diesem Tag einfach zu stark. Auch Raphael Rakut (MTV Pfaffenhofen/1:00:55 h) musste Hallmann ziehen lassen. Aber nach seiner Herzmuskelentzündung, die ihn vor eineinhalb Jahren zu einer dreimonatigen Pause zwang, sieht er sich wieder auf dem Weg nach oben. „Ein bisschen was fehlt noch, aber bis zum Transalpine-Run ist ja noch ein bisschen Zeit.“ Der TAR ist das nächste große Ziel des Münchners.

Pfeilschnell war bei den Frauen Hallmanns Teamkollegin mit dem großen „R“ auf der Brust. Lena Ritzel (Volkswagen R) siegte auf der ZUT-Kurzdistanz in 1:08:31 Stunden.

Alle Ergebnisse des Salomon Zugspitz Ultratrail findest du hier!