Vorfreude auf den Berliner Halbmarathon

| Text: Jörg Wenig | Fotos: Imago, SCC-Events/Camera 4
36.000 Teilnehmer starten am 8. April beim Berliner Halbmarathon. Rekord. Unter ihnen Gesa Krause, Katharina Heinig, Homiyu Tesfaye und Philipp Pflieger.

Mit über 36.000 Teilnehmern steigt am 8. April der Berliner Halbmarathon. Neuer Teilnehmerrekord. Kein deutscher Lauf repräsentiert mit seiner Geschichte derart eindrücklich die Ost-West-Vergangenheit der einst geteilten Stadt Berlin wie der Halbmarathon. 1981 als Friedenslauf „Hauptstadt der DDR“ in Ost-Berlin gestartet, wurde die Veranstaltung 1990 mit dem West-Berliner Halbmarathon im Grunewald vereinigt und symbolisiert mit seiner Streckenführung diesen geschichtlichen Aspekt.

Die 21,1 Kilometer führen vom Start auf der Karl-Marx-Allee über den Alexanderplatz, Unter den Linden durchs Brandenburger Tor in den Tiergarten. Von dort geht es an der Siegessäule vorbei über den Ernst-Reuter-Platz bis zum Schloss Charlottenburg. Auf dem Rückweg passieren die über den Ku’damm die Gedächtniskirche, Checkpoint Charlie, Potsdamer Platz und das Rote Rathaus. Sightseeing pur!

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Live-Übertragung von #berlinhalf

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Nach sechs Jahren gibt es dieses Jahr auch erstmals wieder eine professionell aufgestellte Live-Übertragung des Berliner Halbmarathons. Mit mehreren stationären und mobilen Kameras wird der Lauf am kommenden Sonntag ab 10:00 Uhr live auf der Facebook-Seite von SCC EVENTS und auf der Website übertragen. Kommentator ist René Hiepen, ihm zur Seite steht Langstreckenläufer Falk Cierpinski. Dabei wird nicht nur der Rennverlauf beim Elitefeld verfolgt. Eine Kamera fährt auch im Feld der vielen tausend Läuferinnen und Läufer mit und folgt dem Ex-Fußball-Profi Hans Sarpei (u.a. VfL Wolfsburg, Schalke 04), der hier seinen ersten Halbmarathon bestreitet. Sarpei („das T steht für Coach“, „Let‘s dance“, „Ultimate Beastmaster“), der bis vor einigen Monaten nie länger als acht Kilometer am Stück gelaufen war, wagt sich am 8.April auf die genau 21,0975 Kilometer durch Berlin.

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Gesa Krause versucht sich zum zweiten Mal am Halbmarathon

Aus spitzensportlicher Sicht verspricht vor allem der Auftritt von Hindernis-Europameisterin Gesa Krause Spannung. Sie nimmt einen zweiten Anlauf im Halbmarathon. Die 25-jährige Weltklasseläuferin, die für den Verein Silvesterlauf Trier startet, hatte sich vor einem Jahr in Ras Al Khaimah (Vereinigte Arabische Emirate) schon einmal an den 21,0975 Kilometern versucht. Zu müde nach einem unmittelbar vorangegangen Trainingslager ging ihr bei der Premiere jedoch schnell die Kraft aus. Nach 15 Kilometern ging Gesa Krause aus dem Rennen. Jetzt nimmt die Hindernis-WM-Dritte von 2015 einen neuen Anlauf in Berlin. Wenn die erst 25-jährige Gesa Krause ihr Potenzial auch nur halbwegs auf den Halbmarathon übertragen kann, kann sie am Sonntag eine gute Rolle spielen.

Dabei könnte es hilfreich sein, dass mit Katharina Heinig (Eintracht Frankfurt) nicht nur eine regelmäßige Trainingspartnerin sondern auch eine gute Freundin im gleichen Rennen sein wird. Die amtierende Deutsche Marathon-Meisterin hat eine Bestzeit von 72:55 Minuten. Nachdem sie vor einem Jahr beim Berliner Halbmarathon ihre persönliche Bestzeit um 30 Sekunden verpasst hatte, will Katharina Heinig es dieses Mal besser machen. 72:55 Minuten war sie vor zwei Jahren in Barcelona gelaufen. In Berlin plant die 28-Jährige eine deutliche Steigerung. Krause und Heinig bereiteten sich zuletzt in einem Trainingslager in Südafrika auf das Rennen in Berlin vor.

Als Favoritinnen gehen bei den Frauen die Kenianerinnen Maryanne Wangari und Eunice Kioko an den Start. Vielleicht kann auch die für Grün-Weiß Kassel laufende Äthiopierin Kejeta Melat ganz vorne mitmischen. Hinter diesem afrikanischen Trio hat eine Gruppe von europäischen Läuferinnen gute Chancen, einen der vorderen Ränge zu erreichen oder sogar für eine Überraschung zu sorgen - darunter sind Katharina Heinig und Gesa Krause.

Auf der schnellen Berliner Strecke dürfte für Maryanne Wangari und Eunice Kioko das Erreichen einer Zeit unter 70 Minuten ein Ziel sein. Bisher stehen ihre Bestzeiten etwas über dieser Marke. Wangari lief beim traditionellen Paderborner Osterlauf vor zwei Jahren als Zweite 70:13 und ist damit die schnellste Läuferin auf der Startliste des Berliner Halbmarathon, Kioko erreichte 2017 in Paderborn 70:31 und belegte damit ebenfalls Platz zwei. Obwohl sie nicht ganz an ihre sechs Jahre alte Bestzeit von 70:27 Minuten herankam, zeigte Kejeta Melat zuletzt gute Konstanz über die Halbmarathonstrecke. Dazu gehört auch der vierte Platz, den sie vor einem Jahr beim Berliner Halbmarathon mit 71:00 belegte.

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Ist Halbmarathon-Aufsteiger Homiyu Tesfaye schon bereit für den deutschen Rekord?

Im Rennen der Männer sind mit Homiyu Tesfaye und Philipp Pflieger zwei deutsche Athleten am Start, die sehr gute Platzierungen erreichen können. Eine überraschend starke Leistung zeigte vor einem Jahr beim Berliner Halbmarathon Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), der ein mutiges Rennen lief. Am Ende erreichte der 1500-Meter-Spezialist einen beachtlichen siebten Platz mit einer guten persönlichen Bestzeit von 62:58 Minuten.

Im vergangenen Monat steigerte er sich in Den Haag auf starke 61:20 Minuten. Es ist gut möglich, dass er am Sonntag erneut für eine Überraschung sorgen kann. Wenn die Bedingungen gut sind, könnte Homiyu Tesfaye vielleicht sogar einen Angriff auf den deutschen Rekord starten: Diesen stellte Carsten Eich beim Berliner Halbmarathon vor 25 Jahren auf. Der damalige Leipziger gewann 1993 das Rennen überraschend in 60:34 Minuten - dies war damals sogar ein Europarekord.

Vielversprechend ist Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) in das Wettkampfjahr 2018 gestartet. Nachdem 2017 so gut wie nichts nach Plan gelaufen war, meldete sich der inzwischen 30-Jährige im Februar beim Barcelona-Halbmarathon mit einer Bestzeit von 63:44 Minuten zurück. Beim Berliner Halbmarathon will er diese Zeit nun nochmals unterbieten.

Die Favoriten kommen aber auch im Männerrennen einmal mehr aus Kenia. In den vergangenen 20 Jahren wurde das Rennen von Läufern aus Kenia dominiert. Seit 1998 haben die Kenianer das Männerrennen bis auf drei Ausnahmen immer gewonnen. Am Sonntag treffen mit Gilbert Masai und Richard Mengich die Sieger der vergangenen beiden Jahre aufeinander.

Masai geht als Titelverteidiger ins Rennen, sein kenianischer Landsmann Mengich gewann den Berliner Halbmarathon 2016. Beide weisen als einzige im Feld Bestzeiten unterhalb der Stunden-Barriere auf, so dass ein interessantes Duell möglich ist. Masai ist mit seiner persönlichen Bestzeit von 59:31 Minuten der schnellste Läufer im Feld. Diese Zeit erreichte er vor zwei Jahren in Kopenhagen. In Berlin gewann er vor einem Jahr in 59:57. Mengich stellte seine Bestzeit von 59:35 bei seinem Sieg in Göteborg 2016 auf. In Berlin hatte er zuvor mit 59:58 gewonnen.

Für eine Überraschung sorgen könnten zwei Landsmänner: Newcomer Erick Kiptanui gewann sein Halbmarathon-Debüt in Lissabon im vergangenen Monat in flotten 60:05 Minuten trotz eines starken Windes. Frederick Kipkosgei wird in Berlin sein Debüt über die Halbmarathon-Distanz rennen. Er ist bisher hauptsächlich über 5000 Meter gelaufen und war über diese Strecke Fünfter bei der Junioren-WM 2014.