Interview
Was die Leichtathletik jetzt für Hobbysportler tut

| Interview: Christian Ermert | Fotos: DLV, privat

Mit einer digitalen Initiative für Bewegung, Wissen und Gesundheit unterstützt der Deutsche Leichtathletik-Verband Hobby- und Spitzensportler. Federführend dabei: Kristin Behrens, Professorin an einer Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Schwerin. Im Interview erklärt sie, was hinter der Aktion steckt.

Zu Beginn der Corona-Krise wurden die Menschen aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Damit die Gesellschaft trotzdem in Bewegung bleibt, hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) eine Initiative gestartet, die Service in Sachen Bewegung, Wissen und Gesundheit bietet. Die Aktion richtet sich an Hobbysportler, aber auch an Top-Athleten wie Konstanze Klosterhalfen (Foto), die Dritte über 5000 Meter bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2019 in Doha. Federführend dabei ist Kristin Behrens. Die Präsidentin des Leichtathletik-Verbandes Mecklenburg-Vorpommern und promovierte Sport- und Gesundheitswissenschaftlerin ist im Hauptberuf als Professorin an einer Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Schwerin tätig. Im Interview erklärt sie, was hinter der Aktion steckt.

Professor Kristin Behrens: »Für den DLV sind auch Hobbysportler wahre Athleten«

Frau Professor Behrens, der Deutsche Leichtathletik-Verband hat in der Corona-Krise Themen für sich entdeckt, die für alle Menschen relevant sind, die gesund durch diese schwere Zeit kommen wollen. Auf der DLV-Webseite spielen plötzlich Informationen zu gesunder Ernährung, zu mentaler Stärke, zu Fitnesstraining im Freien und auch zum Laufen die Hauptrolle. Normalerweise wird dort vor allem über die Leistungen der Top-Athleten berichtet, die darauf hoffen, vom DLV zu Olympischen Spielen oder Welt- und Europameisterschaften geschickt zu werden. Woher kommt dieser Wandel?
Kristin Behrens: Der DLV kümmert sich auch in normalen Zeiten nicht nur um seine Top-Athleten. Die genannten Themen waren im DLV, aber auch in den Landesverbänden und den Vereinen bereits vorher zentral. Aber in der Corona-Krise bot sich uns die Möglichkeit, diesen Themen medial mehr Raum zu bieten. Wir wollen stärker zeigen, dass Leichtathletik viel mehr ist als das Erbringen von messbaren Leistungen im Laufen, Springen und Werfen nach strengen Regeln. Uns ist es wichtig, dass die Leichtathletik auch offen ist für Menschen, die einfach im nächsten Park etwas für ihre Fitness und ihre Gesundheit tun wollen. Auch sie sind für uns wahre Athleten, was das Motto der Initiative widerspiegelt: True Athletes. Sie alle wollen wir mit erstklassigem Service und Ratschlägen unterstützen. Ziel der Initiative ist es auch, die Community über einen digitalen Meeting-Point auf leichtathletik.de und auf den Social-Media-Kanälen des DLV zu vernetzen. Unter dem Motto TrueAthletes@Home zunächst in Zeiten von vermehrtem Home Office, Home Schooling und Home Training. Mit zunehmender Normalisierung haben wir das Motto zu TrueAthletes@BackOnTrack geändert.

Und wenn die Pandemie abebbt und die besten Athleten wieder zu Wettkämpfen antreten können, verschwinden diese Inhalte wieder aus dem Fokus?
Nein, auf keinen Fall. Die Initiative ist langfristig als dauerhaftes Service-Angebot angelegt und soll Spitzensport und Sport für alle im ersten Schritt bis zu den ins Jahr 2021 verlegten Olympischen Spielen vereinen. Wir haben für die Aktion sehr viel positives Feedback erhalten. Auch von jungen Zielgruppen, die wir verstärkt erreichen wollen, indem wir die Leichtathletik noch stärker digital erlebbar machen. Denn das ist auch ein wichtiges Ziel des Projektes.

Welche Rolle spielt das Laufen im Rahmen der Initiative?
Eine ganz große. Laufen ist einfach. Laufen ist Lifestyle. Laufen sorgt für Wohlbefinden. Laufen ist gesund. Und wer nicht läuft, kann auch walken. Wir alle im DLV sind sehr beeindruckt davon, wie kreativ die organsierte, aber auch die nicht an Vereine gebundene Laufszene mit der Krise umgeht. Da werden aus realen Events in wenigen Tagen erfolgreiche virtuelle Läufe. Mit Spendenläufen wird für den guten Zweck gesammelt, in den sozialen Netzwerken macht man sich gegenseitig Mut. Das alles zeigt, wie stark die Laufcommunity ist.

Auf der anderen Seite geraten aber auch zahlreiche Laufveranstalter in wirtschaftliche Bedrängnis, weil sie ihre Events absagen oder verschieben müssen …
… ich glaube dennoch, dass die Laufszene nach der Krise noch stärker sein wird. In diesen Corona-Zeiten entdecken ja ganz viele das Laufen neu für sich, entwickeln Interesse, haben einen großen Wissensdurst. Die wollen wir mit unserer Initiative abholen und so auch ein Stück dazu beitragen, dass die Laufszene robust durch die Krise kommt.

Läuft die Präsidentin eines Leichtathletik-Verbandes eigentlich auch selbst?
Ja klar. Für mich ist Laufen so etwas wie Meditation. Am liebsten bin ich frühmorgens unterwegs, wenn die meisten noch schlafen. Ich laufe immer ohne Uhr, nur nach Gefühl. Drei- bis viermal pro Woche komme ich dazu. Der Wettkampfgedanke spielt für mich keine Rolle mehr. Ich war zwar als Jugendliche eine ganz gute Hürdenläuferin und bin für Deutschland gestartet, aber das ist schon länger vorbei.