WM-Coup: Gesa Felicitas Krause stürmt zu Bronze
Sie schnupperte an Gold, war am Ende aber auch mit Bronze überglücklich. Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause hat bei der WM in Peking am Mittwoch für eine Sensation gesorgt. Wir stellen die 23-Jährige vor und zeigen dazu eine Bildergalerie vom Herzschlag-Finale.
Deutschland hat wieder eine Weltklasseläuferin auf der Langstrecke. Die Frankfurterin Gesa Felicitas Krause gewann völlig überraschend bei der Leichtathletik-WM in Peking die Bronzemedaille über 3000 Meter Hindernis. „Das ist der größte Erfolg, den man sich vorstellen kann“, sagte 23 Jahre alte Sportsoldatin am Mittwoch nach ihrem faszinierenden Lauf in der persönlichen Bestzeit von 9:19,25 Minuten. „Das sind Momente, von denen man träumt.“ Weltmeisterin wurde die Kenianerin Hyvin Jepkemoi (9:19,11 min) vor der Olympia-Zweiten Habiba Ghribi aus Tunesien (9:19,24 min). Nach dem letzten Hindernis lag die 1,67 Meter und nur 50 Kilogramm schwere Ausnahmeläuferin sogar kurzzeitig auf Goldkurs, doch auf den letzten Metern wurde sie noch abgefangen. „Als ich gemerkt habe, der Lauf ist nicht ganz so schnell, habe ich mir gesagt: Das ist mein Rennen und jetzt Augen auf, konzentriert bleiben, und wenn der richtige Moment kommt, muss ich mit“, erklärte Krause. „Schön, dass mich meine Beine auf den letzten Metern noch so getragen haben.“
Die Frankfurterin war zum richtigen Zeitpunkt topfit und erzielte als einzige Starterin im Finale eine persönliche Bestzeit. Der Erfolg und Aufstieg der Hobby-Köchin in die Weltspitze kommt nicht von ungefähr. Eine Kette an Höhentrainingslagern hat sie seit Dezember absolviert. Zweimal in Kenia, einmal in Flagstaff/USA und zuletzt noch einmal in Davos. „Ich glaube, dass die Europäer und Amerikaner den Dreh raus haben, dass Höhentrainingslager wichtig sind. Deshalb laufen in dieser Disziplin nicht nur Afrikaner vorne rum“, sagte Krause, die in der Vorbereitung bis zu 200 Trainingskilometer pro Woche lief.
Ein Trainingslager im 2400 Meter hochgelegenen kenianischen Iten ist kein Zuckerschlecken. „Da steht Laufen im Vordergrund, man braucht nichts anderes als seine Sportschuhe“, berichtete Krause. „Es ist sehr hart, weil es dort weder ein Shoppingcenter oder eine coole Einkaufsstraße und Cafés um die Ecke gibt. Doch das nehme ich gern in Kauf, wenn so ein Resultat dabei rauskommt.“ Nächstes großes Ziel der zierlichen Läuferin mit dem enormen Willen sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. „Das wird da nicht leichter werden. Man wird noch härter trainieren müssen“, prophezeite Krause.
Das nächste Trainingslager in Kenia ist für November schon gebucht. „Die anderen werden in Rio nun wissen, dass ich an der Startlinie stehe. Als Medaillenkandidatin sehe ich mich aber nicht“, meinte sie. Eher möchte sie den deutschen Rekord über 3000 Meter Hindernis knacken. „Das ist ein schönes Ziel“, hofft Gesa Felicitas Krause. Die Bestmarke hatte die amtierende Europameisterin Antje Möldner-Schmidt, die wegen einer Verletzung in Peking fehlte, 2009 bei der WM in Berlin in 9:18,54 Minuten aufgestellt. Ihrer jungen Konkurrentin fehlen nun noch 71 Hundertstelsekunden.
Als Youngster hatte sich Gesa Felicitas Krause bereits als gerade 19-Jährige in die Weltelite geschoben: Bei den Weltmeisterschaften 2011 im südkoreanischen Daegu belegte sie einen starken siebenten Platz. Danach zeigte sie trotz ihres jungen Alters enorme Konstanz: 2012 war sie im olympischen Hindernis-Finale von London Achte und 2013 bei der WM in Moskau Neunte. Bei den Europameisterschaften 2012 war Gesa Felicitas Krause zunächst Vierte, doch vor wenigen Monaten bekam sie aufgrund der Doping-Disqualifikation der vor ihr platzierten Svitlana Shmidt (Ukraine) nachträglich die Bronzemedaille zugesprochen. Vor einem Jahr war sie Fünfte bei der EM in Zürich, während die deutsche Rekordhalterin Antje Möldner-Schmidt sensationell den Titel gewann. Die Läuferin des LC Cottbus musste ihre Saison im Juli aufgrund einer Fußverletzung vorzeitig beenden. Ohne die nationale Dauer-Konkurrentin lief Gesa Felicitas Krause nun ihr größtes Rennen in Peking.
Der Rhythmus und die Technik passen
Im Finale kam Gesa Felicitas Krause das zunächst verhaltene Tempo entgegen. Oftmals waren die großen Finals in den vergangenen Jahren von Beginn an einfach zu schnell für sie gewesen, um noch weiter nach vorne zu kommen. Das Rennen in Peking passte für die 23-Jährige. Als es schneller wurde, hielt sie den Anschluss an die Spitzengruppe und kam nicht aus dem Rhythmus. Das gelang längst nicht allen. So musste die äthiopische Mitfavoritin Hiwot Ayalew vier Runden vor Schluss vor dem Wassergraben sogar stehen bleiben, weil sie aus dem Tritt gekommen war und das Hindernis nicht auf Anhieb nehmen konnte. Ayalew kam wieder heran, hatte jedoch so viel Kraft verpulvert, dass sie am Ende nur Fünfte wurde. Eingangs der letzten Runde war Gesa Felicitas Krause in der siebenköpfigen Spitzengruppe, eingangs der Zielgerade kämpfte sie mit vier anderen Läuferinnen um die Medaillen. Dann führte sie sogar, doch am Ende war die Bronzemedaille ein enormer Erfolg für die junge Läuferin, die in der Zukunft noch viel erreichen kann und eines Tages durchaus den Weg zum Marathon finden könnte.
Krauses Bronzerang ist die erste Medaille für die deutschen Mittel- und Langstreckenläufer bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen seit Nils Schumanns 800-Meter-Olympiasieg vor 15 Jahren in Sydney. Um die letzten deutschen Laufmedaillen (800 m bis Marathon) bei Weltmeisterschaften zu finden, muss man in den Statistiken sogar noch weiter zurückblättern. 1991 war es in Tokio: Dort gewannen Hauke Fuhlbrügge (1500 m) und Katrin Dörre (Marathon), die jetzige Frau von Krauses Trainer Wolfgang Heining, jeweils Bronze.
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