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Trail- und Berglauf-WM
Vier deutsche Medaillen: Zum Abschluss noch einmal Bronze durch Filimon Abraham im Mountain Classic

| von Christian Ermert

Mit einer deutschen Bronzemedaille im Mountain Classic durch Filimon Abraham ist die fantastische Trail-WM in Innsbruck zu Ende gegangen. Der DLV-Verantwortliche tritt trotz der großen Erfolge zurück.

Was waren das für vier fantastischen Berglauf- und Trailrunning-Tage bei den zweiten Weltmeisterschaften, die in diesem Format ausgetragen wurden: Erst der Vertical genannte sieben Kilometer lange Berglauflauf über 1000 Höhenmeter im Stubaital. Dann ein 45 und ein fast 87 Kilometer langer Trail in den großartigen Tiroler Bergen rund um Innsbruck. Und zum Abschluss die Mountain Classic in den Bergen und in der Stadt auf einer knackigen 7,5-Kilometer-Runde mit 374 Höhenmetern, die zweimal zu laufen war. Auf diesem insgesamt 15 Kilometer langen Kurs, zu dem auch ein künstlich angelegter Citytrail unter dem weltberühmten Goldenen Dachl in Innsbrucks Altstadt gehörte, begeisterten die Athletinnen und Athletinnen noch einmal tausende Zuschauer an der Strecke und noch viel mehr bei der TV-Übertragung, die weltweit in sechs Sprachen als Internet-Livestream frei empfangbar war.

Insgesamt vier Medaillen gewann das deutsche Team, das vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) aus erfahrenen Trailläufern wie Hannes Namberger (SV Ruhpolding), aber auch aus Marathon-Assen wie Filimon Abraham und Domenika Mayer (beide LG Telis Finanz Regensburg) zusammengestellt worden war. Im Vertical holte das Frauen-Team um die viertplatzierte Laura Hottenrott (PSV Grün-Weiß Kassel) Silber. Im langen Trail über fast 87 Kilometer sicherte sich Katharina Hartmuth (SCC Berlin) im Einzel und zusammen mit Rosanna Buchauer (SV Ruhpolding) und Ida Sophie Hegemann (LG Göttingen) im Team jeweils Silber.

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Leonard Chemutai aus Uganda holt Gold über 15 Kilometer bergauf und bergab

Und zum Abschluss der Trailfesttage in Innsbruck kann noch eine Bronzemedaille durch Filimon Abraham hinzu. Der 30 Jahre alte Läufer aus dem Chiemgau, der im Frühjahr mit 2:08:22 Stunden zum drittschnellsten deutschen Marathonläufer überhaupt wurde, holte sich in einer superspannenden Mountain Classic über 15 Kilometer mit insgesamt 748 Höhenmetern bergauf und bergab in den Bergen und in der Innsbrucker Altstadt Bronze hinter Leonard Chemutai (Uganda) und Ombogo Philemon Kiriago (Kenia). Hinzu kommt ein starker vierter Platz von U20-Läufer Lukas Ehrle von der LG Brandenkopf, der sich über 7,5 Kilometer mit 374 Höhenmetern bergauf und bergab in 28:28 Minuten nur den beiden Ugandern James Kirwa (27:37 min) und Hosea Chemutai (27:43 min) sowie dem Schweizer Matthieu Bührer (27:52 min) geschlagen geben musste. Arvid Lösel vom TV Oberstedten kam in 33:16 Minuten als 48. bei der U20 ins Ziel.

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Kurt König als Sportlicher Leiter im DLV zurückgetreten

„Ich kann mich nicht erinnern, dass wir im Erwachsenenbereich mal mit vier Medaillen und so vielen Top Ten-Platzierungen nach Hause gefahren sind“, bilanzierte Kurt König, der als Sportlicher Leiter im DLV für das Berg- und Trailrunning zuständig ist (auf unserem Foto inmitten des Frauenteams, das zum Auftakt Teamsilber im Vertical gewonnen hatte). „Das Event war zukunftsweisend und legt die Latte für andere Ausrichter von Titelkämpfen in den Bergen hoch“, meinte der ehemalige Top-Bergläufer, der von 1995 bis 1997 auch dreimal in Folge den Treppenlauf aufs Empire State Building in New York gewonnen hat. Allerdings hatte er noch Ansatzpunkte, an denen die Trail- und Berglauf-WM in seinen Augen noch verbesserungsfähig ist. Den Trail über fast 87 Kilometer fand er mit einer Wettbewerbsdauer von über elf Stunden zu lang: „Das ist nicht sehr zuschauerfreundlich, auch wenn die Übertragung via Livestream allerhöchsten Ansprüchen genügte. Vielleicht wäre es noch zukunftsträchtiger, wenn man nur eine mittellange Trailstrecke anbieten würde.“

Allerdings wird er selbst an der Gestaltung der Zukunft des deutschen Trail- und Berglaufens zumindest in seiner bisherigen Funktion nicht mehr mitarbeiten. Nachdem Filimon Abraham in Innsbruck Bronze gewonnen und Domenika Mayer bei der Mountain Classic der Frauen noch einen starken fünften Platz hatte folgen lassen, erklärte der 65-Jährige seinen Rücktritt als Sportlicher Leiter: „Ich habe das jetzt acht Jahre lang ehrenamtlich gemacht, hatte tolle Erlebnisse und gehe nicht im Groll. Der DLV braucht aber jetzt komplett professionelle Strukturen auch im Trail und Berglaufbereich. Vielleicht wird das Ganze ja sogar mal olympisch …“

Falls das irgendwann der Fall wäre, würden es sich Filimon Abraham und Domenika Mayer vielleicht sogar überlegen, ganz auf die Trails zu wechseln. Aktuell kommt das allerdings für die beiden Marathon-Asse nicht in Frage. Die Mountain Classic hat beiden riesigen Spaß gemacht und auf den Plätzen drei und fünf waren sie sehr erfolgreich, aber ab sofort steht die Vorbereitung auf den Marathon-Herbst im Vordergrund, wo sie sich für Olympia 2024 in Paris qualifizieren wollen.

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Domenika Mayer trotz Mordsmuskelkater super happy auf Rang fünf

„Ich bin super happy, auch wenn ich morgen einen Mordsmuskelkater haben werde“, sagte Domenika Mayer. Während lange Bergaufläufe zu ihrer Trainingsroutine gehören, läuft sie so gut wie nie steil bergab. Dass sie auf den oft wurzeligen und felsigen Bergabpassagen in Innsbruck dennoch so gut zurechtkam, dass sie am Ende bis auf den fünften Rang vorlief, nachdem sie nach der ersten Runde noch Siebte war, erklärt sie so: „Ich war als Kind viel in den Bergen. Das Rennen und Wandern dort hat mir damals schon Spaß gemacht. Das ist wie Radfahren, das verlernt man nicht.“ Für sie wäre sicher auch im Trailrunning große Erfolge möglich, aber der Marathon ist deutlich attraktiver – auch wenn sie in 1:07:09 Stunden für die circa 15 Kilometer mit fast 750 Höhenmetern bergauf und bergab fast vier Minuten schneller war als die auf Rang 19 zweitbester Deutsche Hanna Gröber, die in 1:10:53 Stunden finishte. Mit Nina Völckel und Laura Hampel landeten die beiden weiteren Starterinnen in dem von der US-Amerikanerin Grayson Murphy in 1:04:29 Stunden gewonnen Rennen auf den Rängen 37 (Völckel; 1:14:02 h) und 47 (Hampel; 1:15:42 h). Silber und Bronze gingen an Tove Alexandersson (1:05:26 h) aus Schweden und an Joyce Muthoni (1:06:40 h) aus Kenia.

Bronzemedaillen-Gewinner Filimon Abraham demonstriert bei der Mountain Classic auch mit seinem Schuhwerk, dass er sich eher auf der Straße heimisch fühlt. Statt Trailschuhen trug er für den Asphalt konstruierte Carbonracer an den Füßen. „Ich habe lange überlegt, welche Schuhe ich anziehen soll“, erklärte er. Letztendlich hat er sich für die Carbonschuhe entschieden, weil die auf den festen Streckenanteilen einen größeren Vorteil bringen als sie auf den schwierigen Trails von Nachteil sind. „Wir sind die Downhills superschnell gelaufen. Teilweise ging unsere Pace Richtung 2:30 pro Kilometer“, sagte er, nachdem er in 56:27 Minuten hinter dem Ugander Leonard Chemutai (56:14 min) und Ombongo Philemon Kiriago (56:22 min) Bronze gewonnen hatte – alle liefen die 15 Kilometer mit 748 Höhenmetern bergauf und bergab deutlich unter einem Vier-Minuten-Schnitt pro Kilometer. „Im zweiten Downhill habe ich aber etwas den Rhythmus verloren und konnte nicht mehr an die beiden ersten ran laufen“, meinte Filimon Abraham, der am Mittwoch im reinen Bergaufrennen bereits Neunter geworden war, womit er nicht zufrieden war. Sein Fazit nach der Bronzemedaille fiel dann allerdings nur noch positiv aus: „Diese WM war ein riesiges Highlight, es waren so viele Fans da, überall waren Leute, die mich angefeuert haben. Ich bin sehr glücklich.“

  • Fotos: WMTRC 2023/Roast Media, imago images/Action Plus