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Große Marathonvorschau
Dieses Frühjahr kehren die Klassiker mit den Top-Athleten zurück

| von Jörg Wenig

Hamburg mit Deborah Schöneborn und Philipp Pflieger, Hannover mit Hendrik Pfeiffer und Rabea Schöneborn im DM-Rennen. Das Marathon-Frühjahr wird zum Restart der Running-Szene. Hier gibt’s alle Infos.

Etliche bedeutende nationale und internationale Marathonläufe werden in den nächsten Wochen trotz der andauernden Corona-Pandemie aller Voraussicht nach wieder an ihrem angestammten Termin im Frühjahr stattfinden können. In Deutschland sind dies die Rennen in Hannover und Hamburg, die am 3. beziehungsweise 24. April gestartet werden. Nicht stattfinden wird dagegen, wie berichtet, der Düsseldorf-Marathon.

Parallel zu Hannover am 3. April sind die Marathon-Klassiker in Mailand und Paris geplant. Der Lauf durch die französische Metropole war vor der Corona-Pandemie mit deutlich über 40.000 Läufern im Ziel zeitweilig der zweitgrößte Marathon weltweit. In Deutschland wird am 3. April auch der bedeutendste nationale Halbmarathon gestartet. In Berlin rechnen die Veranstalter dabei mit 25.000 Läufern. Dies wären rund 5.000 mehr als 2021, als das Rennen in den August verschoben wurde. Vor der Pandemie hatten bis zu 36.000 Läufer für den Generali Berliner Halbmarathon gemeldet. Für den 10. April ist der Rotterdam-Marathon angesetzt. Rahmen-Wettbewerbe hinzugerechnet werden bei diesem Klassiker bis zu 50.000 Läufer erwartet.

Zum ersten Mal seit 2019 soll der HAJ Hannover-Marathon am 3. April wieder gestartet werden. „Wir freuen uns, endlich wieder loslegen zu können und einen verantwortungsvollen Neustart auf die Straße zu bringen“, erklärt Race-Direktorin Stefanie Eichel. „Sicherlich wird im Umfeld der Veranstaltung nicht alles wieder so sein wie bis 2019 gewohnt. Aber wir sind froh, dieses positive Zeichen eines Neustarts setzen zu können.“ Abstriche gibt es aufgrund der Corona-Pandemie in erster Linie im Rahmenprogramm und bei den Aktivitäten an der Strecke.

„Wir haben keine Maximalgrenze bei der Teilnehmerzahl und die Nachfrage ist zurzeit gut, so dass wir mit einer guten fünfstelligen Läuferzahl rechnen. Aber es werden nicht 30.000 Teilnehmer wie noch vor drei Jahren“, sagt der Pressesprecher des Rennens, Michael Kramer. Ein starkes internationales Elitefeld wird es aus finanziellen Gründen in diesem Jahr in Hannover nicht geben. Der Ausfall von zwei Jahren war für die Veranstalter nicht einfach. Teilweise konnte das Team in Hannover die Zeit mit einer anderen Beschäftigung erfolgreich überbrücken. „Wir waren mit dem Team für administrative und logistischen Aufgaben im Impfzentrum Hannover tätig und haben Verantwortung übernommen“, erklärte Michael Kramer.

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Hendrik Pfeiffer will in Hannover Deutscher Meister werden

Spitzensportlich stehen in Hannover die Deutschen Marathon-Meisterschaften im Blickpunkt, die im Rahmen des Rennens ausgetragen werden. Dabei werden Hendrik Pfeiffer und Rabea Schöneborn an den Start gehen. „Ich will endlich meinen ersten nationalen Titel im Elitebereich gewinnen und mich vor allem für die Heim-Europameisterschaften in München qualifizieren“, erklärte der aus dem Trainingslager im kenianischen Iten einer Pressekonferenz zugeschaltete Hendrik Pfeiffer.

Der 28-jährige Läufer des TV Wattenscheid geht mit einer Bestzeit von 2:10:18 Stunden ins Rennen, die er 2020 in Sevilla aufgestellt hatte. Damit hatte er sich für die Olympischen Spiele qualifiziert, bei denen er im vergangenen Sommer in Sapporo (Japan) Rang 50 belegte. „Ich bin nach einer holprigen Zeit nach Olympia jetzt in einem dreimonatigen Trainingslager“, sagte Hendrik Pfeiffer. „In Hannover will ich meine Bestzeit unterbieten und habe noch eine Rechnung offen.“ Bei den Deutschen Halbmarathon-Meisterschaften 2017 hatte er dort - nach vorheriger, langer Verletzungspause - Platz zwei belegt. „Hannover hat eine schöne und schnelle Strecke. Ich freue mich auf die Atmosphäre mit endlich wieder Zuschauern an der Strecke.“

© Michael Romacker

Schöneborn-Sisters starten getrennt: Rabea in Hannover, Deborah in Hamburg

Eine Bestzeit peilt auch Rabea Schöneborn in Hannover an. Die Läuferin des SCC Berlin hatte sich vor rund einem Jahr in Enschede auf 2:27:03 Stunden gesteigert. Damit hatte die 27-Jährige nur um acht Sekunden den persönlichen Rekord ihrer Zwillingsschwester Deborah verpasst, die dann als dritte Läuferin bei Olympia starten konnte. Bezüglich des Familienrekordes sagte Rabea Schöneborn: „Das gilt es, zu korrigieren.“ Am vergangenen Sonntag lief sie beim Neapel-Halbmarathon 1:13:10 Stunden und war ein gutes Stück entfernt von ihrer Bestzeit (1:10:35) über die halbe Distanz. Rabea Schöneborn freut sich, dass sie in Hannover wieder in einem großen Feld mit bis zu 20.000 Teilnehmern starten kann „Dafür leben wir. Ich sehe uns Eliteläuferinnen als Teil des großen Ganzen, die an der Spitze der unzähligen Breitensportler laufen dürfen.“

Ihre Schwester Deborah wird ihren ersten Marathon nach ihrem erfolgreichen Rennen bei den Olympischen Spielen am 24. April in Hamburg laufen. Außerdem wurde bekannt, dass Philipp Pflieger, Johannes Motschmann und Kristina Hendel beim Haspa Hamburg-Marathon an den Start gehen werden. Deborah Schöneborn (SCC Berlin) hatte beim olympischen Rennen im heißen Sapporo (Japan) im vergangenen Sommer mit Platz 18 in 2:33:08 Stunden überrascht. Aufgrund dieser Leistung sollte die 27-Jährige in der Lage sein, ihre persönliche Bestzeit, die sie 2020 mit 2:26:55 in Valencia aufgestellt hatte, zu unterbieten.

Für Deborah Schöneborn sowie für die anderen deutschen Läufer geht es auch um die Qualifikation für die Europa- beziehungsweise Weltmeisterschaften, die beide in diesem Sommer stattfinden. Schauplatz der EM ist München, die WM wird in Oregon (USA) veranstaltet.

© Haspa Marathon Hamburg/Hoch Zwei

Hamburg verpflichtet 10-km-Weltrekordlerin: Yalemzerf Yehualaw hat auch im Marathon Rekord-Potenzial

Zuletzt gaben die Veranstalter des Haspa Hamburg-Marathons eine spektakuläre Verpflichtung bekannt: Yalemzerf Yehualaw, die erst am vergangenen Sonntag den 10-km-Weltrekord gebrochen hat, wird sich nun auf ihr Marathon-Debüt konzentrieren, das sie in Hamburg am 24. April laufen wird. Die erst 22-Jährige hat das Potenzial für einen außerordentlich schnellen ersten Marathon.

„Wir sind begeistert, dass wir mit Yalemzerf Yehualaw eines der vielversprechendsten Marathon-Talente der Welt beim Haspa Marathon Hamburg am Start haben werden“, sagte Chef-Organisator Frank Thaleiser. Yalemzerf Yehualaw, die den 10-km-Weltrekord am Sonntag in Castellón (Spanien) gleich um 24 Sekunden auf 29:14 Minuten verbesserte, ist auch die zweitschnellste Halbmarathonläuferin aller Zeiten. Im vergangenen Oktober lief sie in Valencia 63:51 Minuten. Diese Zeit der Halbmarathon-WM-Dritten von 2020 lässt darauf schließen, dass sie das Potenzial hat, in der Zukunft spektakuläre Zeiten über die 42,195 km zu laufen. Selbst Zeiten im Bereich des Weltrekordes von 2:14:04 Stunden können möglich sein.

„Ich freue mich, dass ich mein Debüt in Hamburg laufen kann. Denn mein Trainer Tessema hat mir geraten, meinen ersten Marathon hier zu laufen. Er selbst war hier am Start und kennt die Strecke“, sagte Yalemzerf Yehualaw. Ihr Coach Tessema Abshero lief in Hamburg seine einzige Marathon-Zeit unter 2:10 Stunden: 2008 war er mit 2:08:26 Stunden Vierter. Nachdem die Organisatoren der Läuferin die Strecke gezeigt hatten, sagte Yalemzerf Yehualaw bei der Pressekonferenz: „Ich freue mich sehr auf dieses Rennen und will den Streckenrekord unterbieten.“ Diese Bestzeit hält die Äthiopierin Meselech Melkamu, die 2016 mit 2:21:54 Stunden gewann.

Die schnellste Läuferin auf der Frauen-Elitestartliste ist zurzeit Priscah Jeptoo. Die Kenianerin war 2012 Olympia-Zweite im Marathon in London und hat eine persönliche Bestzeit von 2:20:14. Während diese Bestzeit allerdings schon zehn Jahre alt ist, lief sie 2019 in Valencia 2:24:16.

Zwei Läuferinnen, die den Haspa Hamburg-Marathon bereits gewonnen haben, kehren zu dem Rennen zurück. Gadise Mulu startet dabei als Titelverteidigerin. Als das Rennen im vergangenen September aufgrund der Pandemie nur in einem sehr kleinen Format und mit nur ganz wenigen Eliteläufern stattfinden konnte, lief die Äthiopierin zum ersten Mal unter 2:30 Stunden und siegte mit 2:26:20. Mit ihrer Landsfrau Dibabe Kuma kommt zudem die Siegerin des Rennens von 2019 zurück nach Hamburg. Sie gewann damals in 2:24:41 und hat eine persönliche Bestzeit von 2:23:24.

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Philipp Pflieger will sich wie 2018 in Hamburg für die EM qualifizieren

Philipp Pflieger (SCC Berlin) kehrt nach Hamburg zurück, wo er sich bereits 2018 erfolgreich für eine EM qualifiziert hatte. Damals lief er 2:13:39 und belegte Rang elf, kam dann aber in einem Hitzerennen bei den Europameisterschaften in Berlin nicht ins Ziel. Inzwischen hat sich Philipp Pflieger auf 2:12:15 Stunden verbessert. Nachdem sich Johannes Motschmann (SCC Berlin) im vergangenen Herbst in Rotterdam - also innerhalb des EM-Qualifikations-Zeitraumes - bereits auf 2:12:18 steigern konnte, liegt er schon gut im Rennen um einen EM-Startplatz.

Kristina Hendel (LG Braunschweig) lief im vergangenen Oktober in Essen ein beachtliches Marathon-Debüt mit 2:27:31 Stunden. Sie hat damit ebenso gute Chancen, bei der EM dabei zu sein. Die Frage ist allerdings, für welches Land sie in München starten könnte. Denn die aus Kroatien stammende Läuferin hat trotz eines deutschen Passes noch keine internationale Startberechtigung für Deutschland. Derartige Nationenwechsel müssen vom Leichtathletik-Weltverband genehmigt werden. Derzeit wird Kristina Hendel von World Athletics weiter als Kroatin geführt.

Mit dem Hamburg-Marathon am 24. April kehrt der größte und hochklassigste deutsche Frühjahrs-Marathon zurück zu seinem angestammten Termin. Nachdem der Haspa Hamburg-Marathon 2020 abgesagt werden musste, fand er 2021 schließlich im September in einem stark reduzierten Format statt. Damals konnten insgesamt 5.000 Läufer zugelassen werden. Zudem hatten die Hamburger im Frühjahr ein reines Eliterennen in Enschede (Holland) organisiert, das ursprünglich in der Hansestadt hätte stattfinden sollen. Rahmenwettbewerbe eingeschlossen, rechnen die Veranstalter jetzt immerhin wieder mit rund 20.000 Teilnehmern. Rund die Hälfte davon könnten Marathonläufer sein.

Während der für den 24. April geplante Düsseldorf-Marathon vor kurzem abgesagt wurde und auch kein Ersatz-Termin genannt wurde, findet am gleich Tag der Wien-Marathon statt. Der Zuspruch sei groß, erklärten die Veranstalter. Rahmenwettbewerbe hinzugerechnet liegen für das größte österreichische Laufsport-Event bereits 22.000 Anmeldungen vor. „Wir sind ein großer Impulsgeber für Sport und Bewegung in Österreich und spüren eine starke Vorfreude auf den Vienna City Marathon in der Lauf-Community“, sagte Veranstalter Wolfgang Konrad. Die Nachfrage nach Startplätzen sei jüngst noch weiter gestiegen, seit es die Aussicht auf Veranstaltungen mit geringen Covid-Auflagen gebe.

London-Marathon erneut in den Herbst verschoben

Zwei spitzensportlich in der Regel außerordentlich starke Marathonrennen haben dagegen ihre Termine in die zweite Jahreshälfte verschoben: Der Lauf in London findet am 2. Oktober statt und der Dubai-Marathon wurde vom Januar auf den 10. Dezember verschoben. Während der Tokio-Marathon am 6. März zwar stattfindet, sind hier aber - abgesehen von den Eliteläufern - nur Athleten zugelassen, die in Japan wohnen. Zurück zu früheren Dimensionen kehrt der Boston-Marathon. Für die 126. Auflage des ältesten Rennens der Welt über die 42,195 km, das am Ostermontag stattfindet (18. April), wurden 30.000 Läufer zugelassen.