UTMB Mont Blanc
Katharina Hartmuth läuft in Chamonix aufs Podest beim UTMB
174 Kilometer, 10.000 Höhenmeter und 24 Stunden im Dauerregen: Katharina Hartmuth trotzt beim UTMB 2025 extremen Bedingungen und läuft als Dritte ins Ziel von Chamonix.
Tosender Jubel. Ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Vielleicht ein Tränchen im Augenwinkel. So lief Katharina Hartmuth beim legendären UTMB Mont Blanc über die Ziellinie. Hinter ihr liegen mehr als 24 Stunden in Bewegung, 174 Kilometer auf technisch anspruchsvollen Trails – ein Rennen, das alles abverlangte: eisige Kälte, stundenlanger Regen, Schneefall – und eine Nacht, die einfach nicht enden wollte.
„Die Nacht war verrückt, ich habe noch nie in einem Rennen so extremes Wetter erlebt“, sagt sie erschöpft, aber strahlend im Ziel. „Es hat so stark geregnet, als stündest du stundenlang unter der Dusche. Und später kam dann auch noch der Schnee. Ich habe einfach versucht, nicht auszukühlen.“
Der UTMB – mehr als nur ein Rennen
Der Ultra-Trail du Mont Blanc, kurz UTMB, gilt als eines der härtesten und prestigeträchtigsten Trailrennen der Welt. Die Strecke führt in einer 174 Kilometer langen Schleife einmal rund um das Mont-Blanc-Massiv und dabei durch drei Länder: Frankreich, Italien und die Schweiz. Start und Ziel liegen im französischen Bergdorf Chamonix. Rund 10.000 Höhenmeter, anspruchsvolle alpine Trails, unberechenbares Wetter – und das alles über Tag und Nacht hinweg. Wer hier auf dem Podium landet, gehört zur absoluten Weltspitze des Trailrunnings.
Schon vor dem Start war klar: Der UTMB 2025 würde kein leichtes Rennen werden. Die Wetterprognosen sagten Dauerregen, eisige Temperaturen und Schneefall voraus – Bedingungen, bei denen viele gar nicht erst übers Laufen nachdenken würden. Ein Erdrutsch wenige Wochen zuvor zwang die Veranstalter zudem zu kurzfristigen Anpassungen der Strecke. Statt der üblichen 171 Kilometer mussten nun 174 Kilometer bewältigt werden, der Start wurde um eine Viertelstunde auf 17:45 Uhr vorverlegt.
Pünktlich zum Rennbeginn setzte auch der Regen ein. Es folgte eine lange, dunkle und eiskalte Nacht im Hochgebirge.
Ein schwieriger Start – und eine beeindruckende Aufholjagd
Für Katharina Hartmuth begann das Rennen alles andere als optimal. „Die ersten 30 Kilometer waren der Horror“, sagte sie im Live-Stream an einer Verpflegungsstation. Magenprobleme machten ihr zu schaffen, sie konnte kaum etwas essen. In der ersten Rennhälfte lag sie weit zurück – außerhalb der Top 20 bei den Frauen. Doch sie blieb ruhig, lief kontrolliert, machte sich keinen Druck. Und Stunde für Stunde kämpfte sie sich nach vorn – erst in die Top 20, dann unter die ersten 15, 10 und schließlich 5. Ab Kilometer 100 kam das Podium langsam in Reichweite.
Nach etwa 160 gelaufenen Kilometern folgte der vielleicht emotionalste Moment des Rennens, als sie auf die US-Amerikanerin Courtney Dauwalter auflief, die als Ikone des Ultra-Trailrunning gilt.
„Ich habe mich kaum getraut, sie zu überholen“, schmunzelt Hartmuth im Zielinterview. „Das ist schließlich Courtney Dauwalter!“ Doch sie zog vorbei – und lag nun auf Rang drei. Eine Position, die sie bis zum Ende nicht mehr abgab.
Platz drei – erneut auf dem Podium von Chamonix
Nach 24 Stunden, 16 Minuten und 39 Sekunden läuft Katharina Hartmuth als Dritte über die Ziellinie. Nur Ruth Croft aus Neuseeland und Camille Bruyas aus Frankreich waren schneller.
Im Gesamteinlauf aller rund 2.500 Teilnehmenden landet sie auf Platz 35. Für Hartmuth ist es bereits der zweite Podestplatz beim UTMB: 2023 war sie überraschend auf Rang zwei gelaufen. Angesichts der extremen Bedingungen und des schwierigen Starts ist ihre Leistung 2025 mindestens ebenso hoch einzuschätzen.
Auch das Männerrennen war von Top-Leistungen geprägt:
Der Brite Tom Evans gewann in 19:18:58 Stunden, nachdem er beim UTMB 2023 und 2024 jeweils nicht ins Ziel gekommen war. Auf den Plätzen zwei und drei folgten der US-Amerikaner Ben Dhiman (19:51:37) und Evans’ Landsmann Josh Wade (20:05:06).
Wer ist Katharina Hartmuth?
Katharina Hartmuth zählt zu den besten Trailrunnerinnen der Welt – und ist gleichzeitig promovierte Klimaforscherin. Die 30-Jährige lebt in der Schweiz und arbeitet an der ETH Zürich. Zum Laufen kam sie eher durch Zufall: Früher war sie begeisterte Sportkletterin, das Laufen zunächst nur ein Ausgleich. Erst durch erste Wettkämpfe in der Schweiz entdeckte sie ihre Leidenschaft für den Trail – vor allem auf den ganz langen Distanzen.
Inzwischen hat sie sich mit beeindruckender Konstanz in der Weltspitze etabliert: 2023 Platz zwei beim UTMB, 2024 Sieg beim legendären Tor des Géants – als erste Frau unter 80 Stunden. Die meiste Zeit trainiert sie allein. Ihre größte Stärke: mentale Härte, Geduld – und der Wille, auch dann weiterzumachen, wenn es längst weh tut. Ihr Motto: ruhig bleiben, abwarten – und immer weiterkämpfen.
Katharina Hartmuth hat es erneut bewiesen: Sie gehört zu den besten Trailrunnerinnen der Welt – und ist auch dann stark, wenn die Bedingungen alles andere als ideal sind. Ihr Podiumsplatz beim diesjährigen UTMB war nicht nur eine sportliche Glanzleistung, sondern auch ein Symbol für Durchhaltevermögen und mentale Stärke.
Lange ausruhen kann sie sich allerdings nicht: Im Oktober steht schon das nächste große Rennen an – die Trail-Weltmeisterschaft im spanischen Canfranc, wo sie für das deutsche Nationalteam über die Long-Trail-Distanz an den Start gehen wird.