Läuft Eliud Kipchoge in Wien unter zwei Stunden?

INEOS 1:59 Challenge
Läuft Eliud Kipchoge in Wien unter zwei Stunden?

| Text: Jörg Wenig | Foto: INEOS 1:59 Challenge/Jon Super

Am Samstagmorgen um 8:15 Uhr wird Eliud Kipchoge in Wien starten, um als erster Mensch die klassische Marathon-Distanz von 42,195 km unter zwei Stunden zu laufen. Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe: „Wenn es einer kann, dann ist es Eliud.“

Am Samstagmorgen um 8:15 Uhr wird Eliud Kipchoge in Wien starten, um als erster Mensch die klassische Marathon-Distanz von 42,195 km unter zwei Stunden zu laufen. Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe: „Wenn es einer kann, dann ist es Eliud.“

In Österreich wird der ORF live übertragen, in Deutschland plant das ZDF, Highlights zu zeigen. Zudem wird hier ein weltweiter Livestream angeboten.

Eliud Kipchoge zeigte sich bei einer Pressekonferenz in Wien zuversichtlich, dass er die Traumzeit bei der „Ineos 1:59 Challenge“ erreichen wird. Race News Service hat sich umgehört und einige Experten - aktuelle und ehemalige Topläufer - gefragt, ob sie dem kenianischen Olympiasieger und Weltrekordler zutrauen, tatsächlich unter zwei Stunden zu laufen:

Paula Radcliffe (britische Marathon-Weltrekordlerin, deren globale Bestzeit von 2:15:25 Stunden seit über 16 Jahren unangetastet ist): „Also ich glaube, wenn es einer schaffen könnte, ist es Eliud. Ich sehe keinen anderen. Es sind jetzt natürlich schon viele sehr harte Marathonrennen, die Eliud voll gelaufen ist. Ich denke aber auch, dass das gesamte Team von dem Versuch in Monza gelernt hat. Die Dinge, die dort geklappt haben, werden beibehalten, die Schwachpunkte dagegen deutlich verbessert. Das betrifft hauptsächlich das Publikum und die Unterstützung. Es wird jetzt eine viel bessere Atmosphäre für die Läufer herrschen. Vielleicht ist auch die Verpflegung noch einmal verbessert worden. Zudem werden in Wien viel mehr Tempomacher laufen, die viel besser vorbereitet sind.“

Arne Gabius (deutscher Marathon-Rekordler mit einer Zeit von 2:08:33 Stunden, die er 2015 in Frankfurt gelaufen ist): „Ich glaube, Eliud wird es schaffen. Die Erfahrung von vor zwei Jahren in Monza wird ihm helfen. Zudem gab es damals praktisch keine Zuschauer. In Wien ist die Strecke dagegen für alle zugänglich, das wird besser. Hinzu kommt, dass Eliuds Leistungsfähigkeit noch einmal etwas stärker ist als vor zwei Jahren. Und er ist natürlich top vorbereitet, ansonsten würde er nicht laufen. Ich denke, er wird die zwei Stunden sogar recht deutlich unterbieten und tippe auf 1:59:15.“

Irina Mikitenko (deutsche Marathon-Rekordlerin mit einer Zeit von 2:19:19 Stunden, die sie 2008 in Berlin erreicht hat): „Ich wünsche Eliud sehr, dass er es schafft. Denn er ist ja schon einmal so knapp gescheitert. Nach dem ersten Versuch, weiß er besser wie es gehen kann. Und wenn er jetzt einen Zweiten startet, zeigt das in meinen Augen, dass er sich sicher ist, dass er die Barriere durchbrechen wird. Ich glaube deswegen, dass Eliud in Wien unter zwei Stunden laufen wird - aber ich kann keine Zeit vorhersagen.“

Peter Herzog (österreichischer Top-Marathonläufer, der sich vor kurzem in Berlin auf 2:10:57 Stunden steigerte und damit die Olympia-Norm unterbot): „Die für einen 1:59-Marathon nötige sportliche Leistung ist für mich fast unvorstellbar. Eliud läuft den Kilometer in 2:50 Minuten, ich in 3:06. Es fasziniert und motiviert mich aber enorm. Der Fokus von Eliud und seine mentale Stärke sind ein Vorbild in jeder Hinsicht. Man darf sich keine Limits setzen, das ist am Wichtigsten. Alle in der Laufszene sind extrem gespannt darauf, was in Wien passieren wird. Als beim Berlin-Marathon die anderen Topläufer gemerkt haben, dass ich aus Österreich bin, haben sie sofort gesagt: ,Ah, Kipchoge, Vienna, 1:59!’ Ich tippe, dass Eliud 1:59:57 laufen wird.“

Martin Grüning (früherer deutscher Top-Marathonläufer mit einer Bestzeit von 2:13:30 und heutiger Chefredakteur der deutschen Ausgabe der Zeitschrift Runner’s World): „Ich habe vor Monza nur auf 2:02:20 Stunden getippt und wurde eines Besseren belehrt. Diesmal tippe ich auf 1:59:49 Stunden! Eliud ist um die Monza-Erfahrung und weitere Marathon-Erfahrungen, unter anderem einen echten Weltrekord, reicher, außerdem ist das Schuh-Material nochmals verbessert beziehungsweise optimiert worden.“

Jos Hermens (früherer holländischer Weltklasseläufer und seit Jahrzehnten Manager zahlreicher Topathleten, darunter Eliud Kipchoge): „Wir haben drei Dinge gelernt aus Monza, die wir jetzt anders machen werden: Die Luftfeuchtigkeit war am Renntag zu hoch, Eliud hatte eine etwas zu geringe Kohlehydrat-Zufuhr über seine Getränke und es gab keine Zuschauer. Das wird in Wien anders sein, zudem laufen die Tempomacher in einer anderen Formation. Wir haben das im Windkanal getestet. Die Psyche spielt natürlich auch eine große Rolle. Eliud war in Monza schon dicht dran, es fehlten 26 Sekunden. Zudem ist er inzwischen ein noch besserer Läufer. Natürlich ist auch Eliud keine Maschine, aber ich denke, er wird 1:59:40 laufen.“