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Zwei Tage nach Weltrekord-Verbesserung
Schon wieder 10.000-Meter-Weltrekord: Gidey übertrumpft Hassan

| Text: Jörg Wenig | Foto: imago images/ZUMA Wire

Zwei Tage hielt der 10.000-Meter-Weltrekord der Niederländerin Sifan Hassan. Am Dienstagabend verbesserte die Äthiopierin Letesenbet Gidey die Bestmarke in Hengelo (Niederlande) auf 29:01,03 Minuten.

Nur zwei Tage nachdem Sifan Hassan in Hengelo zu einem 10.000-Meter-Weltrekord gestürmt war, ist die Holländerin die Bestmarke auch schon wieder los: Letesenbet Gidey übertrumpfte Sifan Hassan am Dienstagabend spektakulär mit einer Zeit von 29:01,03 Minuten.

Und die 23-jährige Äthiopierin lief diesen Weltrekord kurioserweise auf derselben Bahn in Hengelo, auf der Sifan Hassan am Sonntag nach 29:06,82 Minuten ins Ziel gestürmt war. Die Äthiopier veranstalteten in Hengelo am Dienstag ihre Olympia-Trials über die Mittel- und Langstrecken. Der nächste 10.000-Meter-Weltrekord wird nun wohl ein besonders markanter sein, denn sicherlich fällt dann die 29-Minuten-Barriere.

Geplanter Weltrekord

Nie zuvor wurden in der Geschichte der Leichtathletik zwei 10.000-Meter-Weltrekorde in einem so kurzen Zeitabstand gebrochen. Bei den Männern gab es einmal eine ähnliche, doppelte Rekordjagd: Am 5. Juli 1983 war Richard Chelimo in Stockholm 27:07,91 Minuten gelaufen. Fünf Tage später entthronte ihn sein kenianischer Landsmann Yobes Ondieki als Weltrekordler mit einer Steigerung auf 26:58,38 Minuten in Oslo.

„Ich hatte erwartet, dass ich Weltrekord laufen würde“, sagte Letesenbet Gidey, die das Rennen durchweg von der Spitze aus dominierte. Lange Zeit war ihr Ababel Yeshaneh auf den Fersen, die im vergangenen Jahr einen Halbmarathon-Weltrekord aufgestellt hatte (64:31 min), der aber in der Zwischenzeit verbessert wurde. Doch im späteren Rennabschnitt konnte Yeshaneh nicht mehr Schritt halten mit Gidey. Platz zwei sicherte sich schließlich Tsigie Gebreselama in 30:06,01 Minuten vor Tsehay Gemechu (30:19,29 min).

Auf den Spuren von Ingrid Christiansen

Dass Letesenbet Gidey ein vergleichbares Leistungsniveau hat wie Sifan Hassan, ist keine allzu große Überraschung – obwohl es in Hengelo erst das vierte 10.000-Meter-Rennen ihrer Karriere war. Aber die Äthiopierin hatte im vergangenen Oktober bereits den 5000-Meter-Weltrekord mit einer famosen Zeit von 14:06,62 Minuten gebrochen. Nun ist sie die erste Läuferin seit Ingrid Kristiansen, die die Weltrekorde über 5000 und 10.000 Meter zeitgleich hält. Die Norwegerin hielt beide Bestzeiten von 1986 bis 1993.

Eigentlich sollte Letesenbet Gidey im vergangenen Dezember in Valencia ihr Halbmarathon-Debüt laufen. Dazu kam es aber nicht, da sie aufgrund der Kriegszustände in ihrer Region nicht ausreisen konnte. Letesenbet Gidey kommt aus dem Tigray-Gebiet, wo die äthiopische Regierung nach Unruhen eine Militär-Offensive gestartet hatte. Wer weiß, welche Zeit die Äthiopierin erreicht hätte.

Spannendes Olympia-Duell kündigt sich an

Zunächst denkt Letesenbet Gidey an die Bahn-Langstrecken und natürlich die Olympischen Spiele. „Ich möchte diesen Weltrekord gerne noch einmal verbessern und eine Zeit unter 29 Minuten erreichen“, sagte die neue Weltrekordlerin. In Tokio dürfte es nun bei Olympia zu einem packenden Zweikampf zwischen Letesenbet Gidey und Sifan Hassan kommen.

Bei den Olympia-Ausscheidungen der Äthiopier in Hengelo gab es eine Reihe von weiteren hochklassigen Ergebnissen. Das 10.000-Meter-Rennen der Männer gewann Selemon Barega in 26:49,51 Minuten knapp vor Yomif Kejelcha (26:49,73 min).

Über 5000 Meter siegte eine weitere große äthiopische Olympia-Hoffnung: Gudaf Tsegay erzielte mit 14:13,32 Minuten die fünftschnellste je gelaufene Zeit über diese Distanz. Bei den Männern gewann der 3000-Meter-Hindernis-Spezialist Getnet Wale in 12:53,28 Minuten.

Die Weltrekord-Entwicklung über 10.000 Meter der Frauen

29:01,03 Minuten: Letesenbet Gidey (ETH), Hengelo/8.6.2021
29:06,82 Minuten: Sifan Hassan (NED), Hengelo/6.6.2021
29:17,45 Minuten: Almaz Ayana (ETH), Rio de Janeiro/12.8.2016
29:31,78 Minuten: Wang Junxia (CHN), Peking/8.9.1993
30:13,74 Minuten: Ingrid Kristiansen (NOR), Oslo/5.7.1986
30:59,42 Minuten: Ingrid Kristiansen (NOR), Oslo/27.7.1985
31:13,78 Minuten: Olga Bondarenko (URS), Kiew/24.6.1984
31:27,58 Minuten: Raisa Sadreydinova (URS), Odessa/7.9.1983
31:35,01 Minuten: Lyudmila Baranova (URS), Krasnodar/29.5.1983
31:35,3 Minuten: Mary Tabb (USA), Eugene/16.7.1982
32:17,20 Minuten: Yelena Sipatova (URS), Moskau/19.9.1981