WM: Richard Ringer auf Dieter Baumanns Spuren

| Silke Morrissey I Foto: Getty Images for IAAF
Es läuft für die deutschen WM-Starter. Richard Ringer stürmte ins 5.000-m-Finale. Christina Hering und Fabienne Kohlmann buchten das 800-m-Halbfinale.

Besser kann man es kaum machen: Mit einem cleveren Vorlauf und einer starken letzten Runde hat es Richard Ringer am Mittwoch in Peking als erster Deutscher seit 1997 in ein 5.000-Meter-Finale von Weltmeisterschaften geschafft. In starken 13:19,84 Minuten wurde er Siebter und kam über die Zeit weiter. Über 800 Meter stürmte das DLV-Duo Fabienne Kohlmann und Christina Hering ins Halbfinale.

 Die Weichen waren gestellt, als Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen) sich am Mittwochmorgen um 10:00 Uhr Ortszeit auf den Weg in Richtung Finale machte: Die Athleten des ersten Laufs hatten vorgelegt, neben den fünf Erstplatzierten hatten die nächsten Fünf mit Zeiten zwischen 13:45,55 und 13:49,63 Minuten die Marken gesetzt, die für das Weiterkommen der Zeitschnellsten anzugreifen waren. Diese Vorgabe werden Isiah Kiplangat Koech (Kenia) und Galen Rupp (USA) wohl im Kopf gehabt haben, als sie auf den ersten Runden das zweiten Vorlaufs das Heft in die Hand nahmen. Schnell hatte sich das 21 Teilnehmer große Feld auseinander gezogen, Richard Ringer sortierte sich zunächst hinten ein, schloss nach und nach die Lücke zum Hauptfeld, als vor ihm Läufer abreißen lassen mussten, und zog dann weiter am Ende einer schließlich 15-köpfigen Spitzengruppe seine Runden. Die Entscheidung um die Finalplätze fiel wie so oft auf der letzten Runde, und hier zeigte Richard Ringer, dass er in Topform ist. Die Tempoverschärfung von 10.000-Meter-Weltmeister Mo Farah (Großbritannien) ging er mit, spurtete an den Läufern vorbei, die das nicht konnten und zog als starker Siebter in 13:19,84 Minuten über die Zeit ins Finale ein. Es war Ringers zweitbeste Zeit in seiner Karriere und erste Mal seit 1997, dass ein Deutscher in den Einzug in die Runde der besten 15 geschafft hat, damals wurde Dieter Baumann Fünfter.

Dementsprechend zufrieden war Richard Ringer auch nach dem Rennen: „Die Zeit, die die anderen im ersten Vorlauf auf 2.800 Meter gerannt sind, hatten wir bei 3.000 Metern. Daher habe ich schon gewusst, dass aus dem zweiten Vorlauf zehn weiterkommen. Aber natürlich wussten auch alle: Es sind noch mindestens 15 Leute dran. Deswegen wurde es auch hinten raus noch mal richtig schnell. Ich habe ja von vornherein gesagt, dass ein 2:40er Schnitt pro Kilometer gut für mich wäre. Ich bin gut drauf, alles hat gut gepasst. Bei meiner ersten EM bin ich Vierter geworden, bei meiner ersten WM stehe ich im Finale. Mo Farah ist zum Beispiel bei seiner ersten WM im Vorlauf ausgeschieden, 2009 ist er Siebter geworden, dann hat er seine Serie gestartet. Ich denke, ich bin da jetzt schon ein bisschen weiter, als ich eigentlich vorher gedacht hätte. Das Finale als Ehrenrunde? Nein, das ist nicht so wie beim Fußball, wo ich noch das Ehrentor schieße, wenn ich 10:0 hinten liege. Ich will den Jungs zeigen: Ich bin Europäer und ich bin auch noch da. Glaubt nicht, dass wir nicht rennen können!“

Den meisten Applaus erhielt in Ringers Vorlauf Abdullah Al-Qwabani. Der 16-Jährige aus Jemen absolvierte die zwölfeinhalb Runden barfuß und wurde zweimal überrundet. Trotzdem lief er in 16:02,55 Minuten persönliche Bestzeit und wurde vom Publikum gefeiert. Der junge Außenseiter aus dem bürgerkriegsgeplagten Land bekam seine Startchance durch ein Entwicklungsprogramm des Weltverbandes IAAF. Dieses ist auch ein Grund dafür, dass in Peking Leichtathleten aus 207 Nationen dabei sind.

Im ersten 800-Meter-Vorlauf war Christina Hering bei ihrer WM-Premiere an der Reihe. Die Münchnerin musste am Mittwoch für das Erreichen des Halbfinals fast an ihr Limit gehen - die Zwei-Minuten-Grenze. Denn vorne machte die Weißrussin Marina Arzamasova enorm Tempo und war schon nach 1:58,69 Minuten am Ziel. Die Deutsche Meisterin wurde im schnellsten der sieben Vorläufe Fünfte in starken 2:00,36 Minuten. Nun hieß es noch warten, ob es über die Zeit klappt, denn nur die ersten Drei waren sicher weiter. Eine klare Angelegenheit war es dagegen bei ihrer Trainingspartnerin. Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt/Gambach/Lohr) konnte den Vorlauf Nummer fünf bestimmen und setzte sich mit 2:01,42 Minuten souverän als Siegerin durch, ihr Ziel ist es, das Finale zu erreichen. Danach konnte auch Christina Hering durchatmen und sich über den Einzug ins Halbfinale freuen.Alle Favoritinnen überstanden ihre Vorläufe. Die Jahresschnellste Eunice Jepkoech Sum aus Kenia gewann in 1:59,67 Minuten. Die Schweizer Rekordhalterin Selina Büchel zog als Vorlauf-Zweite (2:00,25 min) weiter. Als Dritte im Vorlauf von Christina Hering qualifizierte sich die Südafrikanerin Caster Semenya, WM-Zweite von 2011, bei ihrem WM-Comeback mit 1:59,59 Minuten.

„Es ging schneller los, als ich erwartet hatte. Dementsprechend habe ich mich nicht an der Spitze einsortiert, sondern im Mittelfeld. Nach 400 Metern habe ich mich weiter nach vorne geschoben, nach weiteren 500 oder 600 Metern habe ich noch mal nachreguliert. Dann habe ich gehört, dass hinter mir auf einmal jemand gestürzt ist. Ich habe mich kurz erschrocken, bin dann aber einfach weiter gelaufen“, sagte die Deutsche Meisterin Fabienne Kohlmann. Christina Hering schilderte ihr Rennen wie folgt: „Meine Hauptaufgabe war heute, vorne mit zu laufen, und als ich meine Zeit gesehen habe mit 2:00,36 wusste ich, das müssen die anderen auch erst mal laufen. Jetzt habe ich’s geschafft, ich habe mein Ziel erreicht. Morgen werde ich das Halbfinale genießen und sehen, was da noch geht!“