EM Spezial: Die Lauf-Events im Olympiastadion

EM Spezial: Die Lauf-Events im Olympiastadion

| Text: Jörg Wenig | Fotos: Imago

Vom 7. bis 12. August blickt ganz Sport-Deutschland nach Berlin: Im Olympiastadion und in der City kämpfen Europas beste Leichtathleten um Gold, Silber und Bronze. Hier liest du unsere Vorschau auf die Langstrecken-Wettbewerbe auf der Bahn.

Vom 7. bis 12. August blickt ganz Sport-Deutschland nach Berlin: Im Olympiastadion und in der City kämpfen Europas beste Leichtathleten um Gold, Silber und Bronze. Hier liest du unsere Vorschau auf die Langstrecken-Wettbewerbe auf der Bahn.

Gleich am ersten Finaltag der Leichtathletik-Europameisterschaften steht im Berliner Olympiastadion der Endlauf der Männer über 10.000 Meter auf dem Programm. Mit Richard Ringer gibt es dabei einen deutschen Läufer, der ganz vorne mitmischen kann. Zu den großen Favoriten zählen über beide Bahn-Langstrecken die türkischen Athleten, die aus Kenia stammen. Ringer aber führt zurzeit die europäische Jahresbestenliste an. Bei seinem überraschenden Sieg beim Europacup in London lief Ringer 27:36,52 Minuten.

Hier liest du ein ausführliches Porträt über Richard Ringer

Während der Brite Mo Farah sich inzwischen auf den Marathon konzentriert und nicht mehr über die Bahn-Langstrecken läuft, werden einmal mehr die aus Kenia stammenden Türken zu beachten sein. Sie schicken mit Polat Kemboi Arikan auch den Titelverteidiger ins Rennen. Zudem gehören Aras Kaya, der Cross-Europameister von 2016, und Kaan Kigen Özbilen, der Cross-EM-Sieger von 2017, zum türkischen Team. Stark einzuschätzen ist auch der Franzose Morad Amdouni, der beim Europacup knapp hinter Richard Ringer Zweiter war.

Europameister 2016: Polat Kemboi Arikan (TUR)
Olympiasieger 2016: Mo Farah (GBR)
Weltmeister 2017: Mo Farah (GBR)
Europäische Jahresbestzeit: 27:36,52 Richard Ringer (GER)
Deutsche Starter: Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen), Amanal Petros (SV Brackwede), Sebastian Hendel (LG Vogtland). Ersatz: Timo Göhler (LAV Stadtwerke Tübingen).

Über 10.000 Meter könnte sich ein Duell zweier aus Kenia stammender Läuferinnen entwickeln: Yasemin Can geht am Mittwoch als Titelverteidigerin an den Start. Die Türkin, die bis vor gut drei Jahren als Vivian Jemutai bekannt war, ist zwar in diesem Jahr noch kein 10.000-Meter-Rennen gelaufen, doch das hat nicht viel zu heißen. Fünf ihrer sechs Rennen in diesem Jahr hat die amtierende Crosslauf-Europameisterin gewonnen. Mit der für Israel startenden Lonah Chemtai Salpeter hat Yasemin Can dieses Mal voraussichtlich aber stärkere Konkurrenz als zuletzt auf kontinentaler Ebene. Die Ex-Kenianerin Salpeter führt mit 31:33,03 Minuten auch die europäische Bestenliste des Jahres an.

Nach einer glänzenden Crosslauf-Saison im vergangenen Winter, in der sie bei den Europameisterschaften das Rennen der unter 23-Jährigen gewann, wird Alina Reh nun erstmals bei einer großen Meisterschaft über die 10.000-Meter-Distanz an den Start gehen. Gerade noch rechtzeitig hatte sie nach einem Ermüdungsbruch im Frühjahr die Norm über 10.000 Meter erfüllt. Am Mittwoch wäre in Berlin eine Platzierung unter den ersten Zehn ein Erfolg für Alina Reh. Schließlich wird die 21-Jährige erst ihr zweites 10.000-Meter-Rennen überhaupt laufen. Allerdings ist sie schon mehrmals die 10 Kilometer auf der Straße gerannt. Für Anna Gehring und Natalie Tanner geht es in erster Linie darum, bei der EM Erfahrungen zu sammeln und sich so gut wie möglich zu schlagen.

Hier liest du ein ausführliches Interview mit Alina Reh.

Europameisterin 2016: Yasemin Can (TUR)
Olympiasiegerin 2016: Almaz Ayana (ETH)
Weltmeisterin 2017: Almaz Ayana (ETH)
Europäische Jahresbestzeit: 31:33,03 Lonah Chemtai Salpeter (ISR)
Deutsche Starterinnen: Alina Reh (SSV Ulm 1846), Anna Gehring (ASV Köln), Natalie Tanner
(LG Eintracht Frankfurt)

Vor zwei Jahren gab es im 5000-Meter-Finale der Männer bei den Europameisterschaften in Amsterdam ein einmaliges Finish: Die ersten fünf Läufer trennten dabei nur neun Hundertstelsekunden und die drei Medaillengewinner waren mit 13:40,85 Minuten zeitgleich. Dabei gewann Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen) haarscharf hinter den Spaniern Ilias Fifa und Adel Mechaal die Bronzemedaille.

Auch in Berlin könnte es ein knappes Rennen geben. Während der Titelverteidiger Ilias Fifa fehlt und der Brite Mo Farah nicht mehr über diese Distanz startet, bewegen sich in der bisherigen Saison rund zehn europäische Athleten im Zeitbereich von etwa 13:20 Minuten. Der schnellste Europäer in diesem Jahr über 5000 Meter ist der Norweger Henrik Ingebrigtsen, der seine Bestzeit auf 13:16,97 steigerte. Auch seine beiden Brüder Filip und Jakob könnten für Norwegen über diese Distanz starten und eine Rolle spielen. Das Ingebrigtsen-Trio ist allerdings auch über 1500 Meter gemeldet.

Wie über 10.000 Meter stehen über die 5000-Meter-Distanz auch die Türken Polat Kemboi Arikan und Kaan Kigen Özbilen auf der Startliste. Es bleibt abzuwarten, wer letztlich wirklich einen Doppelstart versucht. Das gilt auch für Richard Ringer, der gegebenenfalls erst nach dem 10.000-Meter-Rennen entscheiden wird, ob er zusätzlich über 5000 Meter läuft.

Europameister 2016: Ilias Fifa (ESP)
Olympiasieger 2016: Mo Farah (GBR)
Weltmeister 2017: Muktar Edris (ETH)
Europäische Jahresbestzeit: 13:16,97 Henrik Ingebrigtsen (NOR)
Deutsche Starter: Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen), Marcel Fehr (SG Schorndorf), Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg)

Sifan Hassan wird sich bei der EM auf die 5000-Meter-Strecke konzentrieren und verzichtet auf einen Start über 1500 Meter. Das macht die aus Äthiopien stammende Holländerin sicherlich zu einer der ganz großen Favoritinnen auf den EM-Titel, den die aus Kenia stammende Türkin Yasemin Can verteidigen möchte. Die bisherige Saison gibt bei Can wenig Aufschluss über ihre derzeitige Form.

Bei Hassan sieht das anders aus. Sie steigerte sich vor wenigen Wochen über 5000 Meter auf die Europarekordzeit von 14:22,34 Minuten. Geschlagen wurde sie bei diesem Rennen in Rabat (Marokko) lediglich von der Olympiasiegerin Hellen Obiri (Kenia). Hassan ist mit ihrer Weltklasse-Bestzeit zurzeit die Nummer zwei in der Welt in diesem Jahr. In den Kampf um die Medaillen eingreifen könnten auch die Schottin Eilish McColgan (die Tochter der früheren Weltklasseläuferin Liz McColgan) und die Norwegerin Karoline Bjerkell Grovdal, wobei sie eher über 3000 Meter Hindernis an den Start gehen wird. Ein Doppelstart macht aufgrund des Zeitplanes keinen Sinn.

Je nach Rennverlauf und dem eigenen taktischen Verhalten könnte Konstanze Klosterhalfen für eine Überraschung sorgen. Sollte es ein lange Zeit eher verhaltenes Rennen an der Spitze geben, womit aber nicht unbedingt zu rechnen ist, könnte Klosterhalfen ihre starke Grundschnelligkeit ausspielen. Allerdings müsste sie dafür taktisch deutlich disziplinierter und besser eingestellt laufen als dies zuletzt bei der Hallen-WM und der WM der Fall war. Für die anderen beiden deutschen Starterinnen - voraussichtlich Denise Krebs und Hanna Klein - geht es um eine möglichst gute Platzierung in Berlin.

Hier liest du ein ausführliches Interview mit Konstanze Klosterhalfen.

Europameisterin 2016: Yasemin Can (TUR)
Olympiasiegerin 2016: Vivian Cheruiyot (KEN)
Weltmeisterin 2017: Hellen Obiri (KEN)
Europäische Jahresbestzeit: 14:22,34 Sifan Hassan (NED)
Deutsche Starterinnen: Denise Krebs (TSV Bayer 04 Leverkusen), Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen)

Gesa Krause ist die stärkste europäische Hindernisläuferin der letzten Jahre. Doch ausgerechnet vor der heimischen Europameisterschaft lief es zu Saisonbeginn nicht gut für die in Frankfurt lebende und für den Verein Silvesterlauf Trier startende WM-Dritte von 2015. Sie sagte weitere geplante Starts ab und ging in ein fünfwöchiges Höhentrainingslager nach Davos, um die Form zu verbessern. Mit einem Sieg bei den Deutschen Meisterschaften meldete sich Gesa Krause zwischenzeitlich im Wettkampfgeschehen zurück.

Mit ihrem im vergangenen Jahr aufgestellten deutschen Rekord von 9:11,85 Minuten ist Gesa Krause die schnellste Läuferin auf der EM-Startliste. Um gute Siegchancen zu haben, müsste sie wohl ein ähnliches Niveau erreichen. Zwar startet die schnellste europäische Hindernisläuferin des Jahres, Yekaterina Ivonina (Russland), nicht in Berlin, aber die Norwegerin Karoline Bjerkell Grovdal ist einmal mehr stark einzuschätzen - es wäre überraschend, sollte sie sich bei der EM für einen Start über 5000 Meter und gegen die Hindernisse entscheiden. Grovdal lief in dieser Saison bereits 9:18,36 Minuten. 2017 hatte sie sich auf 9:13,35 gesteigert.

Zu beachten sein wird im Kampf um die Medaillen sicherlich auch die EM-Zweite von 2016, Luiza Gega (Albanien). Eine gute Rolle spielen können auch Antje Möldner-Schmidt, die Europameisterin von 2014, und Elena Burkhard, die das Finale erreichen können. Ein großer Erfolg wäre dies auch für Jana Sussmann. Da Gesa Krause als Titelverteidigerin automatisch bei der EM starten darf, kann der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) in dieser Disziplin vier Athletinnen ins Rennen schicken.

Europameisterin 2016: Gesa Krause (GER)
Olympiasiegerin 2016: Ruth Jebet (BRN)
Weltmeisterin 2017: Emma Coburn (USA)
Europäische Jahresbestzeit: 9:16,68 Yekaterina Ivonina (RUS)
Deutsche Starterinnen: Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier e.V.), Elena Burkard (LG Farbtex Nordschwarzwald), Antje Möldner-Schmidt (LC Cottbus), Jana Sussmann (LT Haspa Marathon Hamburg)